Mancika hat neue Verwendungs­möglichkeiten für Weinkorken entdeckt.

Schmuckdesignerin Anna Kocsis

Die fabelhafte Welt der Mancika

Beginnt Anna Kocsis, genannt Mancika, über ihr Label „Mancika Designs” zu sprechen, fühlt man sich als Zuhörer in eine andere Welt versetzt. Für Mancika ist ihre Umgebung eine Schatzgrube, die nur darauf wartet, von ihren kreativen Händen in Alltagskunstwerke verwandelt zu werden.

Mit ihrem dunklen Haar und dem dicken Pony besitzt die 38-jährige Anna Kocsis eine fast unerhörte Ähnlichkeit zur bezaubernden Hauptdarstellerin des Films „Die fabelhafte Welt der Amelie”, Audrey Tautou. Ihr zeitloser Look scheint über Raum und Zeit erhaben zu sein, und so sind auch ihre Schmuckkreationen etwas ganz Besonderes.

Die Liebe zu alltäglichen Materialien

Obwohl sie in Australien aufgewachsen ist, spricht Mancika perfekt Ungarisch: „Wir haben zuhause Ungarisch gesprochen, und alle zwei, drei Jahre sind wir mit meiner Mutter für mehrere Monate nach Ungarn gekommen.” Mancika ging in dieser Zeit in der Hauptstadt Budapest zur Schule, „aber ich war immer die Außenseiterin aus Australien”, erzählt sie lachend.

Ihre Liebe zum Up- und Recycling sowie der Ökoaktivismus waren schon immer Teil ihres Lebens: „Mein Kinderzimmer sah aus wie ein Museum, überall Collagen und Decoupage-Bilder, es gab kein Fitzelchen Weiß mehr an der Wand.”

Mit 18 Jahren zog es Anna für drei Jahre nach Ungarn. Später ging sie aber mit ihrem damaligen Mann – und schwanger mit Zwillingen – zurück nach Australien.

„In Sydney kam es vor, dass auch hochwertige Möbel als Sperrmüll auf der Straße landeten. Ich sammelte ein paar ein und decoupierte sie.” Dabei klebt Anna farbige Papierausschnitte auf die Oberflächen auf. Doch Möbel wurden ihr bald zu langweilig, kleinere und vor allem kompliziertere Oberflächen mussten her. Eine kurze Weile lang vertrieb sie sich die Zeit mit dem Decoupieren von Alltags- und Gebrauchsgegenständen, aber das wurde Anna schnell zu einfach. „Da kam mir die Idee, mit Korken zu arbeiten. Ich trinke gerne Wein, deshalb ergab sich das so”, gesteht sie lachend.

Aus verschiedensten Korken fertigt sie nun vor allem Ohrringe. Dafür schneidet sie klassische Weinkorken in Scheiben und beklebt sie mit bunten Papierstückchen. Diese Stecker geben ebenso einen Blickfang ab, wie die auffälligen Hänger aus Sektkorken.

 

Doch Anna arbeitet nicht nur mit Papier: „Manchmal bekomme ich von Freunden alten Schmuck oder ich kaufe auf Flohmärkten gebrauchten Modeschmuck, den ich wiederverwerte. Es wird so viel Tand und Klimbim gebraucht, warum sollte ich so etwas neu kaufen?”

Die Kreationen der 38-Jährigen fallen auf: „In Australien haben mich Menschen oft auf meine Accessoires angesprochen, hier in Ungarn fehlt ein wenig der Mut zur Extravaganz.”

Erst in den vergangenen ein bis zwei Jahren seien die ungarischen Kunden etwas mutiger geworden, findet Anna.

Immer neue Wege entdecken

Obwohl Anna von Kindesbeinen an klebt, kleistert und dekoriert, ist es ihr wichtig, ihre Technik und ihr Wissen stets zu verbessern und zu vertiefen. Oft lernt sie durch Versuche: „Ich bin stur, ich will Dinge für mich selbst herausfinden und ausprobieren.”

