Die Freundinnen Margherita (Melissa Hermann) und Antonia (Paula Donner) bringen die geplünderte Ware in Antonias Wohnung. Foto: DBU / Dénes Mártonfai

Theaterkritik und -tipp: „Bezahlt wird nicht!“ von Dario Fo

„Waren aller Länder befreit euch!“

Am 5. Mai fand die Premiere der Comedia dell’arte „Bezahlt wird nicht!“ an der Deutschen Bühne Ungarns (DBU) in Szekszárd statt. Am 11. Mai gibt es in Budapest eine weitere Vorstellung.

Steigende Preise für Gas, Strom und die Miete stellen die italienischen Arbeiterfrauen vor die Herausforderung, ihren Alltag zu bestreiten. Da beschließen sie kurzerhand den Supermarkt unter dem Schlachtruf „Bezahlt wird nicht!“ zu plündern.

Absurdes Verwechslungsspiel

Darunter auch Antonia, die gemeinsam mit ihrer Freundin Margherita nun die geklaute Ware vor ihrem gesetzestreuen Mann Giovanni und der Polizei verstecken muss. Dabei lassen sich die Freundinnen einiges einfallen und sind um keine Ausrede verlegen. Antonias rettende Idee, wohin sie die Ware letztendlich verstecken, endet in einem absurden Verwechslungsspiel, das am vergangenen Donnerstag in Szekszárd Premiere feierte.

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Der Kommissar (Eszter Sipos) greift bei seiner Hausuntersuchung zu drastischen Maßnahmen. Foto: DBU / Dénes Mártonfai

Sie war ein voller Erfolg! In einem rasanten Schauspiel überboten sich die Schauspieler mit Slapsticks, Dialogen und Wortwitzen. Schon gleich zu Beginn wird die mit Tüten beladene Italienerin Antonia (Paula Donner) von der bewaffneten Polizei (Eszter Sipos) verfolgt. Angekommen in ihrer Wohnung überredet Antonia ihre Freundin Margherita (Melissa Hermann) gemeinsam mit ihr die Ware vor der Polizei und ihren Männern Giovanni (Tamás Boglári) und Luigi (Dustin Leitol) zu verstecken. Dabei verstricken sich die beiden Freundinnen zunächst immer tiefer in einem Netz aus Lügen und Halbwahrheiten, in das sogar der Papst verwickelt wird, bis dann alles tragisch komisch entwirrt wird.

Hochaktuelles Thema: Inflation

Die Problematik der Inflation und der steigenden Lebenskosten ist unverändert aktuell. Der italienische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Dario Fo widmete sich ihr in dieser Commedia dell’arte bereits 1974. Im Zuge der Wirtschaftskrise wurde das Stück von ihm 2009 nochmals überarbeitet. Vor allem die Aktualität des Themas lockte viele Zuschauer an, sodass die Vorstellung vor ausverkauftem Hause stattfinden konnte. Regie führte der Österreicher Kilian Klapper, der bereits an zahlreichen Produktionen der DBU mitwirkte.

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Giovanni (Tamás Boglári) und Luigi (Dustin Leitol) auf der Suche nach ihren Frauen. Foto: DBU / Dénes Mártonfai

Für die Fassung der DBU wurde das Stück an ungarische Verhältnisse angepasst, so dass die Identifikation leichter fällt. Das Stück, so komisch es ist, enthält auch ein gutes Stück Lebensrealität. Wenn denn etwa Antonia darüber klagt, dass die Lebenskosten dermaßen in die Höhe steigen, dass Strom und Gas kaum mehr bezahlbar sind und sie dennoch den Haushalt bestreiten muss, während ihr Mann Giovanni von Pflichten und Ordnung spricht und dabei selbst zu stolz ist, den ausgewanderten Sohn zu kontaktieren, erinnert das an Probleme, die leider erneut immer alltäglicher werden.

Eszter Sipos brillierte in mehreren Rollen

Doch die leisen Töne der Melancholie schwingen nur zwischendrin durch, ansonsten sorgen die Figuren für viele Lacher. Besonders Eszter Sipos konnte in ihrer Darstellung als strenger Kommissar, rebellischer Polizist, verzweifelter Leichenbestatter und italienischer Großvater ihr Talent zur Komik unter Beweis stellen. 

Im klassischen Stil der Commedia dell’arte wurde das Stück von Ágnes Wessely und István Szecsődi an der Gitarre musikalisch begleitet, wofür Wessely die Lieder eigens komponierte.

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Zum Abschluss wird ein Partisanenlied vorgetragen : Foto: DBU / Dénes Mártonfai

Fazit

Das Ensemble der DBU setzt in seiner Inszenierung von „Bezahlt wird nicht!“ auf eine traditionelle Spielweise. Die Zuschauer werden trotz aller Gesellschaftskritik in den 140 Minuten (mit Pause) köstlich unterhalten. Die berühmte moderne Comedia dell’arte von Nobelpreisträger Dario Fo ist eine verrückte Satire über die Auswüchse der Marktwirtschaft. Sie strotzt vor Witz, Ideenreichtum, einer Portion Keckheit und jeder Menge Spaß. 

Das Stück wird am 11. Mai um 19 Uhr im “Theater am Bethlen tér” in Budapest aufgeführt. Tickets sind über die Website des Theaters zu erwerben. 

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