Nach Ungarn ausgewandert: Eindrücke des deutschen Auswanderers Viktor Végh
Ein Land mit großem Potenzial
Vorsicht, liebe Leserinnen und Leser aus Deutschland! Ich bin, beziehungsweise war, einer dieser sogenannten Querdenker. Früher stand dieser Begriff noch für selbstständig denkende, kreative Menschen. Mit Corona wurde er durch Medien-Framing zum Schimpfwort degradiert. Inzwischen werden Querdenker von deutschen Medien und Politikern mit Rechtsextremen oder gar Terroristen gleichgesetzt. Manche nennen uns auch Covidioten, Verschwörungstheoretiker oder Querdeppen. Im Folgenden meine Erlebnisse und meine Abrechnung mit der Ex-Heimat Deutschland.
Corona, Kennedy und die abgelutschte Nazikeule
Diese Rechtsextrem-Keule hat sogar schon die linke Politikerin Sahra Wagenknecht zu spüren bekommen. Auch einfach mal pauschal ganz Ostdeutschland, Dunkeldeutschland, sagen sie. Oder eben die Querdenker, die am 29. August 2020 gemeinsam mit Robert F. Kennedy Jr. und Menschen aus ganz Europa gegen die unverhältnismäßigen Coronamaßnahmen der Bundesregierung demonstrierten. Darunter übrigens auch Ärzte, Krankenpfleger, Wissenschaftler und Juristen. Wir machten von unserem Grundrecht auf Demonstration und freie Meinungsäußerung Gebrauch. Das ist in einer Demokratie erlaubt, sogar erwünscht, dachten wir zumindest. Das Verbot der Demonstration durch Berlins Innensenator, einen Ex-SEDler, wurde in letzter Minute von einem Gericht gekippt. Immerhin.
Ich heiße Viktor Végh, bin Jahrgang 1983 und komme aus der Nähe von Stuttgart. Meine Mutter ist Rheinländerin und mein Vater gebürtiger Budapester. Anders als es mein Name vermuten lässt, bin ich deutscher Schwabe und der ungarischen Sprache (noch) nicht mächtig. Seit 14 Jahren bin ich Kreativer und Fachmann für Markenkommunikation in der Werbebranche, meist für große Weltmarken, Kreativdirektor Konzept & Text, um genau zu sein. Für meine innovativen Ideen wurde ich mehrfach mit internationalen Auszeichnungen geehrt. Inzwischen bin ich als Berater für Kreation, Experte für Digitalisierung und als Marketingmanager für mittelständische Unternehmen und Start-Ups tätig.
An diesem Tag sagte der Neffe von John F. Kennedy: „Zu Hause in den Vereinigten Staaten sagen die Zeitungen, dass ich heute hergekommen bin, um zu etwa fünftausend Nazis zu sprechen. Und morgen werden sie berichten, ja, ich war hier, und ich habe zu etwa fünftausend Nazis gesprochen. Ich schaue aber in diese Menge, und ich sehe das Gegenteil von Nazitum! Ich sehe Menschen jeder Hautfarbe, Menschen vieler Nationen, Menschen verschiedener Religionen. Das ist das Gegenteil von Nazitum!”

Und weiter sagte er etwas, das mir noch heute Gänsehaut verpasst: „Vor 50 Jahren kam mein Onkel John F. Kennedy in diese Stadt, er kam nach Berlin, denn Berlin war die Frontlinie gegen globalen Totalitarismus. Und auch heute ist Berlin wieder die Frontlinie gegen globalen Totalitarismus. Und er hat stolz gesagt: Ich bin ein Berliner. Und heute kann ich wieder stolz sagen: Ich bin ein Berliner! Und ihr seid die Frontlinie gegen Totalitarismus!”
Als wir Grundgesetzdemonstranten dann auch in der deutschen Presse als Rechtsradikale hingestellt wurden, fühlte ich mich in Deutschland nicht mehr am richtigen Platz. Was ich in den Corona-Jahren erlebt habe, vor allem die extremen staatlichen Eingriffe in das Privatleben der Menschen, beschleunigte die Umsetzung meiner Entscheidung auszuwandern.

