Essay
Flüchtlinge und Geflüchtete
Dreihundert Kilometer zu Fuß. Nein, zweihundertfünfzig nur, denn die ersten fünfzig legten wir im letzten regulär verkehrenden Zug zurück. Meine Brüder, drei beziehungsweise fünf Jahre älter als ich, tippelten brav neben unserer Mutter einher, während ich, ein Anderthalbjähriger, bequem, wenn auch frierend, hungrig und durstig, im Kinderwagen saß, der zusätzlich mit Gepäckstücken, armseligen Habseligkeiten, die noch gebraucht werden könnten, beladen war und in seinem äußeren Erscheinungsbild, in seiner Erbärmlichkeit, an das transportable Mobiliar von Obdachlosen erinnerte.
Verschüttet
Und dann, wenige Tage später, wurde das Haus, in dem ich bei Wildfremden untergebracht war, von amerikanischen Bomben dem Erdboden gleichgemacht. Ich wurde verschüttet. Mehr tot als lebendig wurde ich unter den Trümmern hervorgezogen, vergaß meine ersten Sprechversuche, verstummte für mehr als drei Jahre.
Mein im Unterbewussten unvergessener Kurzaufenthalt unter einem Trümmerberg liegt nun schon siebenundsiebzig Jahre zurück. Mit anderen Worten, wenn ich von Geflüchteten und Flüchtenden, von Bombardierten, Erschossenen und Geretteten höre, fühle ich mich von Mitleid und Selbstmitleid überwältigt. Meine Solidarität gilt all denen, die einem Krieg, einer Diktatur, oder auch nur desolaten Wirtschaftsverhältnissen den Rücken kehren.
Auf meiner Flucht damals gab es nur alte Männer, alte Frauen und Mütter mit ihren Kindern. Die kriegsfähigen Männer waren entweder gefallen, befanden sich in Gefangenschaft oder an der Front in einem, von einem Wahnsinnigen angezettelten Angriffskrieg.
Überwiegend junge Männer
Die Millionen Kriegsflüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und weiteren Armenhäusern der Welt dagegen setzen sich überwiegend aus jungen Männern zusammen, die ihre Familien in der Regel daheim zurücklassen und nun in Europa fremde Kultursetzlinge großzuziehen versuchen. Parallelgesellschaften entstehen und breiten sich aus.
Polen und Ungarn verweigern sich seit Jahren einer solchen Entwicklung. Zu Recht, wie ich meine. Viktor Orbáns Analyse zur Migrationsfrage nach 2015 hält meiner Ansicht nach einer kritischen Überprüfung stand, wie schon der Schriftsteller György Konrád in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung festhielt. Und Konrád als Orbán-Sympathisanten zu schmähen, würde einer Rezeption seines Lebenswerks nicht gerecht werden.
Mich selbst als Orbán-Sympathisanten zu bezeichnen, würde ich gleichfalls für ungerechtfertigt halten. Ich war nie ein Linker, auch nie ein Rechter, vielmehr ein Eklektiker, der in vielen Denkrichtungen Akzeptables zu entdecken wähnt.
Die letzten sieben Jahre hat Orbán einem Dauerbeschuss durch die linkslastigen deutschen und westeuropäischen Mainstreammedien sowie durch die Brüsseler Meinungsmacher widerstanden. Doch was geht nun seit dem 24. Februar 2022 vor sich? Ungarn hat innerhalb von wenigen Wochen rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Und der Zustrom ergießt sich ungebremst weiter über das Land. In Polen sind mittlerweile sogar wesentlich mehr Kriegsflüchtlinge eingetroffen und mit großer Hilfsbereitschaft aufgenommen und in andere Länder weitergeleitet worden. Wie das?
Empfang mit offenen Armen
Feindbilder müssen konserviert, dürfen nicht revidiert werden. Oder zumindest doch nur recht zögerlich. Obwohl bis vor Kurzem schon zehnmal so viele Flüchtlinge aus der Ukraine nach Ungarn wie nach Deutschland geströmt sind, wird davon in den deutschen Medien fast schon nur verschämt berichtet. Und Ungarn, ebenso wie Polen, Rumänien, die Slowakei, um nur einige Länder zu nennen, bereitet sich auf einen weiteren Ansturm vor. Die Flüchtlinge, meist Frauen und Kinder, die wehrfähigen Männer müssen ja ihre Heimat verteidigen, werden mit offenen Armen empfangen, von keinem Stacheldraht und keinen Maschinenpistolen zurückgedrängt.
