Gesundheitswesen
HRW übt scharfe Kritik
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Das ungarische Gesundheitswesen sei nicht auf die Corona-Epidemie vorbereitet gewesen, die anzutreffenden Mängel gefährden Menschenleben, schreibt die NGO „Human Rights Watch“ in einem aktuellen Ungarn-Bericht. Der Regierung wird darin vorgeworfen, das Gesundheitswesen seit langem zu vernachlässigen. Die HRW-Experten fanden außerordentlich schlechte Bedingungen in den Krankenhäusern vor, angefangen von fehlender Seife und Desinfektionsmitteln über die unzureichende Reinlichkeit bis zu mangelnder Hygiene für die Patienten. Dem Personal fehlte es an Schutzausrüstungen, und es gab kaum Ein-Bett-Zimmer für eine effiziente Isolierung von Corona-Infizierten. Auf die Ergebnisse mikrobiologischer Untersuchungen müsse lange gewartet werden, die Statistiken zu klinischen Infektionen seien unbefriedigend. „Die Menschen sollten nicht in Sorge sein, im Krankenhaus erst recht krank zu werden“, kommentierte Tom Porteous den Bericht und riet zu dringenden Reformen sowie Investitionen.
Der HRW-Bericht stützt sich auf zwei Dutzend Tiefeninterviews mit Corona-Opfern bzw. deren Angehörigen zwischen Mai undJuli – mehr als 1.000 Ungarn sollen sich bis Mitte Juli das Coronavirus in einer Klinik zugezogen haben, unter denen 260 verstarben. (Diese Zahlen entspringen einer Fehlinterpretation, die vom Sozialministerium längst korrigiert wurde: Demnach fallen laut WHO-Definition unter „nosokomiale Infektionen“ alle Patienten, die 48 Stunden nach Aufnahme Symptome zeigen – bei Covid-19 beträgt die Latenzzeit aber 3-4 Tage.) Dessen ungeachtet gab es laut offiziellen Statistiken allein 2018 über 15.000 Krankenhaus-Infektionen, von denen 541 tödlich endeten.