Mit dem indirekten Eintritt Deutschlands in den Ukrainekrieg, dem Kriegsgeheul in den Medien und dem wachsenden Graben in der Gesellschaft war für mich endgültig Schluss – Zeit, die Koffer zu packen. Wer sich für Frieden einsetzt, braucht in Deutschland ein schnelles Pferd. Nicht zuletzt, wenn man Viktor heißt. Der Russenhass ist extrem. Ich bin zwar keiner, aber der klischeebehaftete Name reicht in Deutschland aus… Nie wieder Krieg, nie wieder Diffamierung von Minderheiten, das war einmal…
Warum Ungarn?
Ausschlaggebend für Ungarn waren nicht nur meine ungarische Herkunft, sondern nicht zuletzt auch der ungarische Forint. Den Euro sehe ich durch die Fiskalpolitik Europas gefährdet. Der krisenerfahrene Forint und die krisenerfahrene Politik des Landes waren für mich ein starkes Argument.

Als meine Mutter und ich im April 2022 in Zalakaros nach einem passenden Zuhause schauten, stießen wir auf unfassbar viel Gastfreundschaft. Wir fühlten uns von Beginn an sehr willkommen. Der deutschsprachige Vermieter des Ferienapartments half uns mit den Telefonanrufen bei den Immobilienanbietern. Er begleitete uns auch zu den Besichtigungen. Unentgeltlich natürlich.
Nach ein paar Tagen sprach er mich ganz vorsichtig an: „Du Viktor, ein Freund von mir empfängt den Sender Phoenix. Er erzählte mir, dass sie sagen, wir seien eine Diktatur und Orbán ein Faschist. Stimmt das?” Es war mir peinlich. „Ja, so etwas habe ich auch schon gehört”, versuchte ich mich rauszureden.


Er hakte gleich nach: „Weißt Du, ich verstehe das nicht, bei jeder wichtigen Entscheidung der Regierung bekommt das Volk ein dickes Bündel Papier zugesendet, und darin befragen sie die Menschen nach ihrer Meinung.“ So unterschiedlich ist die deutsche und ungarische Wahrnehmung. Auch eine Ungarin sprach mich auf die deutsche Sicht auf Ungarn an: „Aber warum? Wir waren doch immer Freunde und an Deutschlands Seite“, sagte sie sichtlich verletzt.
Dieses Bild einer ungarischen Diktatur wurde in der deutschen Gesellschaft tief verankert. Dabei ist paradox: Es traten doch ausgerechnet in Deutschland Ungereimtheiten bei den Bundestagswahlen zutage. Und was ist mit der Korruption rund um die Beschaffung von Masken und Impfstoffen? Oder mit dem CumEx-Skandal? Und ausgerechnet die selbsternannte Vorzeigedemokratie Deutschland wurde nach den Coronaprotesten in Berlin vom UN-Sonderbeauftragten für Folter, Nils Melzer, wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt gerügt. Ich war Zeuge davon, ich habe in Berlin diese Polizeigewalt erlebt, an Jungen und Alten, Vätern und Müttern mit Luftballon. Bis heute konnte ich das nicht verarbeiten.
Ungarn ist viel moderner, als viele in Deutschland denken
Ungarn ist viel moderner, als viele in Deutschland denken. In dem kleinen Ort Zalakaros gibt es LED-Lichter im Zebrastreifen und Ladesäulen für Elektroautos. Das Mobilfunknetz strahlt bis in den abgelegensten Teil des Waldes. Immer mehr moderne Unternehmen siedeln sich hier an, auch aus Deutschland, ein Grund sind die moderaten Energiekosten. In Ungarn sehe ich ein großes Potenzial, um meine Expertise konstruktiv anzubringen, die ungarische Start-Up Szene boomt. Ein Land mit Zukunft und vielen Möglichkeiten.


Die ländliche Gemeinde Zalakaros liegt im Naturschutzgebiet westlich des kleinen Balaton und ist trotz der geringen Fläche und Einwohnerzahl eine Stadt, wenn auch die kleinste Ungarns. Wegen seiner donauschwäbischen Vergangenheit und dem Tourismus sprechen hier viele Menschen Deutsch. Auch deswegen fällt es einem als Deutscher leicht, sich schnell hier einzuleben und zurechtzufinden. Viele Ungarn entschuldigen sich, dass ihr Deutsch so eingerostet sei, dabei bin ich der Gast, der Ungarisch lernen sollte. Ich habe auch schon ein ungarisches Lehrbuch geschenkt bekommen. Und zwar ganz spontan, von einer Mitarbeiterin aus meinem Stammcafé Szilágyi.
Im touristischen Zalakaros ist immer etwas los, aber dennoch ist es entspannt und ruhig, genau richtig für mich. Die großen Waldflächen und das Naturschutzgebiet des kleinen Balaton laden zum Spazieren und Wandern ein. Hier trifft man schon mal auf Füchse, Dachse und sogar Hirsche.

