„Was gesund und natürlich ist, kann auch lecker sein!“ Fotos: Corn Oil Press Kft.

Kaltgepresste Öle von der Corn Oil Press Kft.

Von Sonnenblumen- bis Paprikakernöl

Wenn es um Mitbringsel aus Ungarn geht, geht es meist um Paprika, Salami, Wein oder Pálinka. Es gibt hier aber auch ausgezeichnete kaltgepresste Öle. Genau damit beschäftigt sich die Corn Oil Press Kft., die vor 14 Jahren gegründet wurde.

Angefangen hat alles mit einem Marketingprojekt während des BWL-Studiums der Geschäftsführerin Marianna Pinczés. Dabei fiel ihr auf, dass die Weinkellereien massenweise Trester produzieren und nicht so recht wissen, was sie damit anfangen sollen. Als sie mit 18 Jahren ihre Lebensversicherung ausbezahlt bekam, suchte sie nach einer Möglichkeit, das Geld gewinnbringend anzulegen. Zur selben Zeit gab eine Firma ihre Produktion auf, die verschiedene Pressmaschinen besaß. Die Idee war geboren, diese Maschinen zu nutzen, um aus den Traubenkernen Öl herzustellen. Ihre Absicht war es zunächst, aus Rohstoffen, die andere zum Wegwerfen verurteilt hatten, ein verkaufsfähiges, wertvolles Produkt herzustellen, in diesem Fall Gourmet-Lebensmittel, und zwar ohne Abfall.

Ich treffe die Geschäftsführerin in Budapest, auf dem Gelände der Corn Oil Press Kft., zu der seit 2020 auch ein ausgedehnter Permakultur-Garten gehört.

Geschäftsführerin Marianna Pinczés: „Unsere Produkte werden alle im Null-Abfall-Verfahren hergestellt.“

Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag seit der Firmengründung 2009 verändert?

Meine Aufgaben werden immer umfangreicher, aber wenn ich mich nicht mit jedem Thema persönlich herumschlagen würde, könnte ich meine Tage mit Excel-Tabellen verbringen. Doch ich beschäftige mich gerne mit Weiterbildungsmaterial, stimme Richtlinien ab, prüfe, warum die Maschine die Sesamsamen nicht richtig presst, kontrolliere die Bauarbeiten. Mit ein bisschen mehr Einblick ist es leichter, Situationen zu kontrollieren, aber 24 Stunden am Tag reichen nicht aus.

Was stellt Ihre Firma inzwischen alles her?

In unserem Werk in Püspökladány werden mittlerweile 23 verschiedene Kerne, Samen und Nüsse mit speziellen Maschinen gepresst und zu Öl verarbeitet. Neben verbreiteten Ölsorten wie Sonnenblumen- und Maiskeimöl stellen wir auch außergewöhnliche Öle her. Darunter sind beispielsweise Sanddornkernöl, Hagebuttenöl, Mohnöl, Senfkernöl und Paprikakernöl.

Letzteres ist ein absolutes Kuriosum. Dafür werden die als Abfall anfallenden Kerne der Paprika gepresst. Heraus kommt ein tiefrotes, sehr schmackhaftes mildes oder scharfes Öl.

Das erste Abfallprodukt der Ölherstellung ist der Presskern, den wir weiter vermahlen und der zu einem großen Teil als glutenfreies Mehl auf den Markt kommt.

In Szerencs produzieren wir Naturkosmetika. Diese enthalten einen sehr hohen Anteil an kaltgepressten Ölen, die als kosmetische Öle mit hervorragenden positiven Wirkungen für die Haut begehrt sind.

Unsere neueste Produktentwicklung sind die FROT-s. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus hundertprozentigen, vitaminreichen Frucht- und Gemüsepürees und kaltgepressten Ölen mit außergewöhnlichen physiologischen Wirkungen.

Warum legen Sie so viel Wert auf kaltgepresste Öle?