Wenn sich Anna an die Arbeit macht, dann überlegt sie sich zuerst eine Farbkombination und reißt die gewünschten Farben in kleine Papierschnipsel. Nun beginnt die Feinarbeit. Jedes einzelne Papierfetzchen wird von Hand aufgeklebt.

Manchmal geben ihr andere Künstler wichtige Tipps. So auch vor Kurzem: „Ein Bekannter von mir wies mich auf einen neuen Kleber hin. Bisher hatte ich immer Schwierigkeiten damit, Kork und Papier zu verbinden.” Das Ergebnis dieser neu gefundenen „Verbundenheit“ sind kleine, kreisrunde Ohrringe. Mit denen trifft Mancika den Geschmack ihrer ungarischen Kundinnen. Mittlerweile denkt die Schmuckmacherin auch in Kollektionen: „Derzeit habe ich aus einer Farbwelt fünf Ohrringvarianten.” Diese fertigt Anna im heimischen Schlafzimmer, in ihrer kleinen Werkstattecke an – aus den Materialien, die sie gerade zur Hand hat. Frei nach dem Motto: „Arbeite mit dem, was du hast.”

Neben drei Kindern hat Anna ihr Hobby zum Nebenjob gemacht: „Früher habe ich so gearbeitet, dass ich abends, wenn die Kinder im Bett waren, eben meine Ohrringe gefertigt habe, statt fernzusehen.” Doch vor rund einem Jahr erlebte die Schmuckdesignerin einen inneren Wandel: „Plötzlich erkannte ich, dass ich mich einfach nicht mehr davon zurückhalten lassen will, dass den Ungarn mein Schmuck zu viel ist. Dann habe ich eben versucht, mich an die Expats zu wenden.” Die kreative Australierin sagte sich selbst: „Du musst einfach an dich glauben. Klar, ich habe keine himmelhohen Erwartungen, dass ich irgendwann zu 100 Prozent davon leben kann, aber ich werde mutiger.”

„Überall gibt es Grenzen”

Das Material bestimmt bei Mancika den Prozess und das Endprodukt. Oft hat sie Materialien vor sich liegen und entscheidet dann, was machbar ist: „Ich kaufe nichts direkt dazu und nutze nur, was ich aus Second-Hand-Läden und von Freunden bekomme.”

Ihr kleines Arsenal an Perlen und Accessoires bietet ihr mittlerweile genug Munition, um sich dabei ganz auszuleben. Schon als Kind zeichnete sich Anna durch ihre Kreativität und ihren eigenwilligen Stil aus. Über die Monate, die sie als Kind in Ungarn verbracht hat, sagt sie: „Das Offensichtlichste, das mich von meinen Altersgenossen unterschied, war meine Kleidung. Gegen Ende der 80er-Jahre war Ungarn modisch noch sehr im Osten gefangen, ich kam aus Australien und war viel freier.”

Obwohl sie gerne hier lebt, gibt es Dinge, die Mancika einfach nicht nachvollziehen kann: „Als wir neulich mit meinem kleinen Sohn auf dem Spielplatz waren, hörte ich zwei andere Mütter ihre Söhne ausschimpfen, dass sie nicht mit Stöcken spielen und sich ihre Sachen schmutzig machen sollen. Warum können Kinder nicht einfach frei spielen? Überall gibt es Grenzen.”

Und noch etwas ist der Zugezogenen aufgefallen: „Mein Lebensgefährte ist Sänger in einem Chor, und neulich, bei einem Konzert in einer Kirche, fiel mir auf, dass irgendwie alle älteren ungarischen Damen kurze Haare haben und nur gedeckte Farben tragen.”

Aber zum Glück, so findet die Kreativbombe, zeigen sich auch hier langsam zarte Änderungen: „Vielleicht kommt mein Schmuck auch deswegen immer besser an.“

Mehr Informationen zu den Kreationen von Anna Kocsis finden Sie auf www.mancikadesigns.com.

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