Regierung / Kanzleramtsminister Gyulyás
Schutz der Familien steht über allem
Er gab Einblicke in das EU-Rechtsstaatsverfahren und erläuterte den Standpunkt der Regierung zu Preisstopp und Energieembargo.
Zu Jahresbeginn wurden die Renten um 5% erhöht, stellte er vornean. Nunmehr geht die Notenbank bei großen Unsicherheiten von 8,9% Jahresinflation aus. Deshalb erhalten die Rentner zum 1. Juli 3,9% zusätzlich, die rückwirkend ausgezahlt werden. Laut Gesetz müssten die Rentenbezüge im Falle einer im Vergleich zur Prognose höheren Inflation zum 1. November angepasst werden. Aktuell zeichne sich jedoch eine dermaßen deutlich überhöhte Inflation ab, dass die Regierung im Interesse der älteren Menschen schneller handelt, erläuterte Gulyás.
Politisch betrachtet ist alles möglich
Am Mittwoch leitete die EU-Kommission auch offiziell das Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn ein. Gulyás erklärte hierzu, man habe den Brief der Kommission studiert und sehe ausgehend von diesem Papier keine Rechtfertigung, die Unterschrift unter die Vereinbarung über den Wiederaufbaufonds zurückzuhalten. „Wir haben in allen Punkten gemeinsame Lösungen gefunden, auch dort, wo wir die Kritik nicht als berechtigt ansehen konnten. Es gibt keinen einzigen Punkt, in dem die Ansichten nicht übereinstimmen oder nicht zumindest eine Lösung besteht, die sowohl von der Orbán-Regierung als auch der Kommission akzeptiert werden kann“, stellte der Kanzleramtsminister klar. Es gebe kein Szenario, wonach der Fluss der EU-Transfers versiegen könnte. „Wir sind EU-Mitglied und haben unsere Verbündeten in der Gemeinschaft. Wir denken nicht von der Kommission, dass sie sich nicht an ihre eigenen Regeln hält.“
Zu den vermuteten Brüsseler Kritikpunkten räumte er ein, in der öffentlichen Auftragsvergabe müsste die Zahl von Ausschreibungen gesenkt werden, bei denen ein einziger Bieter auftritt. Als Beispiele aus dem Brief der Kommission nannte der Minister ein Projekt im Hochwasserschutz sowie ein Kanalisationsprojekt in Ózd. Des Weiteren sprach er von einer in der Zwischenzeit erzielten Lösung hinsichtlich der umstrittenen Entsendung von Richtern. (Darauf reagierte die Kurie am Nachmittag mit heftiger Kritik an der EU-Kommission, weil das Thema weder mit der Rechtsstaatlichkeit zu tun habe, noch irgendwelche Relevanz besitze. Die von sog. „unabhängigen“ Organisationen ins Spiel gebrachte, kritikwürdige Praxis habe ihren Ursprung einzig und allein in der Corona-Pandemie und werde bis zum Sommer eingestellt.)
Ungarn habe hinsichtlich sämtlicher in dem Brief formulierten Fragen die bestehenden Hindernisse noch während der Verhandlungen zum Wiederaufbaufonds ausgeräumt, bekräftigte Gulyás, dass Budapest zur Unterzeichnung der Vereinbarung bereit sei. Auf rein rechtlicher Grundlage könnte Ungarn im Rechtsstaatsverfahren kein Geld verlieren, politisch sei freilich alles möglich.
Inflation um fünf Punkte gedrückt
Zur Preisstopp-Thematik räumte Gulyás ein, jede gegen die Marktmechanismen gerichtete Maßnahme habe ihren Preis. „Wir halten am Preisstopp deshalb fest, weil wir mehr Vorteile in Bezug auf die Inflation und allgemein für die Wirtschaft sehen.“ So würde die Inflation heute real mehr als fünf Prozentpunkte höher ausfallen. Einigermaßen widersprüchlich verwies er bei der Problematik, wonach zahlreiche freie Tankstellen unmittelbar vor dem Aus stehen, auf eine Kompensation von 20 Forint pro Liter, die man diesen kleinen Pächtern gewähre, meinte aber zugleich, eine differenzierte Kompensation sei nicht ausführbar. Er räumte ein, dass die Pächter der Tankstellen Verluste ertragen müssen: „Wir haben alles getan, um die Verluste der kleinen Tankstellen zu mindern.“ Im Einzelhandel würden die multinationalen Ketten die Hauptlast tragen – mit diesem Argument blockt die Regierung Kompensationen für die Branche ab.