Hat in der Migrantenfrage etwa ein ungarischer Politikwandel stattgefunden? Mitnichten! Ungarn will weiterhin kein multikulturelles Land mit ethnischer Durchmischung werden, will als Kulturnation fortbestehen, sich nicht in einem bunten Völkergemisch assimilieren, will nicht den Muezzinruf, den fünf Minuten anhaltenden Ruf zum Freitagsgebet aus einem Minarett-Lautsprecher hören müssen. Ungarn hat die hundertfünfzig Jahre währende türkische Besatzung nicht vergessen. Ungarn will sich nicht abschaffen.
Wer hier aus politischen Gründen Asyl erhält, muss sich anpassen und, sobald es die dortigen Verhältnisse erlauben, in sein Land zurückkehren. In der Zeit des Grauens Schutz zu gewähren, darin besteht ja wohl die eigentliche Absicht des Asyls. Über vieles kann man in diesem Zusammenhang gewiss verschiedener Meinung sein. In einem aber, so glaube ich, vielleicht doch nicht. Nämlich darin nicht, dass die Mehrheitsgesellschaft zu ihrer kulturellen Abschaffung applaudieren müsste.
Wahnvorstellung von Gleichheit
Für Linke sind angeblich alle Menschen gleich. Für mich nicht. Die Wahnvorstellung von der Gleichheit aller Menschen muss unweigerlich in die Diktatur führen. Das Gebot pflanzlicher, tierischer und menschlicher Vielfalt kann nur garantiert werden, wenn sie dort, wo sie ihre Wurzeln hat, gehegt und gepflegt wird.
Flüchtlinge sind ausnahmslos Menschen wie du und ich, auch wenn sie aus unterschiedlichen Kulturregionen kommen. Menschen sind sie alle. Doch Unterschiede zwischen ihnen lassen sich nicht bestreiten. Männlichkeitswahn und damit verbundene Frauenfeindlichkeit haben in den zurückliegenden Jahrzehnten in Westeuropa nicht zuletzt durch die Migration dramatisch zugenommen. Das Frauenbild der neu Hinzugekommenen erweist sich zusehends als inkompatibel mit dem der angestammten Bevölkerung.
Der Autor wurde 1943 in Leipzig geboren. 1960 wegen Verunglimpfung des Staatsoberhaupts der DDR Verweisung von sämtlichen Oberschulen der DDR, 1960-63 Ausbildung als Schauspieler, 1963 fristlose Kündigung durch das Staatliche Dorftheater Prenzlau wegen Verletzung der Staatsbürgerpflichten, 1963-64 Verbüßung einer Gefängnisstrafe wegen Wehrdienstverweigerung, 1967 Abitur, 1967-1976 Studium der Klassischen Philologie, Germanistik und Psychologie in Halle/S., Budapest und Frankfurt/M., 1968 Emigration nach Ungarn, 1973 nach Frankfurt/M., 1981-85 persona non grata in der DDR, 1985-88 persona non grata in Ungarn, 1994 Rückkehr nach Budapest. Seit 1968 freiberuflich als literarischer Übersetzer, Herausgeber, Journalist und Schriftsteller tätig, zirka 80 Buchübersetzungen; Bundesverdienstkreuz, Offizierskreuz der Republik Ungarn, u.a. Übersetzungen aus dem Ungarischen von Péter Esterházy, György Konrád, Péter Nádas, György Petri u.v.a.m.
Der russische Krieg gegen das ukrainische Brudervolk wird, so Gott will, bald seinem Ende zugehen. Abgesehen von allem Schrecken, der über die Bildschirme flimmert, entsetzt mich das Einfordern von Stellungnahmen gegen Putin bei international anerkannten russischen Künstlern. Bei einer Verweigerung derartigen Gehorsams drohen Existenzvernichtungen. Darf man Künstler zu Bekenntnissen gegen ihr Land und seinen aktuellen Machthaber nötigen? Ein wenig habe ich da meine Zweifel.
