Ministerpräsident Viktor Orbán am Nationalfeiertag des 23. Oktober vor seinen Anhängern. Foto: Facebook/ Viktor Orbán

Orbán im Kossuth-Radio

„Lieber an der Seite eines Elefanten“

In seinem üblichen Freitag-Interview für das Kossuth-Radio ging der Ministerpräsident auf die anstehenden Gipfeltreffen in Budapest ein.
28. Oktober 2024 9:10

„Der Kaiser ist nackt, das sagt nun nicht mehr nur ein Kind, sondern auch die ersten Erwachsenen.“ Mit diesen Worten umschrieb Viktor Orbán die kritische Lage der EU. Ungarn (das kleine Kind) habe schon länger gewarnt, doch nun hätten sich endlich auch die ersten Erwachsenen (Mario Draghi und Emmanuel Macron) zu Wort gemeldet mit der Forderung, die Schwierigkeiten der europäischen Wirtschaft zum Gesprächsthema zu machen. Orbán hofft darauf, dass Macron eine Schlüsselrolle einnehmen wird, um die EU im globalen Wettbewerb neu aufzustellen.

Gipfel hier wie da

Er verwies auf den Gipfel der BRICS-Staaten im russischen Kasan, den er als „Gipfel der östlichen Welt“ bezeichnete. Am 7. November komme es in Budapest zum „Gipfel der westlichen Welt“, einer Tagung der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG), an der mehr als vierzig Staats- und Regierungschefs teilnehmen werden, darunter der britische Premierminister und der türkische Präsident. Tags darauf biete Ungarns Hauptstadt ebenfalls im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft das Forum für ein informelles Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU-27.

Pikant werden diese Treffen, weil zwei Tage davor die US-Präsidentschaftswahlen über die Bühne gehen. Deren Ausgang könnte leicht eine neue Lage in der Weltpolitik bescheren. Ungarn wolle jedenfalls seinen eigenen Weg der wirtschaftlichen Neutralität gehen, merkte Orbán dazu an. Aber natürlich sei es leichter, „die Brücke an der Seite eines Elefanten zu passieren“, wenn in den USA das Friedenslager mit Präsident Trump an die Macht zurückkehrt.

Harte Handel in Hinterzimmern

Weiter blind mit dem Westen zu gehen, führe das Land geradewegs in den Abgrund, die offenkundigen Erfolgsrezepte des Ostens könne man aber auch nicht einfach kopieren. Die Lösung könnte in einer „kulturellen“ Adaption liegen. „Wir wollen also alles Gute vom Westen wie vom Osten übernehmen, und dürfen uns weder von Ost noch von West Dinge antun, die uns schaden.“ Der Erfolg dieser Politik der wirtschaftlichen Neutralität messe sich daran, dass sich allein Ungarn in der NATO aus dem Ukraine-Krieg heraushalten konnte und in der EU – gemeinsam mit Slowaken und Tschechen – weiterhin Öl und Gas aus Russland beziehen darf. Solche Dinge werden bei komplizierten Gesprächen in Hinterzimmern ausgehandelt. „Wir bewahren uns Spielraum, weil wir nicht wie die Kleingeister resignierend das Diktat der Großen hinnehmen“, erläuterte Orbán.

Weber: „So wie Tusk in Polen…“

„Die EVP führt der Deutsche Manfred Weber, die EU-Kommission führt die Deutsche Ursula von der Leyen. Sie haben im Europaparlament ihren Plan offengelegt, einen Ministerpräsidenten von ihren Gnaden in Budapest zu installieren“, sagte Orbán im Radio-Interview. In das Video wurde Manfred Webers Auftritt bei der EP-Debatte eingebettet, der an den Ministerpräsidenten gewandt erklärte: „So wie Tusk Kaczynski in Polen bezwungen hat, werden die Tisza-Partei und Péter Magyar Sie in Ungarn schlagen. Herr Orbán, Sie sind Geschichte, Péter Magyar ist die Zukunft.“

Deutlicher hätte Brüssel gar nicht offenbaren können, wie man sich in die inneren Angelegenheiten Ungarns einmischt, kommentierte der Ministerpräsident diese Szene.

7 Antworten auf “„Lieber an der Seite eines Elefanten“

  1. … “Aber natürlich sei es leichter, „die Brücke an der Seite eines Elefanten zu passieren“, wenn in den USA das Friedenslager mit Präsident Trump an die Macht zurückkehrt.”…

    Unfaßbar, der Elefant ist ein verurteilter Straftäter, der noch einige Prozesse vor sich hat, dem über 200 Psychologen und Ärzte der ganzen Welt Demenz bescheinigen und der mit immer mehr skurrilen Behauptungen und Verhalten in der Öffentlichkeit aufwartet.

    Hoffentlich kann die ganze Welt diesem illustren Elefanten entgehen.

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    1. Sie wollen natürlich die Macht der herrschenden Multis erhalten, sind ja deren eingeschworene Propagandistin, unterstützen deren Verbrechen, und diffamieren daher jeden, der einigermaßen aussichtsreich gegen diese angeht.

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  2. In der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft outet sich der ungar. Premier zum “enfant terrible”,
    jedoch im positiven Sinne.
    Der Besuch in Georgien und die noch zu erwartenden ungarischen Aktionen werden spannend die nächsten 14 Tage ausfüllen.
    `Werde dem ungarischen Premier die Daumen drücken für ein gutes und erfolgreiches Gelingen.
    Dem aufklärenden Leserbrief von Herrn Thomas Adelt ist voll und ganz zuzustimmen.

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