Parlament
Haushalt erneut im Kreuzfeuer der Debatte
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Naturgemäß plädierte Finanzminister Mihály Varga für den Entwurf. Ungarn bedürfe in Kriegszeiten eines Budgets, das die Sicherheit des Landes garantiere, Familien, Rentner und Arbeitsplätze schützt. Deswegen stehen niedrige Energiepreise und die Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit im Fokus des Haushalts für das kommende Jahr.
Finanzminister: Errungenschaften verteidigen
Der Krieg in der Ukraine werde immer brutaler, was für die Stabilität Ungarns von enormer Bedeutung sei. Deshalb sei es für alle wichtig, die Haushaltsplanung so früh wie möglich zu kennen und damit nicht bis zum Herbst zu warten. „In diesen Krisenzeiten besteht die Hauptaufgabe also darin, die bisherigen Errungenschaften zu verteidigen, weshalb wir eine disziplinierte Finanzpolitik fortsetzen werden“, sagte Varga weiter.
Der Entwurf rechnet mit einer Inflation im nächsten Jahr von voraussichtlich 6% und einem Wirtschaftswachstum von 4%. Varga kalkuliert mit einer auf 66,7% sinkenden Schuldenquote und einem Haushaltsdefizit von nur noch 2,9%. Sowohl der Schutz der niedrigen Energiekosten als auch der Verteidigungsfonds würden aus der Übergewinnsteuer finanziert. Gleichzeitig beginne 2024 der Rückbau der Sondersteuern.
Der Haushaltsentwurf 2024 rechnet immer noch mit eintreffenden EU-Geldern. Die Regierung hoffe, dass die offenen Fragen bald geklärt sein werden, schloss der Finanzminister sein Exposé.
Jobbik: Haarsträubender Entwurf
Dániel Z. Kárpát (Jobbik) bezeichnete einige Elemente des Haushaltsentwurfs als haarsträubend. Er kritisierte, dass der Haushalt auf zu bescheidenen Inflationszahlen beruhe und dass die Besteuerung von Ersparnissen gegen die Mittelschicht gerichtet sei. Dies sei ein unethischer Weg, die Menschen in Richtung Staatsanleihen zu lenken. Die Ausgaben für das Lohnwachstum seien überaus bescheiden, ganz anders sehe es beim „Import von Gastarbeitern“ aus. Daran sehe man, dass die Regierung nicht länger die Beschäftigung ungarischer Arbeitnehmer für besonders wichtig erachte. Der Entwurf sehe nicht einmal die Rückführung jener auf den Arbeitsmarkt vor, die Ungarn früher verließen.
DK: Versprechen nicht genug für die Bürger
Ferenc Gyurcsány sprach bei der Parlamentsdebatte von der Orbán- und nicht von einer Kriegsinflation, wie das von Regierungsvertretern oft dargestellt wird. In seiner Rede betonte der DK-Vorsitzende die unverhältnismäßige Belastung der Bürger, die höchste Mehrwertsteuer in Europa sowie die Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen. „Wir können dem Haushaltsentwurf nicht zustimmen, weil dies ein Haushalt des Nichtstuns ist. Das Versprechen, die Errungenschaften zu bewahren, ist nicht genug für die Mehrheit des Landes!“ Die Lage verschlechtere sich sowohl im Bildungs- als auch im Gesundheitswesen, während sich ein immer größerer Anteil des Vermögens in den Händen der Reichsten konzentriert. In den letzten zehn Jahren wurden immer weniger Einkommen aus Löhnen und immer mehr aus Kapital und Unternehmensgewinnen erzielt, so dass die Bürger etwa sechs- bis achtmal mehr an den öffentlichen Ausgaben beteiligt sind, als die Unternehmen.
Gyurcsány kritisierte zudem, das Parlament habe seinen Gesetzgebungscharakter verloren, da der Haushalt von der Regierung beliebig durch Dekrete umgeschrieben werden kann. „Wir machen hier kein Gesetz im klassischen Sinne, das der Regierung die Hände bindet. Wir geben nur eine Stellungnahme zu dem ab, was der Finanzminister oder der Ministerpräsident heute denkt, aber unsere Stellungnahme hat keinerlei Einfluss auf ihr Tun.“
Statusgesetz löst Probleme nicht
Das sog. Statusgesetz werde die Probleme im Bildungswesen nicht lösen, betonte Tamás Mellár (Párbeszéd). Er kritisierte, dass es keine sinnvolle Konsultation zu dem Gesetzentwurf gab, der die Autonomie von Bildungseinrichtungen, Lehrern und Eltern erheblich einschränke und die Qualität der Bildungsarbeit weiter verschlechtere. Seit 2022 ist ein Polizeigeneral der Bildungsminister. Innenminister Sándor Pintér ist „wie ein Mann, der überall Nägel sieht und mit dem Hammer zuschlägt“. Ministerpräsident Viktor Orbán zerstöre das Bildungswesen bewusst, da politisch leicht zu manipulierende Arbeitskräfte zu niedrigen Löhnen benötigt würden.
Was hat Brüssel mit Löhnen von Lehrern zu tun?
Ágnes Kunhalmi (MSZP) fragte: „Was hat Brüssel mit der Finanzierung von Lehrergehältern zu tun, wo diese doch in die nationale Zuständigkeit fällt?“ Es sei eine Schande, wenn eine Erhöhung nur mit EU-Geldern möglich sei, besonders von einer Regierung, die so stolz auf ihre Souveränität ist. Einige Lehrer arbeiten bereits in Rumänien, weil sie dort mehr verdienen. Kunhalmi fragte, ob es dort keine Auswirkungen des Kriegs gebe?
Endre Tóth (Momentum) bezeichnete das Statusgesetz als kaltblütigen Rachefeldzug. Er informierte, am Morgen erneut vor dem Karmeliterkloster die Absperrungen eingerissen zu haben. Tóth erinnerte daran, dass an diesen Absperrungen Schüler, die für ihre Zukunft demonstrierten, und ihre Lehrer mit Tränengas und Schlagstöcken geschlagen wurden. „Wir stehen an der Seite der Lehrer, die durch ein Rachegesetz eingeschüchtert werden. Sie verdienen Respekt, Berechenbarkeit und eine wettbewerbsfähige Bezahlung, kein Rachegesetz.“