Mein Budapest: Kempinski-Küchendirektor Roland Holzer
Koch mit Leib und Seele
Als Roland mit Kind und Kegel nach Budapest zog, hatte er schon jahrelang in hochrangigen Hotels gearbeitet. Die Liste ist beeindruckend: Sankt Petersburg – wo es ihn „erwischt hat”, denn dort traf er seine Frau –, Warschau, Kairo, Moskau und danach Amman. Er spricht fließend Russisch und auch Arabisch. Mit Letzterem ist er zwar etwas aus der Übung, wie er sagt, doch das sei nichts, was ein weiterer Aufenthalt dort nicht beheben könnte. Am Ungarischen wiederum arbeite er noch. Der lokalen Sprache fähig zu sein, wäre ihm wichtig, erzählt er, denn in der Küche spricht man die Landessprache. Doch darüber hinaus sei es Holzer zunächst wichtiger gewesen „erst einmal das Land mit seinen Produkten zu verstehen, um dann so auch zu kochen.”
Wieder in einer europäischen Stadt zu arbeiten und zu leben, gefalle ihm, denn: „Es ist halt schon ein besseres Flair.”
„Jetzt arbeite ich schon am Februar“
Als Küchendirektor im Kempinski Hotel Corvinus Budapest ist Roland Holzer verantwortlich für die Menüs, die Kalkulation, den Einkauf und die Reklame, und das nicht nur für ein Restaurant: In Holzers Aufgabenbereich fällt sowohl das Living Room – ein Treffpunkt, wo es Torten, Kuchen und andere Kleinigkeiten gibt –, die Blue Fox Bar – wo spezielle Getränke und auch Essen angeboten werden – und das ÉS Bisztró sowie das ÉS Deli. Hinzu kommen Catering und Bankettgeschäfte, weshalb dem Küchendirektor sowohl ein Küchenchef als auch zwei Küchenleiter bei der Bewältigung dieser Aufgaben unterstützend zur Seite stehen. „Ich leite weiter oder bespreche alles und die drei sind dann dafür da, das so auszuführen, wie ich das will”, erklärt Holzer.
Arbeitsabläufe dieser Dimension bedürfen einiger Vorplanung, fügt er hinzu: „Ich arbeitete immer zwei bis drei Monate im Voraus. Ende August habe ich schon die Weihnachtsbestellungen aufgegeben, die Menüs hatte ich schon im Mai fertig geschrieben, jetzt arbeite ich schon am Februar und März. Ich muss Angebote schreiben, die Werbung muss raus, der Einkauf muss organisiert werden und ich muss alles koordinieren.”
Auch die Ausbildung der sechs festen Lehrlinge fällt in Holzers Aufgabenbereich, doch das macht er, wie er uns erzählt, sehr gerne. Denn so habe er die Möglichkeit, seine Erfahrungen, die er rund um die Welt gesammelt hat, weiterzugeben. Er sei für die Lehrlinge eine wertvolle Quelle für Informationen und es mache ihm Spaß, sein Wissen mit den Auszubildenden zu teilen.
Das Hobby zum Beruf gemacht
Aber seine Leidenschaft, erklärt Holzer weiter, ist immer noch das Kochen: „Es ist ein Hobby, das ich als Job betreibe.” Roland Holzer habe schon immer ein Interesse am Kochen und am Essen gehabt. Der Vater seines besten Freundes war Küchenchef, erzählt er, und als Holzer gerade einmal neun Jahre alt war, habe er schon gewusst: „Ich möchte diesen Beruf ergreifen.” Dementsprechend fing er ein paar Jahre später seine Lehre in diesem Bereich an.
Weil Roland Holzer das Kochen liebt, versichert er uns, sei es für ihn eigentlich keine Arbeit. Dies helfe ihm auch sicher, mit dem Stress in der Küche zurechtzukommen. Holzer erzählt: „Es ist schon ein spezieller Stress, man bereitet noch gemütlich vor und auf einmal, wie auf Knopfdruck, ist der Stress da. Von einer Sekunde zur nächsten. Es fallen Worte und Gesten, die nur ein Koch verstehen kann.” Er rechnet vor, damit wir uns das besser vorstellen können: „An einem guten Abend haben wir 400 Gäste, für vier Stunden, also 240 Minuten, geht alle 20 Sekunden ein Teller raus.” Dieses rasende Tempo sei dadurch möglich, dass hinter 400 bis 500 Gästen acht Köche stehen, die Vorbereitungen schon vorher erledigt wurden, und so die Arbeit auf ein paar letzte Handgriffe verringert sei. In fünf bis sechs Minuten sei dann ein Gericht servierfertig.
