Essay über die geistig-kulturelle Bedeutung Europas
Heiligtum der freien Individualität
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Angesichts des immer weiter vorangetriebenen Integrationsprozesses auf allen Ebenen der EU fürchten viele Europäer einen nicht mehr zu vertretenden Verlust der nationalen Souveränität und, damit einhergehend, der demokratischen Legitimität. Berechtigten Sorgen wird jedoch mit dem Argument begegnet, dass die Zeit der Nationalstaaten mit ihren zerstörerischen Egoismen und einer damit verbundenen Kriegsgefahr historisch abgelaufen sei.
Gleichzeitig befürchten viele Europäer, dass sie aufgrund der demographischen Entwicklung und der weiterhin stattfindenden Masseneinwanderung zu Minderheiten in ihren eigenen Ländern werden könnten. Die im Westen vorherrschende multikulturelle Ideologie scheint dieser Perspektive durchaus Recht zu geben.
So äußerte etwa der deutsch-amerikanische Harvard-Dozent Yascha Mounk Anfang 2018 ganz ungeniert in den Tagesthemen, dass „wir“ nun ein „historisch einzigartiges Experiment“ wagen würden, das darin bestünde, „eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln“. Ob dies tatsächlich funktionieren werde, wisse er nicht. Schließlich handelt es sich um ein Experiment. „Wir wissen nur, dass es funktionieren muss“, meinte er bereits 2015 gegenüber dem Spiegel.
Das nächste Experiment
Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, dass unzählige Menschen noch immer in ihrer jeweiligen Heimat, ihrer Kultur und Identität zutiefst verwurzelt sind, und also auch nicht bereit sind, Volk und Nation einfach aufzugeben. Das offenbar von üblen Ressentiments und Vorurteilen betriebene „Experiment“ wurde ohne Rücksprache mit dem Souverän beschlossen und wird nun ebenso bedenken- wie herzlos über die Köpfe der Menschen hinweg durchgeführt.
Dabei handelt es sich nicht einfach nur um die Förderung von kultureller Vielfalt, die an sich doch sehr zu begrüßen ist. Es geht wohl um eine tiefgreifende Umwandlung der europäischen Gesellschaften und, wie es leider aussieht, um eine tatsächlich anvisierte Abschaffung der Nationen. Bereits Walter Hallstein, erster Präsident der Europäischen Kommission, hat ausgesprochen, wohin die Reise auch heute noch gehen könnte: „Die Abschaffung der Nation ist die europäische Idee.“
Ist es wirklich verwunderlich, dass man sich in Ostmitteleuropa für diese Art der Menschheitsbeglückung nicht allzu sehr erwärmen kann? Immerhin hat man gerade erst vor wenigen Jahrzehnten das kommunistische „Experiment“ hinter sich gebracht. Unter „Europa“ und der „europäischen Idee“ könnte man sich wahrlich auch etwas anderes vorstellen.
Ein tragisches Lebensgefühl
Wie unzählige Europäer fühlen wir heute, dass der Untergang der europäischen Völker, oder doch zumindest ihr Sturz in die völlige Belanglosigkeit, eine reale Gefahr darstellt. So bemächtigt sich ein tragisches Lebensgefühl unserer Herzen, da uns wieder zu Bewusstsein kommt, wie prinzipiell alles, was wir lieben, von der Geschichte hinweggefegt werden könnte.
Dabei sind wir oft nicht in der Lage, mit aller Deutlichkeit zu begründen, warum der „Untergang des Abendlandes“ so furchtbar wäre. Mit welchem Recht bekennen wir uns denn eigentlich, als würde unser eigenes Wesen damit zusammenhängen, zur eigenen Geschichte? Wie kommen wir auf den verwegenen Gedanken, dass wir unsere jüdisch-christlichen Wurzeln auch weiterhin pflegen sollten? Und warum fühlen wir, dass unsere abendländische Kultur so wertvoll ist, dass sie es mehr als verdient hätte, eine Zukunft zu haben?
