Rumänien im Kommunismus
Das Schicksal der Dissidenten
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Die rumänische Untersuchungskommission hat einen Bericht über den Zeitraum 1968-1989 veröffentlicht. Dieser wurde vom Nationalen Rat verfasst, der die Archive der berüchtigten kommunistischen Geheimpolizei „Securitate“ untersucht. Während des Berichtszeitraums verließen etwa 97.000 rumänische Staatsbürger das Land illegal, von denen 25.500 über die grüne Grenze entkamen und 71.500 einfach von Auslandsreisen nicht nach Rumänien zurückkehrten. Letztere verfügten über Pässe und verließen das Land zum Besuch von Verwandten, zu offiziellen Missionen, Ausflügen, Sportveranstaltungen, medizinischer Behandlung usw. Die Möglichkeiten zur offiziellen Ausreise wurden in den 1980er Jahren gerade deshalb schrittweise eingeschränkt.
Rumänen in der Mehrheit
Der Anteil der verschiedenen Nationalitäten an den Geflüchteten war wesentlich höher als ihr Anteil an der Bevölkerung: Etwas mehr als die Hälfte (50.400) der Dissidenten waren Rumänen, 24.200 Deutsche und 19.200 Ungarn. Darüber hinaus durften Hunderttausende von Deutschen – die Schwaben aus dem Banat und die Siebenbürger Sachsen – von den 1970er Jahren angefangen gegen Zahlung einer Gebühr offiziell auswandern. Dabei handelte es sich um ein „Kopfgeld“ von Zehntausenden von Mark, das die BRD an die rumänische Regierung im Rahmen dieser Freikauf-Aktion zahlte.
Die meisten Auswanderungsziele lagen in der BRD, aber viele suchten auch Zuflucht in Österreich, Schweden, den USA und Kanada. Das erste Ziel der 1.800 jüdischen Auswanderer war Israel.
Und die Ungarn?
Ungarn war für die Auswanderer nur eine begrenzte Option. Für eine legale Niederlassung und Arbeit waren politische oder familiäre Bindungen erforderlich, da ein sozialistisches Land den Bürgern eines anderen befreundeten Landes kein Asyl gewähren konnte. In der Tat schickten die ungarischen Grenzbeamten bis 1989 alle rumänischen Flüchtlinge in ihr eigenes Land zurück, ohne sich darum zu kümmern, dass ihre ungarischen Landsleute daraufhin einem Strafverfahren ausgesetzt waren.
Flüchtlingslager gab es auf dem Gebiet der Ungarischen Volksrepublik in den Jahren des Sozialismus offiziell nicht. Es gab zwar „Unterkünfte für Personen mit unklarer Identität“, die von Zeit zu Zeit anders bezeichnet wurden.
Die Untersuchungskommission wies darauf hin, dass das 1968 in Kraft getretene Strafgesetzbuch Rumäniens den (versuchten) Grenzübertritt als öffentliche Straftat einstufte und mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 3 Jahren bestrafte.
Die meisten illegalen Flüchtlinge versuchten, über die grüne Grenze in den Westen zu fliehen, vor allem nach Jugoslawien. Denn Titos Land war nur dem Namen nach kommunistisch, in Wirklichkeit stärkte es das Lager der blockfreien Länder. Der Menschenschmuggel funktionierte über gut organisierte Netze. Leider schafften es nicht alle, in die Freiheit zu entkommen: Einige wurden von Grenzsoldaten erschossen, andere, die auf der Flucht gestellt wurden, inhaftiert und gefoltert.