Ein Oppositionspolitiker auf der Suche nach den EU-Geldern. Foto: Sozialmedien/ Ákos Hadházy

EU-Gelder

Durch Inflation verpufft

Der fraktionslose Parlamentsabgeordnete Ákos Hadházy deckt im Wochentakt Projekte auf, bei denen sehr wahrscheinlich EU-Gelder verschwendet werden.

In Bátonyterenye (Komitat Nógrád) sollte für 400 Mio. Forint (zu heutigen Preisen 1 Mio. Euro) ein Inkubatorhaus entstehen. Eigentlich sollte das Projekt im Sommer 2021 bereits abgeschlossen sein; als der Oppositionspolitiker sich nach den Gründen für die Verzögerungen erkundigte, verwies der für die Region zuständige Fidesz-Abgeordnete Zsolt Becsó schon damals auf prall gefüllte Auftragsbücher beim Generalunternehmer sowie auf steigende Preise. Bei einer zweiten Besichtigung dieser Tage war kein Baufortschritt, aber umso mehr Verfall zu erkennen. Das aktuell hochgeladene Foto zeigt Hadházy Mitte März 2023 am Ort des Geschehens – bislang sollen hier 200 Mio. Forint „geflossen“ sein.

Abläufe von Hand gesteuert

Hadházy sieht den Hauptgrund für jede Verzögerung bei ähnlichen Projekten darin, dass die örtlichen Fidesz-Potentaten alle Abläufe „von Hand steuern wollen“. Dazu gehöre, dass als ausgewählte Baufirma nur der „Freundeskreis“ in Frage kommen kann, der so durch die vielen parallel eingehenden Aufträge in der Tat überlastet ist. Wenn die vorveranschlagten Kosten (inklusive Schmiergeldern) von der Inflation aufgefressen sind, kommen solche Projekte zum Stillstand, wie Hadházy immer häufiger bei seinen Fahrten durch das Land feststellen muss. Im besagten Fall hatte der Fidesz-Abgeordnete Becsó 2017 noch von einem „Weihnachtsgeschenk“ für Bátonyterenye gesprochen.

Ákos Hadházy begibt sich seit Jahren wie kein anderer (auch keine Partei im Oppositionslager) unbeirrt auf die Suche nach Geldern, die im Sumpf der Korruption verschwinden. In den Sozialmedien bringt er quasi im Wochentakt Beispiele, die man – wie er selbst schreibt – nicht glauben würde, wenn man das Ergebnis nicht selbst sieht.

12 Antworten auf “Durch Inflation verpufft

  1. Was dieser Oppositionspolitiker macht ist sehr wertvoll. Grad in letzter Zeit habe ich mich darüber geärgert, warum gestandene Firmen keine ordentliche Rechnung ausstellen, sondern am liebsten einfach nur eine Abbuchung vornehmen, ohne dass (für mich jedenfalls) die Firmen-IBAN erkennbar ist oder dass bar bezahlt werden soll. Woher soll denn Orban das Geld für Ungarn hernehmen, wenn keine Steuern bezahlt werden ? Kleine Nebenjobs wie Haare-Schneiden, oder Übersetzungen, oder Hilfe beim kaputten Auto mag ok sein, aber bei größeren Beträgen muss doch eine ordentliche Rechnung her. Sogar ich als Einwanderin habe inzwischen eine ungarische Steuerkarte, aber manche Firmen wissen anscheinend nicht was das ist.

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    1. Ihre Erfahrungen sind in der sog. “Nachbarschaftshilfe” ganz natürlich, aber bei Firmen, von denen Sie professionelle Aufträge ausführen lassen, ist es ein Unding, keine Rechnung zu erhalten. Damit besitzen Sie ja auch keinerlei Garantieansprüche. Leider sind gewisse Branchen in diesem Land bis zum heutigen Tag “versumpft”. Dieses Unwesen profitiert von weitgehend niedrigen Einkommen, die den Leuten als Auftraggeber nicht erlauben, eine korrekte Rechnung zu fordern, weil da noch die 27% Umsatzsteuer anfallen.

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      1. So ist Herr Ackermann. Wenn ich es bedenke bekomme ich nur bei LIDL freiwillig einen Kassenzettel/Rechnung.
        Ansonsten muss man danach fragen.
        Bei so hohen Steuern ist verständlich, dass diese gerne vermieden werden. Und weil diese vermieden werden und kein Geld an den Staat fließt (der ja die Infrastruktur besorgen soll) sind sie hoch.
        Da beisst sich die berühmte Katze in den Schwanz.
        Man könnte die Steuern branchenweise absenken, damit der Staat nicht leer ausgeht und die Bürger sich daran gewöhnen, eine komplette Rechnung zu bezahlen.

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          1. Ja, einer muss den ersten Schritt machen und auf Geld verzichten.
            Ich denke bei den Beschreibungen von großen Neu-Investitionen, dass die künftigen Arbeitnehmer einen guten Arbeitsplatz bekommen und dann die steuerbelasteten Rechnungen bezahlen können.
            Das ist ein Prozess, der seine Zeit braucht. Jeder Schritt muss gut bedacht sein, weil das Eis dünn ist.

