Früher Vereinshaus des Bürgerlichen Schützenvereins zu Buda heute Restaurant in Budapest
Speisen in eleganter, aber doch gelockerter Atmosphäre? Da ist das Bobo Restaurant genau die richtige Adresse. (Fotos: BZT / Nóra Halász)

Bobo Restaurant im II. Bezirk

Ein Treffpunkt für rebellische Yuppies

Untergebracht im ehemaligen Vereinshaus des Bürgerlichen Schützenvereins zu Buda und umgeben von lauschigstem Grün ist das vor knapp vier Monaten eröffnete Bobo Restaurant eine Art verstecktes Schmuckstück mitten im II. Bezirk. Wir sprachen mit Gergely Haris, dessen Familie nicht nur das Restaurant, sondern auch das dazugehörige Veranstaltungshaus Haris Park betreibt, über die Geschichte des Gebäudes sowie Konzept und Kulinarik des Lokals.

Auf den ersten Blick wirkt Haris Park wie aus einer anderen Welt gefallen – mit seinen weitläufigen Gärten und dem Flair eines aristokratischen Herrenhauses scheint es heute nicht einmal in die noble, aber eben doch urbane Budaer Nachbarschaft rund um den Marczibányi tér zu passen. Erbaut wurde des Anwesen im Stile der deutschen Neorenaissance 1885 im Auftrag des Bürgerlichen Schützenvereins zu Buda. Es diente als Sitz des Vereins und bot auf seinen Außenanlagen Möglichkeiten für Schießübungen.

„Damals befand sich hier der Stadtrand“, schildert Gergely Haris, der uns durch das historische Gebäude führt, „hinter dem Haus begannen die Weinberge.“ Vor dieser Kulisse versammelte sich im ausgehenden 19. Jahrhundert vor allem die Aristokratie. Graf Gyula Andrássy beispielsweise lud hier an Freitagabenden zu seinen liberalen Salons ein. Das Haus verfügte über genügend Platz für einen Ballsaal, Klubräume und ein Restaurant. Alles herrlich verziert und eines Königspaares würdig – und das im wahrsten Sinne, denn wie Haris berichtet, haben Franz Joseph I. und seine Gemahlin Sisi einst höchstpersönlich einen Tanz im Ballsaal des Anwesens eröffnet.

Verfall und Renovierung

Aller Herrlichkeit setzte jedoch der Zweite Weltkrieg ein Ende. Im Sozialismus wurde das Gebäude vom Militär genutzt und entsprechend praktischer Überlegungen verbaut. So wurden etwa die Seitenflügel des Ballsaals in kleinere Räume abgetrennt, um Büros und Munitionslager zu schaffen. An den Schießständen übten nun junge Gefreite der Ungarischen Volksarmee. „Im Ballsaal hängten sie damals Fallschirme zum Trocknen auf“, erzählt Gergely Haris, der die Geschichte des Hauses aus dem Effeff zu beherrschen scheint.

Foto: BZT / Nóra Halász

Nach der Wende erlebte das Anwesen mehrere Eigentümerwechsel, doch keiner konnte die Renovierung des mittlerweile ziemlich heruntergekommenen Komplexes stemmen. Jahrelang stand es daher ungenutzt leer. 2006 kaufte die Familie Haris die Immobilie von der Stadtverwaltung mit dem Traum, hier ein Hotel einzurichten. Besonders am Herzen lag ihnen dabei der Erhalt und die Neubelebung des wunderschönen Gebäudes. Aufgrund von Rechtsstreitigkeiten zog sich der Beginn der Renovierungsarbeiten jedoch um Jahre hinaus, sodass erst nach 2012 mit den eigentlichen Bauarbeiten begonnen werden konnte.

In mehreren Etappen sanierte die Familie das Anwesen. „Dabei haben wir versucht, so viel von der ursprünglichen Bausubstanz zu erhalten wie möglich. Viele Details wie etwa die rote Ziegelsteinfassade oder die Stuckverzierungen im Inneren haben wir anhand von historischen Aufnahmen wiederhergestellt“, schildert Gergely Haris.

Ihren ganz eigenen Stempel hat die Familie Haris dem Anwesen jedoch bei der individuellen Gestaltung der Innenräume aufgedrückt. Möbel und Zierelemente variieren je nach Gebäudeabschnitt zwischen Modernismus, Bauhaus und Art Deco. In den zum Teil mit Pfauentapeten ausgestatteten Gasträumen würde sich wohl selbst der Große Gatsby wohlfühlen.

