Noch bis zum 16. Juli zeigt das Budapester Museum der Schönen Künste die einmalige Schau „Csontváry 170“. Foto: MTI/ Zoltán Balogh

Museum der schönen Künste: Csontváry 170

Auf der Suche nach dem Licht

Noch bis zum 16. Juli läuft im Budapester Museum der schönen Künste die Jubiläumsausstellung „Csontváry 170“ mit Werken des berühmten ungarischen Malers Tivadar Csontváry Kosztka. Ab dem 1. August wird sie im Pécser Janus Pannonius-Museum zu sehen sein.

Die gemeinsame, „vereinte“ Ausstellung der beiden Museen zeigt einen nie erlebten repräsentativen Querschnitt des Lebenswerkes von Csontváry jeweils drei Monate lang in Budapest und danach in Pécs. Insgesamt 45 Gemälde aus den Sammlungen der beiden Museen sowie als Leihgaben von drei Privatsammlern sind zu sehen, darunter sämtliche Bilder, die dem Hauptwerk des Künstlers zugeordnet werden.

Csontváry war einer der einzigartigsten und bedeutendsten ungarischen Maler. Vor 170 Jahren wurde er in Kisszeben (heute Sabinov in der Slowakei) im selben Jahr wie van Gogh geboren. In ihrem Schicksal und bis zu einem gewissen Grad in ihrer prophetischen Persönlichkeit besteht eine gewisse Verwandtschaft zwischen beiden Malerpersönlichkeiten.

Die Tiefen der menschlichen Seele

Auch Csontváry ist in seinem Kampf um die Überwindung seiner eigenen Dämone in die Tiefen der menschlichen Seele hinabgestiegen. Einige seiner künstlerischen Probleme – wie etwa die Versöhnung von Divisionismus und dekorativer Synthese – waren auch das Anliegen des französischen Postimpressionismus.

Der naive Ton einiger seiner Werke macht ihn zum ungarischen Gegenstück von Henri Rousseau. Csontvárys Symbolismus erinnert an James Ensor und den Surrealismus. Seine Tragischen Schicksale der Menschheit lassen an den Expressionismus denken. Dennoch kann er mit keiner dieser Strömungen identifiziert werden. Seine Kunst wird mit dem Expressionismus und dem Postexpressionismus in Verbindung gebracht, aber in Wirklichkeit gehörte er keiner dieser Bewegungen an.

Meister der Präzision

Er hat seine Werke mit hoher Präzision vorbereitet. So kennt man beispielsweise die Entstehung seines großen Werkes Sturm über der Hortobágy, seines ersten großformatigen Gemäldes.

1903 war er noch in Jajce (Bosnien), wo er den Wasserfall malte. Er setzte sich noch dort mit dem Debrecener Fotografen György Haranghy in Verbindung und überschüttete ihn mit vielen Fragen zur Hortobágy-Puszta. Anfang Juli 1903 schickte Csontváry einen Brief aus Jajce nach Debrecen an diesen Fotografen, den er nicht persönlich kannte. Darin schreibt er, dass er in naher Zukunft die Wildnis der Hortobágy malen möchte, und da er von den ausgezeichneten Hortobágy-Fotos des Fotografen gehört habe, möchte er ihn um weitere Informationen bitten.

Eines des bekanntesten Werke von Csontváry: Die Brücke von Mostar (1903). Foto: Janus-Pannonius-Museum, Pécs

Was ist das Hauptmotiv der Wildnis, wie und wann ist die beste Zeit zum Malen? Er schlägt auch vor, dass er sogar das Porto bezahlen würde, wenn der Fotograf ihm Bilder schicken würde. Aber wenn er es für zweckmäßiger hielte, ihm die Atmosphäre vor Ort zu zeigen, würde er ihn gerne besuchen. Das entstandene Gemälde ist ein imposantes Werk über die Hortobágy mit der gleichnamigen, charakteristischen Brücke.

Das Treffen der Zedern

Der Höhepunkt der gesamten Ausstellung ist sicherlich das Zusammentreffen zweier seiner wichtigsten Werke, die sonst getrennt in Pécs und Budapest hängen – die Einsame Zeder und Die Pilgerreise zu den Zedern in Libanon. Beide sind Zeugnisse seiner 1907 unternommenen Reise in den Libanon.

Sie ist mächtig aufstrebend, bildfüllend, den Himmel mit erfassend – und doch im Wechselspiel zwischen Leben und Tod und der Einsamkeit. Fast surrealistisch erscheint die Einsame Zeder im intensiv hellgrünen Gegenlicht. Der Himmel ist nur so hoch, wie die Zweige der Zeder reichen, dieser Baum ist der Anfang und das Ende.

Die andere Zeder hingegen ist erhaben, beschützend und nahezu mystisch mit tiefem Nachtblau. Hier kommt sein Genie voll zum Ausdruck. Hier vereint er Schöpfung, Dynamik und Metaphysik.

Leuchtende Farben für üppige Szenen

Wie bereits viele Malerkollegen vor ihm vor allem im Impressionismus war auch Csontváry unermüdlich auf der Suche nach dem Licht. Er bereiste verschiedene Regionen des damals noch größeren Ungarn bis an die Adria, weiter auch Italien, Sizilien, Griechenland und das Heilige Land. Dabei fand er leuchtende Farben, die er nicht nur für üppige Szenen seiner bereisten Orte wie Die Ruinen des griechischen Theaters von Taormina einsetzte, sondern sogar für dramatische Nachtszenen wie etwa in der privaten Leihgabe Vollmond über Taormina.

Im Museum gelangt man dann über ein Treppenhaus zu seinem Monumentalbild Baalbek, welches allenfalls noch von der Treppe aus in seiner Gesamtheit zu überblicken ist. Es lohnt sich aber durchaus, einige Details näher zu betrachten. Der alte Fischer ist kleiner als Csontvárys Hauptwerke, aber es ist eines der wenigen, in denen die Darstellung des Menschen dominiert, und es ist auch insofern eine Seltenheit, als es ein besonders düsteres, beunruhigendes Werk ist: Der Fischer steht wie ein stiller Fels am stürmischen Ufer, ein Symbol der Existenz, komprimiert auf einen einzigen Blick.

Vom verkannten Künstler zum Nationalhelden

In den letzten Jahrzehnten ist Csontváry – nach vielen Jahren des Vergessens – zu einem wahren Nationalhelden geworden. Er hat dazu auch alle notwendigen Eigenschaften: Er wurde erst nach seiner Zeit gefeiert, sein Kanon ist nicht nur spektakulär, sondern auch einzigartig, und seine Zeitgenossen in der ungarischen Gesellschaft behandelten ihn wie erstaunlich viele spätere Nationalhelden: sie verspotteten und demütigten ihn.

Als er 1919 starb, retteten sein Bruder und der Architekt Gedeon Gerlóczy seine Bilder, und bewahrten sie bei sich zu Hause auf. 1953 wurde auf dem Friedhof von Óbuda das Grab von ihm aufgelöst. Erst 1958 fand in Székesfehérvár die erste größere Ausstellung mit seinen Werken statt. 1975 entstand schließlich in Pécs das Csontváry Kosztka Tivadar Museum. Nach und nach setzte ein bis heute anhaltender verspäteter Ruhmeszug des Genies und seiner Werke ein.

Museumsdirektor László Baán bei der Eröffnung vor Csontvárys Baalbek: „Der vielleicht originellste Meister in der Geschichte der ungarischen Malerei.“ Foto: MTI/ Zoltán Balogh

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