„Liebe kennt kein Warum“, schrieb Meister Eckhart. Und tatsächlich, ohne die Liebe zu diesem Europa würde es sich kaum lohnen, auch nur eine einzige Zeile darüber zu schreiben. Wollen wir dem Untergang der europäischen Zivilisation jedoch ernsthaft entgegenwirken, sollten wir klar erkennen, was genau auf dem Spiel steht. Wollen wir ihr geistig-kulturelles Leben besser verstehen, um es in diesen stürmischen Zeiten ans rettende Ufer hinüberzuretten, sollten wir uns auch mit der tieferen geistigen Realität Europas in Verbindung setzen.
Völker sind keine Blutsgemeinschaften
Woran liegt es, dass Menschen, die sich für den Erhalt ihrer Völker und Nationen einsetzen, als Rassisten diffamiert werden? Zweifellos daran, dass auch die Nationalsozialisten Völker als Blutsgemeinschaften definiert haben. Wer also Völker ablehnt, weil er Rassismus fürchtet, wird in den meisten Fällen selbst über einen rassistischen Volksbegriff nicht hinausgekommen sein: ein dilettantischer Trugschluss!
Also sollten wir uns fragen, wie die heutigen Völker Europas eigentlich entstanden sind. Die Antwort ist ganz einfach: durch die Vermischung germanischer Stämme mit der jeweils einheimischen Bevölkerung im Zuge der Völkerwanderung. Während die Stämme, in denen sich jeder als unselbstständiges Glied der ihm übergeordneten Ganzheit des Stammes empfand, noch reine Blutsgemeinschaften waren, ist das Verbindende bei den modernen Völkern Europas eben nicht die körperliche Abstammung. Vielmehr beruht es auf seelischen Gemeinsamkeiten, auf seelischen Eigentümlichkeiten, die u.a. auch in der Sprache zum Ausdruck kommen – in der Bildung der Worte, in der Grammatik, in Redewendungen und Bildern.
Die europäischen Völker neigen, genau wie alle anderen auch, zu einer ganz bestimmten Art des kommunikativen Miteinanders, des gedanklichen, künstlerischen und religiösen Strebens. In Dichtung und Literatur verschaffen sie sich zum Teil ihren höchsten künstlerischen Ausdruck, in Musik und Malerei können ihre seelischen Eigentümlichkeiten erkannt werden. Es handelt sich um historisch gewachsene Gesellschaften, die als Kulturen sämtliche Lebensbereiche prägen – die bewussten, sichtbaren, wie auch die unsichtbaren, un- oder unterbewussten.
Nationale Kulturen und kulturelle Vielfalt
Kulturen wiederum sind im Zuge der Sozialisation verinnerlichte Systeme von Ideen und Werten, Überzeugungen und Meinungen, gemeinsamer oder ähnlicher emotionaler Haltungen und Verhaltensdispositionen. Völker, da sie über eine gemeinsame Kultur verfügen, an der man sie leicht erkennen kann, sind also nichts mehr und nichts weniger als Kulturgemeinschaften.
Das bedeutet weder, dass sie monolithisch geschlossen wären, noch dass sie statisch den Status quo erhalten könnten. Ganz im Gegenteil sind sie wie alles Lebendige in ständigem Fluss, immer in Bewegung. Sie zeichnen sich, nicht zuletzt durch die Trennung von Religion und Politik, durch eine große Offenheit aus und ermöglichen somit erst die kulturelle Vielfalt. Alles andere würde, wie Bassam Tibi in „Europa ohne Identität“ schreibt, „zu einer seelischen und geistigen Verarmung führen“. Minderheiten sind selbstverständlich willkommen und können sich, insofern sie die Gesetze des jeweiligen Landes respektieren, auf ihre eigene Weise entfalten.
