DK
Gyurcsány steigt aus!
Ihr Mann habe die Konsequenz daraus gezogen, dass die Rechten sich laufend seines Namens bedienten und die Wurzeln allen Übels in seiner Amtszeit verorten. „Mit dem Fingerzeig auf die Gyurcsány-Ära versucht der Fidesz, von allen Problemen abzulenken.“ Damit sei nun endgültig Schluss.
„Harte Zeiten verlangen harte Entscheidungen.“
Ferenc Gyurcsány habe seine Entscheidung in diesem Geiste getroffen, die der Parteivorstand zur Kenntnis nahm. Dobrev kommentierte diese mit den Worten: „Harte Zeiten verlangen harte Entscheidungen.“ Die DK betrachte mit Sorge, dass Ungarn – wegen der erstarkenden Tisza-Partei von Péter Magyar – „endgültig zum Spielball einer populistischen Rechten“ wird. Die Menschen hätten grundlegend Angst vor Veränderungen, die Linken aber seien nicht aus diesem Holz geschnitzt: „Wir wandeln uns und leiten eine neue Epoche ein!“
Der neue Parteichef werde – einzigartig in diesem Land – von sämtlichen Mitgliedern gewählt. Csaba Molnár werde in der Übergangszeit „von wenigen Wochen“ die DK als Geschäftsführer leiten. Dobrev bewerbe sich ebenfalls um den DK-Vorsitz. Die Europaabgeordnete teilte des Weiteren mit, sich auch persönlich von Gyurcsány zu trennen.

Entscheidungen aus dem Schlafzimmer
Als erste Reaktion auf diese Ankündigungen sprach die Jobbik von „verzweifelten machttechnischen Tricks“. Für die Mitterechtspartei findet nicht mehr als eine Neuordnung des DK-„Schaufensters“ statt. „Es ist so was von sonnenklar, dass hier nicht mehr als ein Rollentausch geschieht. Das einzige Novum: Die Entscheidungen werden künftig nicht mehr im Schlafzimmer getroffen.“ Der Abtritt des in Ungarns Bevölkerung weitgehend verhassten Ministerpräsidenten der sozialistisch-liberalen Regierung von 2004-09 sei verspätet, „in wenigen Monaten ist die alte Linke Geschichte“.
Ein Abgesang
Ferenc Gyurcsány stieg in der sozialistischen MSZP zur Macht auf, die 2002 die erste Amtszeit der Orbán-Regierung im Bündnis mit dem liberalen SZDSZ beendete. Der farblos regierende Péter Medgyessy machte seinen strategischen Berater Gyurcsány zu seinem Sportminister und wurde kurz darauf von diesem geputscht. Die neue Regierung wurde 2006 mit knapper Mehrheit – und möglicherweise Wahlbetrug – im Amt bestätigt, musste aber schon bald einer schweren innenpolitischen Krise ins Auge sehen: In der sog. „Lügenrede von Őszöd“ hatte Gyurcsány hinter verschlossenen Türen eingeräumt, man habe die Wähler seit Jahren betrogen.
In der Weltwirtschaftskrise 2008/09 entging Ungarn dem Staatsbankrott nur durch ein teures Finanzpaket von EU und IWF. Tatsächlich schlitterte das Land schutzlos in diese große Krise, nachdem der Aufschwung schon 2006 ein Ende fand. Gyurcsány übergab an eine Expertenregierung, die jedoch die Rückkehr der Orbán-Regierung und die erste Zweidrittelmehrheit für Fidesz-KDNP im Jahre 2010 nicht verhindern konnte. Gyurcsány aber gründete die DK, ein Kürzel für „Demokratische Koalition“, und trat an, die Schwesterpartei MSZP zu zersetzen, um den eigenen Führungsanspruch im linken Lager durchzudrücken.
“Wir haben keine große Wahl. Weil wir es verfickt haben. Nicht ein bisschen, sondern sehr. Sowas Beklopptes, was wir getan haben, hat sich in Europa noch kein einziges Land erlaubt. Man kann es erklären. Es ist offensichtlich, dass wir in den letzten anderthalb bis zwei Jahren durchweg gelogen haben. Es war uns klar, dass das, was wir sagen, nicht wahr ist. Wir sind so weit über die Möglichkeiten des Landes hinausgegangen, wie wir uns das vorher nicht vorstellen konnten, dass die gemeinsame Regierung der Ungarischen Sozialistischen Partei und der Liberalen dies jemals tun würde. Ansonsten haben wir vier Jahre lang nichts gemacht. Nichts….” Ferenc Gyurcsány, Balatonöszöd, 2006