Duftende Erinnerung an einen Abenteurer und Edelmann
Mit dem Auto nach Ägypten und zurück
Einer von ihnen war Anton (Antal) Esterházy de Galantha. Sein Leben war nicht lang, aber sehr intensiv, und spannender als jeder Film. Fast 80 Jahre nach seinem Tod läßt sein Enkel, Paul-Anton Esterházy de Galantha, die Erinnerung an seinen Vorfahren auf ungewöhnliche Weise wieder auferstehen.
Als zweitgeborener Sohn von Fürst Nikolaus IV. Esterházy de Galantha (1869-1920) wurde er am 22. Juli 1903 in Lackenbach, heute Österreich, geboren. Die Familie gehörte damals zu den wohlhabendsten und einflussreichsten Familien Ungarns. Das Ende des Ersten Weltkriegs stellt die Familie aber vor große Probleme – ihre Güter sind nun im ehemals westungarischen, nun österreichischen Burgenland, der Tschechoslowakei und dem verbliebenen Restungarn verteilt.
Reisen nach Ägypten und in den Sudan
Nach dem frühen Tod von Fürst Nikolaus 1920 folgte sein erstgeborener Sohn Paul als Fürst und Majoratsherr, so dass Prinz Anton nun intensiv seiner Leidenschaft für die Jagd und den Rennsport frönen konnte. Hier hatten es ihm insbesondere die sogenannten Bergrennen, also die Vorläufer der heutigen Formel 1, angetan. Beide Hobbys brachten ihn mit Graf László Almásy zusammen, der wie er aus dem heutigen Burgenland stammte. Durch diese Freundschaft begann eines der größten Abenteuer jener Zeit: Mehrere Reisen führten die beiden ab 1926 in den Nahen Osten, insbesondere nach Ägypten und in den Sudan.

Almásy arbeitete in dieser Zeit als Vertreter und Testfahrer für die österreichische Automobilfirma Steyr, für die er auch zahlreiche Preise als Rennfahrer gewann. Von daher war der ehemalige Husarenoffizier ein perfekter Reisebegleiter für den abenteuerlustigen Prinzen. Dem Vorschlag, mit dem Wagen von Alexandria durch die Wüste zu fahren, sagte er sofort zu. Diese Reise war noch nie zuvor mit so einem Verkehrsmittel zurückgelegt worden. Doch die beiden Freunde trotzten Dünen, Sandstürmen und vielen anderen Strapazen.
„Der Englische Patient“
Für Anton Esterházy eine tiefprägende Erfahrung. Für László Almásy sogar noch mehr: Die Region schlägt ihn immer mehr in den Bann. Immer häufiger bereist er sie und wird sogar zum Entdecker. 1933 findet er das dritte Tal von Zerzura im Wadi Talh und den Stamm der „Magyarab“ in Nubien. Dabei handelt es sich um arabischsprachige Nachfahren ungarischer Soldaten der osmanischen Armee des 16. Jahrhunderts. Almásy, den die Beduinen Abu Ramla‚ Vater der Sande, nennen, veröffentlicht seine Erlebnisse 1934 in dem Buch „Az ismeretlen Szahara“ (dt.: „Die unbekannte Sahara“). Weitere Bücher folgen. Über 60 Jahre später wird sogar Hollywood von seinem Leben inspiriert, und es entsteht der mehrfach preisgekrönte Film „Der Englische Patient“.
In den 1930er Jahren lebte Prinz Anton vor allem auf seinem Allodialgut Ozora südöstlich des Plattensees, und heiratete am 22. Oktober 1935 in Budapest Gräfin Gabriella Apponyi de Nagy-Appony, ein Jahr später wurde sein einziger Sohn Anton geboren. Auf seinem Gute widmete er sich der Pferdezucht. Wie sein Enkel gegenüber der Budapester Zeitung erklärte, verbanden sich in seiner Persönlichkeit neben dem Sinn für Abenteuer und der Neugierde für fremde Länder und Menschen ein starkes Gefühl für seine Familie und die Traditionen seiner Herkunft, eben „das Beste aus zwei Welten“.
Im Tode vereint
Während des Zweiten Weltkriegs meldete er sich als Freiwilliger zur ungarischen Armee. Nachdem er 1944 an der Ostfront verwundet wurde, starb er am 31. Dezember 1944 in Sárisáp in einem Lazarett und wurde dort in einem Massengrab beerdigt. 1946 wurde sein Leichnam exhumiert und in Budapest bestattet, und von dort wiederum in die Familiengruft nach Eisenstadt überführt. Erst am 15. Oktober 2019 gelingt es seinem Sohn, nunmehr Fürst Anton II, ihn an seine endgültige Ruhestätte im neuen Familiengrab bei Fertőd zu überführen, wo er nun wieder mit seiner 1986 verstorbenen Frau und seinen Eltern vereint ist.
Was bleibt von ihm? „Die Seele aller Wesen ist ihr Duft“, schreibt Patrick Süskind in seinem Erfolgsroman „Das Parfum“. Enkel Paul-Anton hat die eleganten „Autofahrerhandschuhe“, die Reisefotos und einen Flakon sowie Zeitungsausschnitte und Briefe in einem „Großvaterkisterl“ aufbewahrt, welche die Flucht aus Ungarn bei Kriegsende überstanden hat und bis heute den „Duft von Abenteuer“ verströmt.

Ein Studienfreund mit entsprechender Branchenerfahrung brachte ihn schließlich auf eine besondere Idee: Gemeinsam mit der Parfümeurin Marie Urban Le Febvre hat der Prinz nun unter der Dachmarke ESTORAS (die lateinische Entsprechung von Esterházy) ein Parfüm namens ANTAL entwickelt, das einen mit dem Duft nach Rose, Weihrauch, Zedernholz und Wildleder auf eine olfaktorische Reise in den Nahen Osten entführt. „Es soll sowohl das Lebensgefühl und die Aufbruchsstimmung der Zwanziger Jahre wie auch den Abenteuergeist jener Zeit wieder lebendig werden lassen“, verspricht der Enkel des großen Abenteurers.
Doch vor allem ist es eins: Eine persönliche Verbeugung vor dem Mut, der Kühnheit und dem Leben eines großen Mannes.
Die erwähnte Sudan-Reise wird übrigens ausführlich in Almásys Buch “Autóval Szudánba” von 1927 beschrieben, das man auch auf Ebay findet. Für diejenigen, die des Ungarischen nicht mächtig sind, hat András Zboray eine Englische Übersetzung angefertigt, die man auf seiner Website erwerben kann.
Wer sich hingegen für die von Almásy wiederentdeckte Oase Zarzura interessiert, der wird in dem 1936 in Kairo erschienenen Werk “Récentes Explorations dans le Désert Libyque” fündig. Dieses Buch bildete den Hintergrund zu Michael Ondaatjes Roman Der Englische Patient.
Seit kurzem liegt das das Buch dank der Übersetzung von Klaus Kurre auch auf Deutsch vor. Ergänzt wird die deutsche Ausgabe um einige zeitgenössische Dokumente zum Thema des Buches. Die deutsche Übersetzung kann u.a . direkt vom Übersetzer bezogen werden.
Ein schöner Artikel und eine spannende Geschichte – ich bin schon sehr neugierig auf den Duft!