Die Nation als Reich des Geistes
Zu beachten ist, dass der Übergang von der Blutsgemeinschaft des Stammes zur Seelen- und Kulturgemeinschaft des Volkes mit einer wachsenden Eigenständigkeit des Einzelmenschen einherging. Der Einzelne erlebt sich zwar als Angehöriger „seines“ Volkes, in seiner charakterlichen (Weiter-)Entwicklung ist er jedoch nicht zwingend von ihm abhängig: In den gemeinsamen Seeleneigentümlichkeiten stehen ihm gewiss bestimmte seelische Veranlagungen zur Verfügung. Er kann sie naiv ausleben, ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen; er kann sie aber auch ganz bewusst ergreifen, in ihrer Einseitigkeit erkennen und im Erfassen anderer Kulturen ergänzen und bereichern. So sehen wir es exemplarisch bei Goethe und Schiller, die Bildung u.a. als Vervollkommnung ihrer seelischen Qualitäten betrachteten.
Das Volk als Geistes- und Kulturgemeinschaft steht also nicht über dem einzelnen Menschen, es bietet ihm einfach nur den kulturellen Boden, auf dem er sich als Individuum in einer bestimmten Richtung entwickeln kann. Die von manchen angestrebte „Überwindung“ der Völker würde den einzelnen Menschen also keinen Freiheitsgewinn bringen, sie würde sie lediglich in eine völlige Orientierungslosigkeit stürzen. Nicht die Abschaffung der europäischen Völker sollte also das Ziel sein, sondern ein tieferes Verständnis ihrer Eigenarten als integrale Bestandteile der gemeinsamen europäischen Zivilisation.
Selbst der Gründer der Paneuropa-Bewegung Richard Coudenhove-Kalergie, dem oft vorgeworfen wird, er habe die Auslöschung der Völker und Nationen herbeigesehnt, schreibt in „Pan-Europa“: „Die Nation ist ein Reich des Geistes; alle moderne Kultur in Europa ist national; es muss also jeder, der Ehrfurcht empfindet vor dem Geist – auch Ehrfurcht empfinden vor dem nationalen Gedanken.“
Das gemeinsame europäische Erbe
„Überall, wo die Namen Caesar, Gaius, Traian und Vergil, überall, wo die Namen Moses und Paulus, überall, wo die Namen Aristoteles, Platon und Euklid zugleich eine Bedeutung und eine Autorität gehabt haben, da ist Europa. Jedes Volk und jedes Land, das nacheinander romanisiert, christianisiert und in Bezug auf seinen Geist den Lehren der Griechen unterworfen wurde, ist vollständig europäisch“, schrieb Paul Valéry in seiner Abhandlung „L’Européen“.
Die ganz spezifische Verbindung von jüdischer, antiker und christlicher Tradition als Ursprung unserer Werte und Glaubensvorstellung bilden die Grundpfeiler der gemeinsamen europäischen Zivilisation. Gemeinsam haben sie „über Jahrhunderte unsere gesamte politische und moralische Lebenswelt durchtränkt, ja erst hervorgebracht“, schreibt David Engels in „Renovation Europae“.
Die Geburt Europas geht auf das antike Griechenland zurück, als das mythische Erleben der Welt von der Fähigkeit abgelöst wurde, in klaren Begriffen und Ideen zu denken. „Damit“, so der Philosoph Herbert Ludwig, „erwachte das Vermögen des logischen Verstandesdenken, durch das sich der Mensch in seinem Bewusstsein aus dem reinen Verwobensein mit der Welt innerlich herauslösen und sich ihr gegenüberstellen konnte. Aus diesem neuen Bewusstsein ging die großartige griechisch-römische Kultur hervor.“
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit
Ihre Fortsetzung fand die Geschichte Europas in Papsttum und Feudalismus, Renaissance und Humanismus, Reformation und Gegenreformation, Absolutismus und Aufklärung, Parlamentarismus, Industrialismus, Nationalismus und Sozialismus. Ebenso beteiligen sich alle europäischen Völker und Nationen an den verschiedenen Kunstrichtungen in Malerei, Literatur und Musik in Europa: Barock, Rokoko, Romantik, Realismus und Naturalismus, Impressionismus, Expressionismus und so fort.
