In Ungarn schwört man noch immer auf die echte Gänseleber. Foto: Facebook/ Vadrózsa Étterem

Künstliche Lebensmittel

Gänseleber ohne Gans und ohne Leber

Die Landwirtschaftskammer NAK, der Bauernverband MAGOSZ und der Rat für Geflügelprodukte (BTT) setzen sich entschieden für traditionelle Tierhaltung und Tierprodukte ein.

Die Berufsverbände treten für den Schutz der Gesundheit der europäischen Menschen ein und lehnen deshalb die Initiative zur Förderung und Verbreitung künstlicher Lebensmittel ab. Mit der Stellungnahme reagierten sie auf den Eingang des Zulassungsantrags für das erste unter Laborbedingungen hergestellte Proteinprodukt bei der EU-Kommission.

Ausgerechnet Franzosen experimentieren

Das der Gänseleber ähnelnde Produkt eines französischen Unternehmens ist das erste, das in der EU vermarktet werden soll – es könnte den Weg für weitere Laborprodukte ebnen. Das in Paris ansässige Startup Gourmey, das sich auf im Labor hergestellte Lebensmittel spezialisiert hat, hat neben der EU auch bei den Lebensmittelsicherheitsbehörden der Schweiz, Großbritanniens, Singapurs und der USA die Zulassung seines unter In-vitro-Bedingungen hergestellten „Gänseleber“-Produkts beantragt.

Damit ein im Labor gezüchtetes Proteinprodukt in der EU vermarktet werden darf, muss es von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassen sein. Die Zulassung unterliegt der EU-Verordnung über neuartige Lebensmittel, der Bewertungsprozess umfasst eine gründliche Überprüfung der Sicherheit und des Nährwerts des Produkts über mindestens 18 Monate. Nach der Zustimmung der Kommission und der Mitgliedsstaaten kann das Produkt in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten vermarktet werden.

Widerstand der kleineren Länder

Einige der europäischen Landwirtschaftsminister haben sich in den letzten Jahren entschieden für traditionelle tierische Produkte eingesetzt und drängen bei synthetischen Proteinprodukten auf eine strenge Regulierung und die Erstellung von Wirkungsstudien. Anfang des Jahres forderten die Minister Tschechiens, Zyperns und Griechenlands, unterstützt durch Ungarn, Luxemburg, Litauen, Malta, Rumänien und die Slowakei die Kommission auf, eine öffentliche Konsultation zu im Labor gezüchteten Proteinprodukten einzuleiten. Ungarn organisierte außerdem eine Debatte über die möglichen negativen Auswirkungen „neuer Lebensmittel“ auf die gastronomischen Traditionen Europas und betonte, dass traditionell hergestellte Fleisch- und Milchprodukte weiterhin die Eckpfeiler der europäischen Esskultur sind.

Unkalkulierbare Risiken?

Die drei Interessenverbände sind sich einig, dass bei Mastleber, die als das wertvollste unter den Geflügelprodukten gilt, vor der Zulassung strenge Tests und vorläufige Wirkungsstudien erforderlich sind. Die späteren physiologischen Auswirkungen der künstlich hergestellten Produkte sind für die Gesundheit der Verbraucher noch nicht bekannt und stellen daher ein unkalkulierbares Risiko im Bereich der Lebensmittelsicherheit dar.

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