Auszug aus der Vermögenserklärung des Ministerpräsidenten. Foto: OGY/ Parlamentsdokumente

Vermögenserklärungen

Der Offenbarungseid der Politik?

Alljährlich am 31. Januar müssen die Landespolitiker ihre Vermögensverhältnisse aufdecken. Man kann diese Erklärungen ernst nehmen, man kann es aber auch bleiben lassen.
3. Februar 2025 10:25

Der Ministerpräsident füllte von den 16 Seiten des Formulars die wenigsten aus, weil er keine ellenlangen Auflistungen von Immobilienbesitz erstellen muss. Viktor Orbán gehören das gemeinsame Haus der Familie in Budapest zur Hälfte und das Wohnhaus an seinem Herkunftsort in Felcsút. Er besitzt laut Erklärung keinen eigenen Pkw, keine Wertpapiere und gerade mal 5,7 Mio. Forint (rund 14.000 Euro) an Erspartem, wobei er sich dieses Bankkonto auch noch mit seiner Frau teilt. Dabei bezieht er als Ministerpräsident und Parlamentsabgeordneter brutto 6,5 Mio. Forint (demnächst sogar mehr als 7 Mio. Forint im Monat), die Leistungen als Parteichef erbringt Orbán derweil kostenlos. Mehrwöchige Ferien mit der ganzen Familie in Indien gingen offenbar ans Ersparte… Wenigstens gelang es den Eheleuten gemeinsam, das eingangs des Jahrtausends aufgenommene Hypothekendarlehen zurückzuzahlen.

Die betuchten Minister

Staatspräsident Tamás Sulyok ist Teilhaber an einem halben Dutzend Immobilien und hält umgerechnet 175.000 Euro in verschiedenen Anleiheformen und in der freiwilligen Altersvorsorge. Die meiste Arbeit machte sich mal wieder der Bau- und Verkehrsminister János Lázár, der seiner Erklärung Sonderseiten anheften musste, um vier Dutzend Immobilien aufführen zu können. Der Minister jongliert nicht nur mit Liegenschaften wie Ackerland, er gibt auch bereitwillig Schulden von umgerechnet mehr als 500.000 Euro bei Banken und Privatpersonen an, während er gleichzeitig Wertpapiere hält und Geld auf Bankkonten sowie in bar verwaltet, mit denen sich die Schulden mehr als ausradieren ließen. Auch bei Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky sprengen die Immobilien den vorgegebenen Rahmen, obendrein ist er an einem halben Dutzend Wirtschaftsgesellschaften beteiligt, die ihn zumindest in Forint gerechnet zum Milliardär machen. Zu den betuchteren Ministern gehören noch der das Kabinettbüro des Ministerpräsidenten leitende Antal Rogán, Innenminister Sándor Pintér und Energieminister Csaba Lantos.

Für Gyurcsány wird’s enger

Unter den Oppositionspolitikern benannte Ferenc Gyurcsány die Institution der Vermögenserklärung in ihrer heutigen Form als überflüssig, weil genau das Wesentliche nicht nachzulesen ist: das Ausmaß der Korruption. Der Ex-Ministerpräsident betonte, sein eigenes und das Vermögen seiner politisch aktiven Familie sei in den Jahrzehnten in der Politik nicht gewachsen, sondern geschrumpft. Aus den „früheren“ Zeiten kann auch der DK-Chef mehrere Immobilien aufzählen, die Ersparnisse decken noch nicht ganz die aufgenommenen Hypothekenkredite.

Der Vorsitzende der Mi Hazánk, László Toroczkai, kann nur auf einen minimalen Immobilienbesitz und auf sinkende Schulden verweisen. Zu den vermögenden Politikern gehört der LMP-Vorsitzende Péter Ungár, der Beteiligungen an mehreren Firmen hält.

Wer verschweigt hier was?

Péter Magyar, der mit der Tisza-Partei heute die stärkste Formation im Oppositionslager hinter sich weiß, musste als Europaabgeordneter seine Vermögenserklärung im Europaparlament abgeben, wo man sich erst recht keine Mühe macht, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken. Der Fidesz behauptet geradeheraus, Magyar verschweige ein Vermögen von umgerechnet rund 200.000 Euro, das er nach eigenen Angaben aus Börsengeschäften machen konnte (die obendrein den Verdacht des Insiderhandels zulassen). Ohne Position in Ungarn musste sich der Tisza-Chef nicht dem hiesigen Ritual unterwerfen. Stattdessen kritisierte er die ungarische Praxis scharf und versprach bei einem Machtwechsel eine radikale Reform. So müssten neben den Politikern auch deren Familienangehörige auf Jahrzehnte rückwirkend belegen, wie sie an ihr Vermögen gelangt seien. Wer keine Belege erbringen kann, müsse die Differenz als Steuernachtrag an den Fiskus einzahlen. Magyar meinte konkret, Orbán „habe vergessen, Tausende Milliarden auf Bankkonten in der Schweiz, in Singapur und in Südamerika“ auszuweisen.

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