Auch die Bemerkung des Vorstandsvorsitzenden der OTP Bank, Sándor Csányi, die Politik der gesenkten Energiekosten sei nicht gut, hatte der Minister auf der Pressekonferenz zu kommentieren. „Die große Mehrheit der Bürger hält diese Politik für gut. Manche haben Vermögen, da spielt das keine Rolle“, aber die Mehrheit der Ungarn könne sich diesen Luxus nicht leisten. Die Energieträger kosten heute 3-5-mal so viel und der Staatshaushalt müsse im Gleichgewicht gehalten werden. Eine Entscheidung zur Zukunft der amtlich fixierten Energiepreise werde es bis zur Jahresmitte geben, wobei Gulyás vorausschickte: „Wir arbeiten daran, dass die Familien nicht mehr als bisher bezahlen müssen.“ Gleichzeitig merkte er den Wettbewerbsvorteil der KMU wegen der vergünstigten Energie an.
Gulyás bekräftigte den Standpunkt der Orbán-Regierung, wonach sich die Maßnahmen gegen die Inflation bewährt hätten, weshalb man bemüht sei, daran festzuhalten. Wie lange die Preisstopp-Maßnahmen gehalten werden müssen, könne heute niemand sagen, da sich die Lage sehr rasant wandelt. Das hänge vom Ukraine-Krieg, dem globalen Umfeld und den Sanktionen gegen Russland ab.
Russisches Erdgas ist alternativlos
Gasprom wird den langfristigen Gasliefervertrag mit Ungarn nicht aufkündigen, da Ungarn den Vertrag erfüllt, erläuterte Gulyás den ungarischen Standpunkt zu dem in Europa derzeit heiß diskutierten Thema. Die Regierung bemühe sich, das Land auf jedes mögliche Szenario vorzubereiten. Russisches Erdöl und Erdgas lassen sich nicht von heute auf morgen ablösen, „wenn wir die Wohnungen beheizen wollen, wenn wir wollen, dass die Autos rollen und die Wirtschaft läuft“. Sich vom russischen Erdöl unabhängig zu machen sei „furchtbar schwer“ und werde teuer. „Wer aber behauptet, wir könnten uns vom russischen Erdgas unabhängig machen, dem sollte man mit Skepsis begegnen.“ Die Lage ließe sich ganz einfach lösen, wenn man plötzlich auf gewaltige Lagerstätten stoßen sollte, umriss der Minister, warum die Befreiung von der russischen Abhängigkeit alles andere als einfach ist. „Wir wären die Glücklichsten, wenn wir aus anderen Quellen Öl und Gas so günstig wie von Russland kaufen könnten, aber diese Quellen gibt es nicht.“ Ungarn kann Erdgas über sechs seiner sieben Nachbarn beziehen, nur fehlen die alternativen Kapazitäten oder beträgt der Preis ein Mehrfaches.
Zu den angekündigten Massenentlassungen bei Tungsram versprach der Minister Hilfe für die Betroffenen bei der Vermittlung alternativer Arbeitsplätze und verwies auf laufende Investitionsprojekte in den jeweiligen Regionen.
Was das Rechtsstaatsverfahren betrifft, liegt es ja nun an der ungarischen Regierung innerhalb von 2 Monaten zu antworten. Sollte die Antwort – wie Gulyás sagt – alle kritischen Punkte beseitigen, dann wird die EU-Kommission das Verfahren einstellen – wenn.
Der Vorstandsvorsitzende von Mol sagte auch, dass eine Preisregulierung durch die Behörden keine Lösung ist und auslaufen muss, da die hohen Energiepreise auch im Jahr 2022 bestehen bleiben werden.
Da muss die Regierung andere Maßnahmen treffen, die nicht auf den Schultern der kleinen und großen Unternehmen lassten.
Vom günstigen Gas, Öl und Uran aus Russland wird auch Ungarn langfristig verzichten müssen, wenn die Abhängigkeit von Moskau reduziert werden soll. Wer die nationale Souveränität bewahren will, darf das Land nicht an den russischen Tropf hängen.
Ich empfehle mal dieses Interview mit Werner Patzelt. (Politologe/Dirigent/Cellist)
Patzelt ist mittlerweile auch in Budapest zuhause.
Zum Thema “illiberaler Staat” und Rechtsstaat in Ungarn hat er genau den Durchblick und beruft sich auf Fakten, anders als die illiberale deutsche Politik mit seiner Cancel-Kultur, seinen 99% Links- Medien und zahlreichen Absurditäten des deutschen Rechtssystems. (weisungsgebundene Staatsanwälte, Richter werden von Politikern ernannt etc.)
https://ungarnheute.hu/news/von-der-leyen-spd-und-der-bundeskanzler-hegen-die-vorstellung-dass-orban-sein-land-von-einer-bluehenden-demokratie-zu-einem-autokratischen-staat-umformte-95291/?fbclid=IwAR0HhvFVZuncBchQv44chkjN36GXczueD-thmVTttqvyZz_el_BWNgVWp20
Ich empfehle mal die Berichte der EU-Kommission zur Rechtsstaatlichkeit in Ungarn der letzten 10 Jahre.
