Der entstehende neue Campus der Corvinus-Universität: Wird die Elite-Uni von EU-Programmen abgeschnitten? Fotos: Sozialmedien/ Market Építő Zrt.

Hochschulwesen

Ende der Austauschprogramme?

Die EU-Kommission hat angewiesen, dass keine Erasmus- und Horizont-Gelder mehr an ungarische Hochschulen fließen, die den Modellwechsel vollzogen.
10. Januar 2023 12:18

Wie die linke Tageszeitung „Népszava“ schreibt, blockiert Brüssel die betreffenden Gelder für sämtliche Bewerbungen seit dem 15. Dezember 2022. Betroffen sind Erasmus+, ein Austauschprogramm für Studenten und Lehrkräfte, sowie das Forschungsprogramm Horizont. Dem von der Orbán-Regierung forcierten Modellwechsel schlossen sich in der Zwischenzeit nahezu zwei Dutzend Hochschuleinrichtungen des Landes an. In den Kuratorien der Trägerstiftungen sitzen neben ausgewiesenen Experten Fidesz-Politiker und der Regierungspartei nahestehende Geschäftsleute.

Blockade wegen Korruptionsgefahr

Im Zusammenhang mit dem gegen Ungarn laufenden Rechtsstaatsverfahren froren die EU-Finanzminister mit ihren Beschlüssen von Mitte Dezember 2022 nicht nur ein knappes Drittel der Gelder aus den Kohäsionsfonds für 2021-27 ein. Sie gaben darüber hinaus die Weisung aus, keine neuen Vereinbarungen mehr mit jenen ungarischen Hochschulen abzuschließen, die der Staat auf der Grundlage eines Gesetzes von 2021 an Trägerstiftungen übergab. Diese Blockade geschehe ausdrücklich wegen der Korruptionsgefahren.

Nach Angaben der EU-Kommission hätten sich allein 2020 mehr als 22.500 Ungarn an Programmen im Rahmen von Erasmus+ beteiligt, wofür die EU 40,5 Mio. Euro zuschoss. Wie die „Népszava“ schreibt, habe allein die Budapester Corvinus-Universität im Rahmen von „Horizont 2020“ für ein Dutzend Projekte 3,6 Mio. Euro erhalten. Im Dezember gewann die Vorzeige-Uni ein Projekt erstmals als Konsortialführer, das allein ein Budget von 4 Mio. Euro erreicht.

Politiker raus aus Kuratorien!

Vier Oppositionsparteien fordern nun, dass Politiker nicht in den Kuratorien der Trägerstiftungen der Universitäten Platz nehmen dürfen. Die DK will dazu einen Gesetzentwurf im Parlament einbringen. Sie erinnerte auf einer Pressekonferenz am Montag daran, dass die EU-Kommission reklamierte, die Orbán-Regierung gebe die staatlichen Hochschulen in die Hände politisch gelenkter Kuratorien.

Die Jobbik bittet die Regierung um eine Kurskorrektur, damit nicht Studenten und Dozenten unter einem Fehler der Politik leiden müssen. Insbesondere die großen Universitäten (wie in Szeged und Pécs) müssten schnellstmöglich zurück in staatliches Eigentum überführt werden. Die Momentum wendet sich an die EU-Kommission mit der Bitte, nicht Studenten wegen des korrupten Orbán-Systems aus dem Erasmus-Programm auszuschließen. Die LMP erinnerte daran, dass der Fidesz Konsultationen zum Umbau des Hochschulwesens „bestenfalls mit sich selbst“ führte. Dabei sei die Modernisierung der Universitäten eine Angelegenheit von nationalem Rang.

Ministerium: Programme für 2023 gesichert

Am Montagabend stellte das Kulturministerium klar, die Austauschprogramme Erasmus+ für 2023 werden reibungslos durchgeführt. Die Entscheidung der EU-Kommission vom Dezember gebe eine Frist bis Mitte März vor, um weitere Fördergelder für Hochschulen in der Zukunft abzustimmen. Gleichzeitig betonte das Fachressort, Ungarn weise jede Diskriminierung der Universitäten mit Hinweis auf die Trägerschaft zurück.

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