Der stärkste Impuls für das Loslösen der Individualität von den Blutszusammenhängen geht dabei zweifellos vom Christentum aus. Der Mensch ist aufgerufen, sich zu seinem innersten Wesen zu erheben, zu seiner geistigen Individualität, seinem rein menschlichen Ich, in dem er mit allen Menschen gleich und brüderlich verbunden ist und in dem er sich durch die Erkenntnis von allen Bindungen frei machen kann.
Dieser christliche Impuls, der auch in den Idealen der Französischen Revolution von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zum Ausdruck kam, liegt als „innere, gegen alle Widerstände gärende und treibende Kraft der ganzen geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung der europäischen Völker zugrunde“, schreibt Herbert Ludwig. Dieser gemeinsame Strom des geistig-kulturellen Lebens zeigt sich nun wie durch ein Prisma in den unterschiedlichsten Farben und Schattierungen.
Die menschliche Seele in ihrer Differenziertheit
Ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der spezifischen Unterschiede zwischen den europäischen Völkern liegt in unserer seelisch-geistigen Natur: Auch wenn wir uns selbst und die Welt stets mit unserer ganzen seelischen Einheit erleben, so leben wir tendenziell doch stärker in der einen oder anderen Seelenqualität, wobei neben der individuellen Anlage und Lebensphase auch die kulturelle Prägung, also die jeweilige Volkszugehörigkeit, eine wichtige Rolle spielt.
Reagieren wir auf unsere Wahrnehmungen innerlich vor allem mit Empfindungen und Gefühlen, wird auch unser seelisches Erleben generell von starken Empfindungen geprägt sein. Versuchen wir das Wahrgenommene zu analysieren, trachten wir danach, das Empfundene denkend zu durchdringen, leben und erleben wir mehr aus dem Verstand heraus.
Wir erleben uns umso deutlicher als selbstbewusstes, in sich gegründetes Individuum, sobald wir uns stärker mit der physischen Welt auseinandersetzen und bestrebt sind, auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu schließen. Wendet sich unser Blick jedoch auf unser eigenes, wesenhaftes Ich, mögen wir unseren innersten Seelenkern erfassen: die geistige Individualität. Vielleicht sind wir aber auch bestrebt, über das Individuelle hinaus immer mehr in eine Sphäre brüderlicher Gemeinsamkeit vorzustoßen.
Unter Berücksichtigung, dass mit dem wachsenden Erwachen der menschlichen Individualität zu sich selbst, zu seiner Unabhängigkeit und Freiheit seit dem 15. Jahrhundert die Menschheit allgemein das individuelle Bewusstsein ausbildet, so können wir doch die tieferen Ursachen für die Unterschiede zwischen den europäischen Völkern und ihren Kulturen in den deutlich zu unterscheidenden Seelenschichten erkennen.
Zusammenklang der europäischen Kulturen
So wie bei den einzelnen Individuen verschiedene Seelenschichten vorherrschen, so prägen diese auf unterschiedliche Weise auch das Leben und die Kultur der europäischen Völker. Bei manchen, beispielsweise den Italienern und Spaniern, finden wir tendenziell die Empfindungsseele im Vordergrund stehend, bei den Franzosen mehr die Verstandesseele, bei den Engländern ganz besonders die Bewusstseinsseele, andere versuchen sich wie die Deutschen besonders während der Goethe-Zeit primär in der zentralen Ich-Kraft selbst zu ergreifen, bei wieder anderen bereiten sich, wie bei den slawischen Völkern, zukünftige Entwicklungsstufen vor.