Heute ist Haris Park eine luxuriöse Eventkulisse, die Platz für maximal 250 Gäste bietet und vornehmlich für Konferenzen, Wirtschafts- und Kulturveranstaltungen sowie private Feiern und Hochzeiten genutzt wird. Das Catering wird im Haus bestellt und bietet kreative Lösungen für alle Anlässe. Im April 2019 nahm zudem das hauseigene Restaurant seinen Betrieb auf.

Ein Restaurant für Bobos

Bei dem Namen des Lokals, Bobo, handelt es sich um eine Wortneuschöpfung. Mit der aus „bourgeois“ und „bohémien“ zusammensetzten Abkürzung bezeichnete der New-York-Times-Kolumnist David Brooks Ende der 90er eine neue gesellschaftliche Klasse, die Reichtum und Rebellion, Nonkonformismus und Yuppietum miteinander vereinte. Von solchen Menschen, die einerseits der oberen Mittelschicht angehören, andererseits aber auch nicht im Mainstream mitschwimmen wollen, die schöne Erlebnisse und Erfahrungen materiellen Besitztümern vorziehen, gebe es in der Nachbarschaft des Haris Park, der unmittelbar an den Rosenhügel angrenzt, viele, so Gergely Haris. Auch er zählt sich zu den Bobos und glaubt, die Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppe erkannt zu haben: „Hier in der Gegend fehlt es an gastronomischen Wahlmöglichkeiten. Wir wollen, wenn man so will, eine Art Stammlokal für die Nachbarschaft sein.“

Foto: BZT / Nóra Halász

Natürlich sind aber auch alle anderen herzlich willkommen. Wie Haris einräumt, erfreut sich das Lokal zahlreicher ausländischer Gäste, die etwa bei einem Spaziergang durch Buda hier vorbeikommen. Das Bobo soll dabei ein Restaurant für jeden Anlass sein, in dem man zum einen bei einem eleganten Abendessen festlich feiern, zum anderen aber ebenso nach der Tennisstunde in kurzen Hosen und Polo auf ein leichtes Lunch vorbeischauen kann.

Die zwei unterschiedlich gestalteten Gasträume des Lokals bieten für beide Anlässe – aber auch verschiedene Geschmäcker – das richtige Setting. Man kann wählen zwischen zeitgenössischer Eleganz und üppiger Pracht.

Kulinarisch nimmt das Bobo vom eher steifen Fine-Dining-Konzept Abstand. Stattdessen wird den Gästen eine modern interpretierte ungarisch-österreichische Küche geboten. Auf der Speisekarte stehen etwa traditionell ungarische Speisen wie Entenleber, Hühnerpaprikasch und Rinderbackenpörkölt, aber auch österreichische Evergreens wie das Wiener Schnitzel und internationale Lieblinge wie Steak und Tagliatelle. Kenner der Monarchieküche werden die leichten und raffinierten Variationen der altbekannten Rezepte zu schätzen wissen.

Besonderes Geschick beweist das Bobo Restaurant auch im Bereich der Desserts und überrascht etwa mit einem Haselnuss-Etnao, eine Art gefülltem Schokoladenküchlein. Auch ungarische Klassiker wie Quarkknödel werden hier neu gedacht und als erfrischend kühle Variante in Begleitung einer Kugel Tejföl-Eiscreme serviert.

Fazit

Sie suchen nach einem gehobenen Lokal für ein sommerliches Mittagessen mit der ganzen Familie? Dann sind Sie im Bobo ebenfalls genau richtig. Auf der Terrasse des Restaurants sitzt man gemütlich wie im eigenen Garten – falls es ihr Rasen mit dem vom Rasenmähroboter gepflegten Bobo-Grünflächen aufnehmen kann –, genießt aber gleichzeitig Service und Kulinarik auf höchstem Niveau. Die kleinen Gäste erwartet zudem ein eigenes Spielhaus und viel Raum zum Toben. Auch schön gestaltete Wickelräume sind vorhanden.

Foto: BZT / Nóra Halász

Für die Zukunft plant die Familie Haris in den Räumlichkeiten des Anwesens die Eröffnung zweier weiterer Gatronomieangebote. Eine auf echt französische Champagner spezialisierte Bar soll es bereits bis Ende des Jahres geben, eine Gin-Bar soll im nächsten Jahr folgen.

Bobo Restaurant
Budapest, II. Bezirk, Marczibányi tér 6-7
Öffnungszeiten: täglich 8 bis 15 Uhr und 18 bis 23 Uhr, samstags ab 9 Uhr, Sonntag und Montag ab 12 Uhr
Reservierungen unter +36-70-772-2665
Weitere Informationen finden Sie auf https://harispark.hu/bobo-etterem

Preise
Vorspeisen und Suppen: 1.600 bis 4.200 Forint
Hauptgerichte: 3.300 bis 9.500 Forint
Desserts: 2.100 bis 2.400 Forint

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