Hier werden ganz konkret die Problemfelder genannt.
Der Rechtsstaatsmechanismus wurde schließlich geschaffen, da das Artikel 7-Verfahren durch das Veto-Recht von Polen und Ungarn ausgehebelt wurde.
Es gibt zudem auch EuGH-Urteil zu der Thematik.
Bedenkt man die EU-Mittel, die Ungarn in der vergangenen 12 Jahren erhalten hatte, könnte das Land schon sehr viel weiter sein.
Was die Produktivität betrifft, wurde Ungarn z.B. von Tschechien und der Slowakai abgehängt – so der Vertreter der ungarischen Industrie. Und dies ist eben eine Folge der Korruption.
Der aktuelle OLAF:
Unter „Anzahl der aufgedeckten betrügerischen und nicht betrügerischen Unregelmäßigkeiten“ steht Ungarn mit 121 Fällen relativ bescheiden da, Belgien/ 1.055, Frankreich/ 1.208, Deutschland/ 7. 434, Niederlande/ 2.298, Spanien/ 1.286 und sogar Schweden steht auf der OLAF-Liste 670 Fällen, schlechter da, als Ungarn.
Die Tabelle 6 zeigt (S.41.) „Von Mitgliedstaaten und vom OLAF aufgedeckte Unregelmäßigkeiten und ihre finanziellen Auswirkungen in den Bereichen europäische Struktur- und Investitionsfonds sowie Landwirtschaft, 2015-2019“. Ungarn steht hier mit 2. 697 Fällen, Tschechien/ 2.159, Italien/ 4.415, Portugal/2.773, Rumänien/ 4.968, Polen/ 5.017, Spanien/ 11. 029
Es lohnt sich das mal genauer zu studieren. Kann sich jeder runterladen.
OLAF:
Seite 43: „Tabelle 7: Von nationalen Justizbehörden getroffene Maßnahmen aufgrund von OLAF-Empfehlungen, die zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Dezember 2019 abgegeben wurden“
Hier hat z.B. Österreich eine Aufklärungsquote von 25 %, Belgien 33 %, Deutschland 11 % !!, Ungarn 47%.
“Mangelhafte unabhängige Kontrollmechanismen und enge Verbindungen zwischen
Politik und bestimmten nationalen Unternehmen wirken korruptionsfördernd. Werden
schwerwiegende Vorwürfe erhoben, fehlt systematisch entschiedenes Handeln zur
Untersuchung und Strafverfolgung von Korruptionsfällen, in die hochrangige Beamte oder
ihr direktes Umfeld verwickelt sind. ”
Bericht über die Rechtsstaatlichkeit 2020
Länderkapitel zur Lage der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn
Eben ganz so, wie man es noch aus Zeiten der Warschauer Paktes kennt:
Wer Teil des Netzwerkes ist, dem geht es “gut”. 😉
Ich empfehle ihnen Besuche in SPD-geführten Gemeinden in Bayern!
Und was soll ich dort dann feststellen?
Im Land der Christlich-Konservativen.
Der kalte Kaffee steht seit 2020 und ist mehrfach aufgebrüht.
Lesen Sie lieber den aktuellen OLAF,
Ich lese lieber die Stellungname der übergeordenten Behörde: Der EU-Kommission.
Aber auch OLAF kommt zu solch einer Feststellung:
“Die Betrugsrate liegt in Ungarn laut OLAF zehn Mal höher als in anderen EU-Ländern.”
https://www.deutschlandfunk.de/europaeische-anti-betrugsbehoerde-olaf-nicht-mehr-als-ein-100.html
Diese Preissenkung ist doch nur ideologisch. Die Enrgie kostet MVM momentan 5-6 mal mehr als der Verkaufspreis. Das wird doch auch bezahlt, dann halt über Steuern. Auch mit der Mär vom billigeren Gas als der Rest der EU sollte mal aufgeräumt werden.
Bei den Gleder möchte mal halt wissen wo die hinfliessen. Der Gas- und Wasser Installateur und die Famielie Orbans haben den Steuerzahler jetzt schon genug gekosttet. Einfach mal transparent nach dem Recht die Gelder verteilen, und schon würden die auch ihren Zwech erfüllen. Aber wenn man Fussballstadien in der Provinz baut (die dann keiner mehr unterhalten kann, und wieder auf
den Staat zurückfallen) , ist das nicht unbedingt der Zweck für den die Gelder bestimmt sind.