Wieviele Künstler haben in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts einem der größten Massenmörder der Welt zugejubelt, ihn sogar in Gedichten besungen? Ohne dafür wirklich belangt worden zu sein. Ein wenig erinnert mich diese Anti-Putin-Hysterie, die mir persönlich keineswegs fremd ist, an die McCarthy-Ära der fünfziger Jahre, als man sich in Amerika mit religiöser Inbrunst zum Antikommunismus bekennen musste, anderenfalls einer Hexenverfolgung ausgesetzt wurde.
Keine Revision der ungarischen Asylpolitik
Abschließend nun die Frage, ob Ungarn seine Asylpolitik tatsächlich einer Revision unterzogen hat. Nein! NATO-Stacheldraht soll auch weiterhin Schutz vor unerwünschten Fremden bieten. Eine Revision der Abschottungspolitik wird es auch in Zukunft nicht geben. Es sei denn, unsere ewigen Volksbeglückungsideologen können im April die Macht übernehmen.
Ich muss gestehen, dass ich einem Machtwechsel mit gemischten Gefühlen entgegensehe. Auch wenn es die gegenwärtig Regierenden keineswegs verdienen würden, an der Macht zu bleiben. Zu viel Korruption, zu viel Eingriffe in die Medienlandschaft! Dennoch, die Gleichschaltung der deutschen Medien übertrifft nach meiner subjektiven Einschätzung die der ungarischen bei Weitem.
Der Assimilationsdruck gegen die russische und die ungarische Bevölkerung und anderer in der Ukraine heimischer Minderheiten hat mit einem Anfang dieses Jahres verabschiedeten Sprachengesetz enorm zugenommen. Bei den Aufnahmegesprächen mit der Europäischen Union sollte man verlangen, dieses Gesetz ersatzlos zu streichen und den Minderheitenschutz festzuschreiben. Vieles bleibt zu tun und zu hoffen. Doch erst einmal sollten wir für die leidgeprüfte Ukraine auf einen russischen Truppenabzug hoffen, einen baldigen Frieden und einen Wiederaufbau des Landes!
„Die Waffen nieder!“
Im Fernsehen gibt es stattdessen Bilder von zerbombten ukrainischen Städten, Flüchtlingsströmen und verzweifelten Menschen in Bunkern, Berichte von gefallenen russischen und ukrainischen Soldaten, von umgekommenen und verstümmelten Kindern. Das zerreißt mir schier das Herz.
Russland ist ein Aggressor, die Ukraine ein Opfer. Schon wieder! So wie in der 1932/33 von Stalin verschuldeten Hungerkatastrophe Holodomor mit Millionen Toten und 1941 beim deutschen Angriff auf die Ukraine mit millionenfachen Verbrechen der Nazis gegen die Zivilbevölkerung und der auch dort einsetzenden Judenvernichtung. Dem Angegriffenen gehört mein Mitgefühl.
Dennoch sind die Russen keineswegs Teufel, im Allgemeinen vielmehr liebenswerte Menschen. Nicht anders als die Ukrainer! Nur Waffen sollte man niemandem in die Hand geben. „Die Waffen nieder!“ Davon hat ja schon Bertha von Suttner vor dem Ersten Weltkrieg geträumt. Ein Traum, so alt wie die Menschheit, möchte ich glauben. Nun ja, Herrn Putin kenne ich nicht persönlich, aber in seinem Pokergesicht glaube ich nicht, einem Gutmenschen zu begegnen. Bin ich ungerecht? Eher wohl nicht.
Prädikat lesenswert, vor allem für Deutsche “überwiegend junge Männer” .
Hans-Henning Paetzke hat die DDR als aufrechter Mensch durchlitten, im Westen Auszeichnungen für sein Werk als Übersetzer und Schriftsteller erhalten – und nun findet er ausgezeichnete Worte, für die ihn die aktuelle deutsche SPD/SED Innenministerin sicher am liebsten einsperren würde. Vieles wiederholt sich, aber anders.
“Schutz vor unerwünschten Fremden”?
Und wer legt dann fest, wer unerwünscht ist?
Auch die Juden galten früher in vielen Staaten als “unerwünscht”.
Wie passt es denn zusammen, dass man zwar Minderheitenrechte einfordert, aber “Fremde” als “unerwünscht” einstuft. Diese “Fremden” stammen von einem anderen Volk mit anderer Sprache und Kultur.