Überregional bekannter Heilkurort
Die ungarische Lebensfreude ist hier allgegenwärtig. Der überregional bekannte Heilkurort Zalakaros hat viel zu bieten: Therme, Heilbad, Freibad, Massagestudios, Freilichtkino, Fitnesstudio und Restaurants. Vor allem im Sommer sind die zahlreichen Apartments und Hotels voll mit Touristen aus aller Welt.

Es fühlt sich befreiend an in meiner neuen Heimat Ungarn, man kann mit den Menschen über alles reden, kann sagen, was man denkt. Die Gesellschaft ist nicht so extrem gespalten. Hier interessiert kaum einen, ob man geimpft oder umgeimpft ist. Das Blatt hat sich ohnehin gewendet: Inzwischen erkennt sogar der deutsche Mainstream, wir Querdenker hatten Recht. Trotzdem gibt es die wissenschaftlich unbegründeten Coronamaßnahmen und die Spaltung der Gesellschaft in Deutschland weiterhin.
Friede! Freiheit! Brüderlichkeit! Liebe!
Danke, Ungarn.
Weitere Teile der BZ-Serie „Nach Ungarn ausgewandert“:
BZ Magazin 6/2021: Kabarettist Detlev Schönauer
BZ Magazin 18/2022: Ehemalige Kommunalpolitikerin Christiane Wichmann
BZ Magazin 19/2022: Webdesignerin und Biografin Emily Paersch
BZ Magazin 20/2022: Gesundheitsberaterin Dorothea Heinzel
BZ Magazin 21/2022: Zweifache Mutter Conny S.
BZ Magazin 22/2022: Ehemaliger Polizist Klaus Kauder
Richtig. Deutschland ist halt von den USA, den Multis und der US-abhängigen EU-Kommission beherrscht, die Presse gleichgeschaltet, und die Leute sind hirngewaschene Idioten, daran zu glauben und sich gerne zu Boden treten zu lassen. Darum kann ich es dort auch nicht mehr aushalten. Weil Ungarn sich davon nicht kaputt machen läßt, darum wird es verurteilt. Komischerweise sind aber auch einige dieser hirngewaschenen Idioten in meine Nähe gezogen. Was wollen die in Ungarn? Die Einheimischen umpolen? Und in einigen der ungarndeutschen Orts-Selbstverwaltungen und Chöre sind die Vorstände sehr vernünftig, in anderen aber aus Deutschland bezahlt und daher auch Propagandisten für den Blödsinn, wenn man sie extra fragt; letztere täuschen Kulturpflege vor, dabei werden sie von den Kulturzerstörern bezahlt.
Lieber Dirk Hohensohn,
Das können Sie doch nicht öffentlich äußern, sind Sie etwa ein Andersdenkender oder gar Verschwörungstheoretiker? *IRONIE OFF ? Ich wünsche Ihnen alles Gute. Isten Aldjon. VV
Viel Glück , Herr Végh, in Ungarn.
Danke! Das wünsche ich Ihnen auch, mit Gottes Segen. Isten Aldjon. VV
Mal wieder ein Einwanderer mit Geist, schön.
Für mich stellt sich oft die Frage, wer hinter der “neuen Meinungsbildung” in Deutschland steckt.
Einzelne politische Parteien sind es sicherlich nicht nur. Die Medien, allen voran die ARD, unterstützen es jedenfalls mit voller Tatkraft.
Ich kam vor 22 Jahren aus ganz anderen Motiven nach Ungarn. Aber heute bin ich auch froh mich vom deutschen Denken abgekoppelt zu haben.
Ich mag das Medien- und Konsumgesteuerte deutsche Denken nicht mehr.
Lieber Erich Weber,
“Mal wieder ein Einwanderer mit Geist, schön.” Danke für Ihren schmeichelhaften Kommentar. Wow, 22 Jahre sind Sie schon hier. Den Rest Ihres Kommentars kann ich genauso unterschreiben.
Isten Aldjon. Gott segne Sie. LG VV
Auch meine Frau, Kind und ich werden Ende Januar nach Ungarn auswandern.
In Deutschland sehe ich keine Zukunft mehr. Ich habe viel in D aufgegeben. Meine Firma, Familie, Freunde usw. Aber das war es mir Wert. Jedesmal wenn ich in Ungarn war, habe ich liebe ungarische Menschen kennengelernt und in der Luft von Ungarn liegt der Duft von Freiheit.