Dabei zeigt sich auch, wie jedes Volk eine gewisse Einseitigkeit des seelischen Menschen auslebt. Das vollständige Seelenwesen des Menschen ist bei jedem Einzelnen noch nicht vollkommen realisiert, ganz gleich in welchem Volk er auch lebt. „Erst die Gesamtheit der europäischen Völker stellt“, so Herbert Ludwig, „prophetisch das vollkommene seelische Menschenwesen dar.“
Die seelische Besonderheit jedes Volkes bedarf in diesem Sinne der Ergänzung durch die der anderen. Als Europäer sollten wir also danach streben, von unseren europäischen Nachbarn zu lernen, uns inspirieren und berühren zu lassen, uns durch sie zu bilden und weiter zu entwickeln, um uns in unserem individuellen Menschsein immer weiter zu vervollkommnen.
Jedes Volk dieser wunderbaren europäischen Zivilisation verkörpert eine ganz bestimmte seelische Gestaltungsmöglichkeit und erfüllt innerhalb dieses zusammenwirkenden Ganzen eine bestimmte, ganz und gar unverzichtbare Funktion für die Entfaltung der geistigen Individualität.
Europa – ein Abbild des Menschen
Wenn die Europäische Union die europäische Geschichte verleugnet, wenn sie sich, mit offensichtlichem Desinteresse, ja, teilweise mit offener Verachtung für die geistig-kulturelle Bedeutung der europäischen Zivilisation, einzig und allein auf universalistische Werte beruft, so bringt sie damit zum Ausdruck, dass sie dem eigentlichen Europa den Rücken gekehrt hat. Wen wundert es, wenn sich ihrerseits immer mehr Menschen, gerade auch wahre Europäer, von der heutigen EU und ihrer geschichtsvergessenen Selbstverleugnung abwenden?
Seinem Wesen nach ist Europa ein historisch gewachsener Kulturraum, in dem die einzelnen Völker unterschiedliche seelische Begabungen aufweisen und entsprechend verschiedene Kulturen hervorgebracht haben, die in ihrer zivilisatorischen Gesamtheit einen seelisch-geistigen Organismus bilden. In diesem Sinne stellt Europa ein wundervolles Abbild des freien Menschen dar.
Zu Freiheit und Selbstbestimmung werden wir uns als Europäer umso mehr verwirklichen, wenn wir die jeweils besondere seelische Veranlagung des eigenen Volkes wie auch die der anderen Völker und ihrer Kulturen erkennen und verstehen lernen. Ein wahres friedliches Zusammenleben der Europäer wird schließlich erst durch dieses wechselseitige Verständnis, der daraus entstehenden Wertschätzung und dem Bewusstsein der Komplementarität innerhalb Europas entstehen.
Die unverzichtbaren Nationen
Welch eine Katastrophe also, wenn auch nur eines dieser Völker, wenn auch nur eine dieser Kulturen zum Verschwinden gebracht werden würde! Welch ein schrecklicher Verlust, wenn die mit den unterschiedlichen Völkern Europas verbundene kulturelle Vielfalt eingeebnet und uniformiert werden würde! Ist es nicht mehr als verständlich, ist es nicht überaus menschlich, wenn sich unzählige Menschen in Europa Sorgen um ihre Heimat machen, wenn sie sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgen, weil sie jeden Tag erleben müssen, wie das gemeinsame Erbe mit Füßen getreten und ein katastrophaler Verlauf der Identitäts-, Wirtschafts-, Kultur-, Politik- und Migrationskrisen immer wahrscheinlicher wird?
Auch der nationale Chauvinismus wird nicht durch die unbarmherzige Förderung eines die Kulturen geringschätzenden Internationalismus aus der Welt verschwinden. Auch der Rassismus wird sich nicht in Luft auflösen, indem man einfach behauptet, dass Völker in Wirklichkeit nicht existieren. Vielmehr sollten die Menschen darüber aufgeklärt werden, dass es sich um offene Kulturgemeinschaften handelt, dass sie sich als solche ergänzen und Teil der großen Menschheitsfamilie sind. Da sie keine Blutsgemeinschaften sind, ist es ganz selbstverständlich, dass Völker ethnisch durchmischt sind. Das waren sie schon immer und auch in Zukunft werden sie sich immer weiter durchmischen.