„Ich versuche die Vorteile zu sehen“
Manche der Nachteile am Koch-Dasein sieht Roland Holzer wiederum als Vorteil: Zum Beispiel die ungewöhnlichen Arbeitsstunden, die gleichzeitig geregelt, aber auch ungeregelt sind und für ihn manchmal sogar eine Sieben-Tage-Woche bedeuten. „Ein Wochenende kennt der Koch eigentlich nicht, allerdings können diese Arbeitszeiten auch ein Vorteil sein. Ich kann einkaufen, wenn andere Leute arbeiten. Es kommt darauf an, wie man es sieht. Manche sehen das als Nachteil, ich eben als Vorteil.”
Seit Roland Holzer in Budapest lebt, konnte er beobachten, wie sich die Gastronomieszene in Ungarn verändert hat. Vor 20 Jahren hatte man sich auf Wein spezialisiert und dabei die Nahrungsmittel vergessen. „Vor etwa sieben Jahren kam dann Schwung rein und man fing wieder an, ungarisches Essen anzubieten. Nun ist der Stolz wieder da. Ungarn muss sich nicht verstecken, mit dem was es produziert. Allerdings werden viele gute Waren exportiert”, erzählt der Küchendirektor. Ein Beispiel seien die Hafermastgänse, die Holzer bevorzugt, weil sie, wie er sagt, viel Fleisch und wenig Fett haben. Sie seien in Ungarn aber größtenteils für den Export vorgesehen.
Besonders in den letzten fünf Jahren habe sich in Budapest sehr viel getan. „Die Köche sind offener und transparenter geworden und der Gast kriegt mehr mit, was passiert. Die Leute versuchen offen mit den Produkten umzugehen, die ja den Wert des Gerichts darstellen. Es gibt schöne ungarische Gerichte, die etwas verändert und vielleicht modernisiert werden“, erklärt Holzer und fügt hinzu: „Allgemein wird jetzt transparenter damit umgegangen, was und wie gekocht wird. Tricks wie früher – ‘billig machen und teuer verkaufen’ – sind passé. Man hat erkannt, dass man die Gäste einfach nicht mehr belügen kann. Denn diese haben häufig selber Interesse am Kochen, haben Kenntnisse und sie wissen, wo man was essen sollte. Man kann ihnen einfach nichts mehr vormachen.”
Holzers Stolz: Das ÉS Bisztró
Besonders stolz ist Roland Holzer auf das ÉS Bisztró, einem der Restaurants im Kempinski Hotel Corvinus Budapest, welches „sicherlich super eingeschlagen hat“. Nach der Eröffnung des erfolgreichen Restaurants, erzählt Holzer, hätten andere sogar versucht, das ÉS Bisztró zu kopieren, sie hätten es aber nie geschafft. „Das Level an Produkten, die wir verwenden, ist schon etwas Schönes und Gutes”, schwärmt Holzer. Beliebt seien hier unter anderem Gerichte, die für die Küche der Monarchie typisch waren, der Familientisch und auch klassische Gerichte, für die sich Hausfrauen heute einfach nicht mehr die Zeit nehmen, um sie selber zu kochen.
Zum Abschluss unseres Gespräches ließ sich Roland Holzer noch entlocken, dass es im Kempinski Hotel Corvinus Budapest bald auch wieder die beliebten Kochkurse mit ihm geben wird. Zumindest dann, wenn nicht mehr ganz so viel zu tun ist. Was in Zukunft sonst noch so im Budapester Kempinski zu erwarten ist, bleibt vorerst geheim. „Wir sind daran, zu planen, ich kann aber noch nicht viel sagen”, beschwört Holzer geheimnistuerisch. Wir bleiben gespannt.