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  2. Leider ist es eine bittere Wahrheit: Wer sucht, der wird auch fündig.

    Es ist allzu oft derart offensichtlich, wie EU- und Steuergelder in korrupten Taschen verschwinden.
    Wenn Aussichtstürme von der EU subventioniert werden, dann schießen sie plötzlich überall aus dem Boden – selbst an einem Waldrand mit Blick auf Felder, wo sie dann einsam verfallen. 😉

    Wo sind denn die ungarischen Journalisten, die solche Fälle aufdecken?
    Da muss also ein Parlamentsabgeordnete durch das Land reisen, um deren Job zu erledigen. Das sagt viel über die Medienlandschaft in Ungarn aus.

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    1. In manchen Fällen wird anscheinend nicht durchkalkuliert, bzw. steigen durch die Inflation die Materialkosten nun in unerwartete Höhe. Das kann man noch verstehen, aber vergammeln sollten halbfertige Projekte nicht. Hier sollten Hilfsangebote von der Regierung gemacht werden, und zwar nicht nur finanzieller Art.
      Ich muss allerdings erwähnen dass zum Beispiel halbfertige Straßen auch in Griechenland zu finden sind. Die EU-Mittel wurden ausgeschöpft und dann ging es nicht mehr weiter.
      Es ist wohl nicht unbedingt böser Wille. Da wird nicht bis zu Ende gedacht.
      Vor Beginn der Arbeiten müssen die Gesamtkosten erfasst werden. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, bei der man sich als privater Bürger wundert, dass so etwas von der öffentlichen Hand nicht bedacht wird.

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      1. Es ist durchaus böser Wille, denn Korruption zielt auf eine egoistische Bereichung zu Lasten der Allgemeinheit ab.
        Griechenland war früher noch weit stärker von Korruption als heute geplagt, aber auch heute ist es sie noch ein großes Problem.

        Wenn Steuer- und EU-Mittel für Türme ausgegeben werden, deren Bauaufträge zu überteuerten Preisen von korrupten Staatsbediensten an korrupte Unternehmen vergeben wurden, dann ist dies ein Diebstahl an der Allgemeinheit. Durch einen Turm der am Stadtrand verfällt, werden dann die Villen der korrupten Beteiligten finanziert, aber eben z.B. nicht die dringend notwendige Renovierung von Schulen.

        Eine Regierung, die nicht alles erdenkliche dafür tut, dass das Volk nicht derart bestohlen wird, macht sich mitschuldig.
        Und die Orban-Regierung muss von der EU regelrecht gezwungen werden, Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zu ergreifen.

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    2. Wissen Sie von Népszava? Wollen sie behaupten, die sei auf Fidesz-Linie? Aber in Deutschland wird Oppositionelles unterdrückt, zu Ihrer Freude, und kann höchstens noch im Bahnhofsbuchhandel erscheinen. Und alles, was Sie hier vorwerfen, paßt auf Deutschland und auf Brüssel viel krasser, aber da ist es für Sie in Ordnung.

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      1. In diesem Artikel wird genau Nichts unterdrückt. Die Frage ist wie man das offensichtliche Problem lösen könnte.
        Jeder Vorschlag dürfte willkommen sein, denn der Staat muss ‘Viel’ aus ‘Wenig’ machen.
        Sollte allerdings irgend jemand auf die Idee kommen Ungarn viel Geld vorzulegen, dann wird er mit Sicherheit gute Zinsen einfahren.
        Intuitiv würde ich sagen, dass Ungarn die “Schweiz der Ostblocks” sein wird.
        Schon jetzt wird Ungarn vorgezogen anstelle von Rumänien, Slowenien, Bulgarien und Kroatien usw. Es ist ein Land im Aufbruch.

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        1. Dem ist aber nun einmal nicht so.
          Beim Kredit-Ranking ist Ungarn nicht besser eingestuft und die Aussichten zudem auf negativ gesenkt worden.

          Die Zinsen, die Ungarn bietet, müssen zudem hoch sein, da der Forint sich nicht sehr stabil gezeigt hat.

          Es ist also für den ungarischen Staat sehr teuer, sich Geld zu leihen.

          Kroatien hat seit Anfang des Jahres nun den Euro.
          Aktuell würde Ungarn die Voraussetzungen für die Euro-Einführung nicht erfüllen.
          Kroatien war später als Ungarn der EU beigetreten, ist nun aber schon weiter als Ungarn.

          Die enorme Inflation in Ungarn ist eben auch eine Folge der Forint-Schwäche, die die Orban-Regierung zu verantworten hat.

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          1. Kroatien ist bei den Touristen beliebt, weil es klares Wasser hat und am Meer liegt. Davon schwärmen viele Urlauber.
            Das bringt dem Staat regelmäßige Einnahmen. Während Ungarn eher von großen Unternehmen gefragt ist, die in Europa investieren wollen.

            Was den Forint anbelangt wird er nun wohl eine Weile seitwärts laufen. Am Jahresanfang hat er sich wirklich stark gezeigt und das bei der schwierigen Wirtschaftslage (hohe Energiepreise).

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