Filmindustrie
Die Ungarn wollen die ganz große Bühne
„Der Film ist Kultur und Industrie zugleich”, meinte Orbán, der fest davon überzeugt ist, dass den Ungarn das Filmemachen in die Wiege gelegt ist. Nicht von ungefähr waren sie bei der Produktion der ersten Stummfilme ebenso mit dabei wie bei der Geburt von Hollywood. Das Land brachte von Anbeginn Filmschaffende von Weltruhm hervor, in den Zeiten des Kommunismus diente der Film dazu, „das Unerträgliche zu ertragen und die Wahrheiten auszusprechen“. So hatten die Filme ihren Anteil am Sturz der Diktatur.
Nach der Wende stürzte die Branche jedoch in eine Krise. Wegen einer verfehlten Filmpolitik entgingen ihr nach Ansicht des Ministerpräsidenten Einnahmen in Höhe von 200 Mio. Dollar. Die Pflege der Infrastruktur wurde vernachlässigt, ausländische Filmemacher wählten an Stelle von Budapest andere Städte als Drehorte.


…was einen guten Film ausmacht
Die Wende leitete Andy Vajna ein, der wusste, was einen guten modernen Film ausmacht und von Orbán zum Regierungsbeauftragten bestellt wurde. Vajna, der 2019 viel zu früh verstarb, schuf die Strukturen rund um das Nationale Filminstitut (NFI), um den Rahmen für die Erneuerung des ungarischen Films zu setzen. Seither geben ausländische Produktionen (Korda, Origo, Stern) jährlich mehr als 100 Mrd. Forint für Dienstleistungen der ungarischen Filmindustrie aus, selbst im Jahr des Coronavirus waren es 220 Mrd. Forint, zuletzt sogar 250 Mrd. Forint.
Fót kommt gleich nach London
Heute sichert die Branche 20.000 Menschen die Existenz, so vielen wie Fót Einwohner hat. Der kleine Vorort im Norden von Budapest ist zum zweitgrößten Zentrum der europäischen Filmindustrie gleich nach London aufgestiegen, doch der Ministerpräsident will hier nicht stehen bleiben. Diesem Ziel diene das nun übergebene Projekt, das mit einem Finanzrahmen von 42 Mrd. Forint (gut 100 Mio. Euro) die größte staatlich finanzierte Studioentwicklung aller Zeiten darstellt. „Wir Ungarn geben uns mit Mittelmaß nicht zufrieden und nicht mit den hinteren Rängen, wir wollen auf die ganz große Bühne“, rechtfertigte Orbán dieses einmalige Engagement.