Auch weil man vom Glaube ein Christ ist und dies auch sehr stark in Ungarn vertreten ist, bin ich von dieser Ebene und Gleichen. In D kannst du bald noch nicht mal mehr eine Kette mit Kreuz tragen. Ungarn ist das Land in der EU was am freisten von allen Ländern ist
Ich werde wieder eine kleine Firma in Ungarn gründen und bin stolz drauf in einen Land Steuern zu zahlen wo man es auch gebrauchen kann. Ich bin innerlich so mit Ungarn verbunden, das ich dieses Land im Falle aller Fälle sogar verteidigen würde. In D hält mich nichts mehr außer Familie und Freunde. Mit D habe ich abgeschlossen. Übrigens war ich auch auf dieser Demo am 29 August. ?
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich kann Ihre Enttäuschung und Sichtweise gegenüber Deutschland gut nachvollziehen. Wir “bösen” Andersdenkenden / Querdenker haben es in Deutschland nicht leicht. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Beste und viel Erfolg. Frieden. Freiheit. Liebe. VV
Schön das es euch hier gut gefällt. Ohne Sprachkenntnisse wirst du hier in Ungarn mit deinem Beruf aber kein Geld verdienen können, mal ganz abgesehen davon das Marketing in Ungarn ganz anders läuft als in DE. Auch gibt es hier kaum Leute deiner Altersgruppe, weil die in <DE oder AT oder CH mehr Geld verdienen können. Allenfalls gibt es noch einige Familien mit Kindern hier. Vielleicht reicht ja die Rente deiner Mutter für Zwei, dann kannste hier gut abhängen und viel schwimmen gehen. Best regards.
Hallo Wolfgang Krause,
Ihr Kommentar ist nicht nur negativ und äußerst unverschämt, sondern auch falsch.
Ich arbeite bereits an meinem ersten Auftrag, der Zweite ist in der Warteschlange, was Sie ja nicht wissen können. Ich habe bereits in anderen Ländern, deren Sprache ich nicht mächtig war, Werbung produziert. Bspw. TV Spots in Belgien, was Sie auch nicht wissen können. Ich arbeite seit über 12 Jahren in internationalen Teams. In Zala versteht man mich gut. Zudem habe ich andere Einnahmequellen & unterstütze meine Mutter tatkräftig. Können Sie natürlich nicht wissen. Schwimmen tue ich gerne, da haben Sie recht, woher wissen Sie das? 🙂 Bezügl. Junge, deutsche Auswanderer: Jüngst sind zwei Fachkräfte in meinem Alter nach Zala gekommen (Beide verdienen Geld).
Ein Kommentar, der mit Best regards abschließt, stelle ich mir wesentlich positiver vor. Ihnen alles Beste und eine schöne Zeit in Ungarn. Bleiben Sie höflich, damit wir Deutsche ein positives Image behalten. Best regards. VV
Wo Sie recht haben: Viele junge Ungarn gehen nach DE A und CH arbeiten, um mehr zu verdienen und pendeln hin und her bis sie genug gespart haben. Das machen Fachkräfte in Deutschland aber auch, arbeiten für ein höheres Gehalt in der Schweiz. Das gleiche Gehalt / Tagessatz wie in D kann man hier nicht erwarten, aber die Lebenshaltungskosten sind auch viel geringer. Ungarische “Billigarbeiter” in Deutschland einzustellen, tut dem deutschen Arbeitsmarkt nicht gut. Der Gehaltsstandard in Ungarn steigt durch uns Einwanderer und Investoren. Im Übrigen: Es ist das Zeitalter des Internets, zum Geld verdienen muss man das Haus nicht verlassen. VV
Herr Végh, ich leb seit 2006 hier und habe seit 2015 eine Firma, Sie werden sehr schnell feststellen, dass es hier auch nicht anders läuft als in D. Und es ist leider so, dass die meisten Fachkräfte auswandern, und nicht unbedingt später zurückkommen. Auch müssen Sie beachten , dass es eben noch andere Regionen in Ungarn gibt, wo es nicht so rosig aussieht ! Ich wünsche Ihnen trotzdem viel Glück und Erfolg, und werden Sie hier nicht krank, sonst stossen Sie sehr schnell an Ihre finanziellen Grenzen. Herr Zehmisch, da selbe wünsche ich auch Ihnen.