Fidesz-Fraktionschef Zsolt Wintermantel (M.) bezeichnete den Oberbürgermeister als notorischen Nein-Sager. Fotos: MTI/ Noémi Bruzák

Budapester Bürgerschaft

Das Nein der Linken ist ein Ja

Bei der Sitzung der Budapester Bürgerschaft am Mittwoch kam es zu einem Schlagabtausch zwischen dem hier in der Opposition befindlichen Fidesz und dem Oberbürgermeister.

„OB Gergely Karácsony ist ein Neinsager, ohne eigene Ideen, der rein aus Prinzip alles ablehnt, was wir vorschlagen“, beklagte sich Zsolt Wintermantel auf der Sitzung. Die Stadtführung habe jahrelang nichts getan, um den Schandfleck Rákos-Rangierbahnhof in Ordnung zu bringen. Der Fraktionsvorsitzende des Fidesz in der Bürgerschaft glaubt sogar, die Linke gönne dem Land überhaupt keine Erfolge.

OB Gergely Karácsony (M.) konterte, er sage lieber Ja zu besseren Konzepten.

Der Marina-Wohnpark als Maßstab

So hätten sie die einst von den Konservativen angeregte Weltausstellung ebenso verhindert wie später die Ausrichtung der Olympischen Spiele. Auch die Leichtathletik-WM wäre nicht zustande gekommen, wenn sich die ablehnende Haltung der Linken durchgesetzt hätte. Und der heutige Oberbürgermeister war noch Bürgermeister des Stadtbezirks Zugló, als er den Bau der Puskás-Arena torpedieren wollte. Die größte Blamage musste Karácsony aber im Stadtwäldchen einstecken, wo er gegen jenes Liget-Projekt Sturm lief, das heute vielfach preisgekrönt ist und für dessen Finanzierung sich jeder Stadtvater seiner Regierung zu ewigem Dank verpflichtet fühlen würde.

Dass sich eben dieser linke Kommunalpolitiker nun auch gegen das Rákos-Projekt arabischer Investoren positioniere, sorgte bei Wintermantel doch für einige Verwirrung. Denn das „Musterprojekt“ der Budapester Linken, der Marina-Wohnpark am Donauufer kennt kaum eine andere als die Wohnfunktion, nur einige Cafés und sporadische Grünflächen. Es handelt sich um Luxuswohnungen mit Quadratmeterpreisen ab 2 Mio. Forint, und wenn man die Anwohner fragt, sagen die einem, dass sie sich wohl fühlen, fasste der Oppositionsführer im Budapester Stadtparlament seine Eindrücke zusammen.

Die andere Perspektive

Der Oberbürgermeister relativierte in seiner Entgegnung die Vorwürfe des Fidesz-Politikers. So habe die Budapester Bürgerschaft 2015 der Bewerbung für die Olympischen Spiele unter der Bedingung zugestimmt, darüber sollte eine Volksabstimmung entscheiden. Die Puskás-Arena habe er nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern kritisiert, dass der Bau trotz vereinfachter technischer Anforderungen (reines Fußball- an Stelle eines Leichtathletikstadions) teurer wurde. Die Leichtathletik-WM wurde überhaupt erst durch die Zustimmung der 2019 bereits von ihm geführten Bürgerschaft möglich. Es sei die Regierung, die sich nicht an die damals getroffene Vereinbarung halte und den Stadtbezirken bis heute rund 25 Mrd. Forint schulde. Das Stadtwäldchen war die erste öffentliche Parkanlage Europas – warum müsse ausgerechnet dieser Park zugebaut werden, wo es „tausend andere geeignete Flächen“ gebe?!

Um seine Kritik an der Vergabe des Rákos-Viertels an einen arabischen Investor zu verstehen, sollten die Fidesz-Politiker am besten Belgrad aufsuchen, wo der gleiche Investor mit seinem gigantischen Neubauviertel die historische Altstadt in Mitleidenschaft gezogen habe. „Budapest hat bereits 2019 ein Konzept für das Viertel vorgelegt, das es ablehnt, Ungarns Hauptstadt die höchsten Wolkenkratzer Europas aufzubürden. Wir sagen also nicht Nein, sondern vielmehr Ja zu einem Konzept, das weitaus besser für die Stadt wäre.“

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