Minderheitenrechte beziehen sich auf Einheimische. Aber Sie kämpften ja immer für Überfremdung zwecks Nationsbeseitigung.
Dirk, der Typ sieht seine Existenzberechtigung im “alle sind gleich”-Schwurbeln. Darum langweilt er so.
“Für Linke sind angeblich alle Menschen gleich. Für mich nicht. Die Wahnvorstellung von der Gleichheit aller Menschen muss unweigerlich in die Diktatur führen. Das Gebot pflanzlicher, tierischer und menschlicher Vielfalt kann nur garantiert werden, wenn sie dort, wo sie ihre Wurzeln hat, gehegt und gepflegt wird.”
“Für Linke sind angeblich alle Menschen gleich. Für mich nicht.”
Ihre Bemerkung zeigt, dass Sie ein kleiner, erbärmlicher Mensch sind. 😉
Oho! Das Zitat ist vom Bundesverdienstkreuzträger Hans-Henning Paetzke!
“Für Linke sind angeblich alle Menschen gleich. Für mich nicht. Die Wahnvorstellung von der Gleichheit aller Menschen muss unweigerlich in die Diktatur führen. Das Gebot pflanzlicher, tierischer und menschlicher Vielfalt kann nur garantiert werden, wenn sie dort, wo sie ihre Wurzeln hat, gehegt und gepflegt wird.”
Ihre Bemerkung zeigt, dass Sie verblödet und ideologisch borniert sind. Denken Sie nach, bevor Sie andere kritisieren.
Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Menschen. Es gibt Menschen, die eine hohe Bildung genossen hatten, und andere, die dieses Privileg nicht hatten.
Sie, D R, reden hingegen von Völkern und haben Paetzke schlicht und einfach nicht verstanden.
Mal ein anderes Zitat:
“Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht wegen der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.”
Dr. Martin Luther King
Übertragen bedeutet dies, dass Sie, Herr D R, nicht nach ihrer Volkszugehörigkeit, sondern nach Ihrem Charakter beurteilt werden. 😉
Ich bleibe dabei, wie hier ein paar Leute andere beleidigen , ist einer Diskussion nicht würdig. Haben Sie das wirklich nötig ?
Ganz richtig!
Die kommunistischen Gleichheitstypen hacken ungarische Websites, um den N*egerwitzerzähler Marki-Zay zu unterstützen:
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/hacker-ungarn-orban-medien/
Hier nochmal der Witz
https://www.youtube.com/watch?v=pUlIAlx7Im0
„Nun, da ist ein süßer Witz. Den kennen Sie sicher, Stevie Wonder und eben Ray Charles kennen ihn auch. Laut Witz wird Stevie Wonder in einem Interview gefragt, wie es ist, blind zu sein? Er sagt: es ist immer noch besser blind zu sein, als ein Néger zu sein.“ (leicht verkürzt übersetzt)
Und Sie verstehen so etwas als Witz?
Die Leute von Jobbik und der Kandidat von Alex Hatzig, der diesen peinlichen Witz erzählt hat. verstehen diese Worte als Witz. Sie können den Witz als Dummheit bezeichnen. Entscheidend ist, wer ihn erzählt hat, dass er rassistisch ist. Und noch entscheidender ist, dass im Westen keiner von diesem Vorfall erfährt, weil er natürlich zeigt, was für ein Sauhaufen da an die Macht will. Aber bitte, sie können sich ja weiterhin blöd stellen und denjenigen, der über diesen “Witz” aufklärt, als Freund es “Witzes” diffamieren. Mir schein jedenfalls, das Sie das versuchen.
Das mit den linken Hackern geistert seit einiger Zeit in den Orban Medien, da gibts aber keinerlei Beweise dafür. Genauso wenig wie für die anderen Diffarmierungen. Wahlkampf, nur mit Dreck schleudern, kann man auch so machen. Wenig über Programme, wie der ganze Müll hier ohne EU Gelder mit einer in Aussicht stehenden Rezession, bezahlt werden soll. Hier nur den Negerwitz in den Vordergrund zu stellen, halte ich auch nicht für der Weisheit letzter Schluss. Ich kann dem Oppositionsbündnis nicht viel abgewinnen, weil das Programm welches sie vorstellen, eine wirtschaftliche Katastrophe wäre. Aber ebenso wenig, Flüchtlinge nach Ihrer Hautfarbe zu katalogisieren !