Selbstverständlich profitiert eine Gesellschaft – im Rahmen der demokratisch-freiheitlichen Grundordnung, der säkularen Demokratie – von Pluralismus und kultureller Vielfalt. Warum aber sollten sich die europäischen Völker damit abfinden, Versuchskaninchen zu werden, nur um den Anforderungen einer intoleranten multikulturellen Utopie gerecht zu werden?
Heiligtum der geistigen Individualität
Richtig verstanden sind Völker und Nationen geradezu unentbehrlich, da sie unzähligen Individuen, auch Menschen, die von außerhalb Europas kommen, den kulturellen Boden bereiten, auf dem diese gedeihen, sich weiterentwickeln und ihr ganz persönliches Potenzial entfalten können. Bekämpft man diese historisch gewachsenen Völker, dann führt man geradezu einen Kampf gegen die individuellen Entwicklungsmöglichkeiten der europäischen Menschheit: einen Kampf gegen den Geist und die Kultur Europas.
Was sollen wir also tun? Die Sorge um das Abendland, die Liebe zu jedem einzelnen Volk und seiner Kultur, zu jeder einzelnen Nation sollte von der reinen Gefühlsebene ins klare Bewusstsein gehoben werden. Als Europäer sind wir Träger einer Zivilisation, die auf allen Gebieten des menschlichen Daseins Großes geleistet hat, eine Zivilisation, die – durchflutet von einer Kraft, die zur Entfaltung der freien Individualität drängt – berufen ist, auch in Zukunft Großes zu leisten. In diesem Sinne ist auch die Grenze kein abzuschaffender Archaismus: sie ist eine lebenswichtige Voraussetzung.
Europa ist ein Heiligtum der freien Individualität; die Kulturen der Völker und Nationen sind wie Tempel, in denen wir jeweils unterschiedliche Fähigkeiten unserer selbst zur Entfaltung bringen können. Lassen wir unsere Kulturen wieder erblühen, verbreiten wir das Bewusstsein, dass unsere nationalen Kulturen eng und unentwirrbar zusammenhängende Bestandteile eines großen und einheitlichen Ganzen sind – der einen europäischen Zivilisation.
Grandios erfasst und formuliert:
Woran liegt es, dass Menschen, die sich für den Erhalt ihrer Völker und Nationen einsetzen, als Rassisten diffamiert werden? Zweifellos daran, dass auch die Nationalsozialisten Völker als Blutsgemeinschaften definiert haben. Wer also Völker ablehnt, weil er Rassismus fürchtet, wird in den meisten Fällen selbst über einen rassistischen Volksbegriff nicht hinausgekommen sein: ein dilettantischer Trugschluss!
Kulturen wiederum sind im Zuge der Sozialisation verinnerlichte Systeme von Ideen und Werten, Überzeugungen und Meinungen, gemeinsamer oder ähnlicher emotionaler Haltungen und Verhaltensdispositionen.
Der stärkste Impuls für das Loslösen der Individualität von den Blutszusammenhängen geht dabei zweifellos vom Christentum aus. Der Mensch ist aufgerufen, sich zu seinem innersten Wesen zu erheben, zu seiner geistigen Individualität, seinem rein menschlichen Ich, in dem er mit allen Menschen gleich und brüderlich verbunden ist und in dem er sich durch die Erkenntnis von allen Bindungen frei machen kann.
Wen wundert es, wenn sich ihrerseits immer mehr Menschen, gerade auch wahre Europäer, von der heutigen EU und ihrer geschichtsvergessenen Selbstverleugnung abwenden?