Staatssekretär Balázs Hidvéghi: „Wir leiten ein neues Zeitalter bei der Digitalisierung ein.“ Foto: MTI/ Attila Kovács

Parlament

Der digitale Staat kommt

Die Regierung hat ein Gesetz über die digitale Staatsbürgerschaft vorgelegt, das die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in den digitalen Raum verlagern will. Die Opposition zeigt Verständnis für die Modernisierungsbestrebungen, meldet aber auch Bedenken an.
7. November 2024 10:05

Am Dienstag wurden im Parlament auch Vorlagen zum digitalen Staat und in Verbindung mit der Digitalisierung von Dokumenten behandelt. Der Staatssekretär im Kabinettbüro des Ministerpräsidenten, Balázs Hidvéghi, bezeichnete es als strategisches Anliegen der Orbán-Regierung, die Beziehungen des Staates und der Gesellschaft in den digitalen Raum zu verlagern. In diesem Sinne werde ein neues Zeitalter bei der Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen eingeläutet.

Smartphone im Mittelpunkt

Das Programm der digitalen Staatsbürgerschaft rücke die Sachbearbeitung via Mobiltelefon in den Vordergrund, nachdem bereits nahezu neun von zehn Ungarn das Handy als Zugang zum Internet benutzen. Das Ziel laute, die Sachbearbeitung zu vereinfachen, schneller und effizienter zu gestalten. „Künftig muss niemand mehr seine Personaldokumente mit sich führen“, erläuterte der Staatssekretär. Schon heute könne der Personalausweis in die sog. DÁP-App heruntergeladen werden, die bereits 300.000 Nutzer zähle. Ab Februar 2025 werden sämtliche persönliche Daten digital erreichbar und für Beglaubigungen verfügbar sein. In Papierform werden Dokumente künftig nur noch auf gesonderten Wunsch des Bürgers ausgestellt. Damit gehe ein Umwelteffekt einher, da sich auf diese Weise jährlich 11,1 Tonnen Kunststoffe und 1,2 Tonnen Papier einsparen lassen, verwies Hidvéghi auf einen positiven Nebeneffekt der Digitalisierung.

Sorgen bereitet Zsolt Gréczy (DK), dass der Staat die persönlichen Daten weitergibt.

Bedenken der Opposition

Die DK stimme der Vorlage grundlegend zu, nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes, sondern auch, weil der digitale Umgang mit den Daten die Modernität widerspiegele. Die Regeln des Datenschutzes dürften aber deshalb nicht aufgeweicht werden, der Staat dürfe die Digitalisierung nicht missbrauchen. Der Partei von Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány schmeckt nicht, dass die Behörden persönliche Daten ihrer Bürger nicht nur untereinander, sondern ebenso mit Banken, Versicherungen und Versorgungsunternehmen austauschen. Ein Kontrollamt existiere bisher nur auf dem Papier.

Die Digitalisierung müsse eine wählbare Option bleiben, es dürfe keinen Zwang geben, betonte die Jobbik. Das Regierungslager sei einem Digitalisierungs-„Fetisch“ verfallen, während sich Millionen Ungarn sträuben, sich digitalen Zwängen zu unterwerfen. Der Staat unterstelle einfach, dass alle Bürger über Smartphones und Internetzugang verfügen. Um die mit der Digitalisierung und der Verbreitung der Künstlichen Intelligenz (KI) einhergehenden Gefahren zu beherrschen, müsse eine Strategie für den einschlägigen Verbraucherschutz verabschiedet werden.

Dániel Z. Kárpát (Jobbik) glaubt, dass sich Millionen Ungarn nicht dem „Digital-Fetisch“ der Regierung unterwerfen wollen.

Für die Mi Hazánk steht fest, dass die Regierung die Freiheit der Menschen einschränken wolle. Den Bürgern werde die Digitalisierung aufgezwungen, wer an Personaldokumenten in Papierform festhält, werde diskriminiert. Die Vorlage nehme keine Rücksicht auf die digitalen Risiken, obgleich es gegen gewisse (Hacker-) Attacken im Internet keine Sicherheit gebe. In Norwegen habe man diese Gefahren in der Zwischenzeit erkannt und sich von der „totalen Digitalisierung“ wieder verabschiedet bzw. Gesetze zum Schutz der Bargeldverwendung erlassen.

Reaktion auf globale Prozesse

Zum Abschluss der Debatte im Parlament erklärte der Staatssekretär, die Digitalisierung sei keine Entscheidung der Regierung, man reagiere lediglich auf globale Prozesse. Die Applikation der digitalen Staatsbürgerschaft (DÁP-App) solle  den Bürgern ihren Alltag erleichtern. Hidvéghi betonte, es würden keine persönlichen Profile erstellt, der Staat sammle keine zusätzlichen Informationen. Abgesehen davon werde die App nicht verbindlich vorgeschrieben, wer es möchte, könne auch weiterhin den persönlichen Kundendienst in den Regierungsämtern in Anspruch nehmen. Die Bargeldnutzung habe nichts mit der Gesetzesvorlage zu tun.

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