Echte kaltgepresste Öle werden aus ungerösteten Samen gepresst, ohne jegliche Wärmebehandlung oder Zusatzstoffe. Die wertvollen, fettlöslichen Bestandteile der Samen bleiben erhalten und werden problemlos vom Öl aufgenommen. Dieses ist reich an Vitaminen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren und Antioxidantien wie etwa Polyphenole oder Phytosterole. Die kaltgepressten Öle enthalten den Geschmack, die Farbe und den Geruch der ursprünglichen Pflanze beziehungsweise ihrer Samen und eignen sich ausgezeichnet für die moderne, gesundheitsbewusste Ernährung.

Was genau ist das Besondere an Ihren Produkten?

Unsere Produkte werden alle im Null-Abfall-Verfahren hergestellt. Teilweise handelt es sich bei den Ausgangsmaterialien bereits um Abfallprodukte anderer Hersteller.

Dieses Verfahren bedeutet, dass der gesamte Rohstoff und alle Nebenprodukte der Produktion verwendet werden. So wird das dicke, körnige Material, das sich am Boden des gepressten Öls absetzt, als kosmetischer Schlamm oder als Mus verkauft. Das trockene Material, der Presskern, wird weiter vermahlen. Die daraus entstehenden Mehle können als glutenfreie Mehle als Zutat für das Backen von Kuchen und Broten verwendet werden. Andere Mehle werden wegen ihres hohen Proteingehalts und weiterer wertvoller Inhaltsstoffe beispielsweise Müslis oder Smoothies beigemischt.

Was am Ende noch als Abfall anfällt, wird unter Kompost oder Blumenerde gemischt. Eignet sich etwas auch in dieser Form nicht zur Weiterverwendung, führen wir es zusammen mit den Grünabfällen dem Biomassekessel zu, der den Samentrockner und die Fabrik beheizt.

Viele Ihrer Produkte wurden in den vergangenen Jahren prämiert. Auf welche Auszeichnungen sind Sie besonders stolz?

Wir haben sowohl nationale als auch internationale Auszeichnungen bekommen. Am stolzesten sind wir vielleicht auf unsere Great Taste-Sterne. Dabei handelt es sich um den berühmtesten Verkostungswettbewerb der Welt, bei dem die strengen Fachjuroren blind verkosten, es geht nur um Geschmack, Geruch und Beschaffenheit. Jedes Jahr werden tausende von Lebensmitteln und Getränken aus der ganzen Welt zu diesem Wettbewerb eingereicht, aber nur die besten erhalten einen, zwei oder drei Sterne. Seit 2018 haben wir jedes Jahr mehr gewonnen, bis heute sind es insgesamt 21 Sterne! Das ist eine echte Auszeichnung, denn unsere vollständig natürlichen Produkte überzeugen die Jury allein durch ihren Geschmack, unabhängig von Schnickschnack, Verpackungen oder anderen Marketinginstrumenten, und bestätigen unsere Grundthese: Was gesund und natürlich ist, kann auch lecker sein!

Wo kann man Ihre Produkte kaufen?

Wir bieten unsere Produkte, die unter dem Namen GRAPOILA firmieren, seit Beginn online an. Auf der Seite www.grapoila.de ist unser Angebot in deutscher Sprache zu finden.

Seit einigen Jahren beliefern wir Hypermärkte und Supermärkte, Ladenketten (Müller, Spar und Rossmann), Bio-Großhändler (Herbaház) und kleine Bioläden in Ungarn. Außerdem können die Kunden unsere Produkte auch auf verschiedenen gastronomischen Veranstaltungen und Märkten kaufen.

Auf dem Firmengelände wurde vor ein paar Jahren ein Permakultur-Garten angelegt. Wie kam es dazu?

Im Jahr 2020 kauften wir das Grundstück im 22. Bezirk von Budapest, auf dem sich derzeit unser Bürogebäude befindet. Zusammen mit dem ehemaligen Gebäude des Gemüseforschungsinstituts erbten wir ein Gewächshaus und den Teil eines Gartens, der sich in einem eher schlechten Zustand befand. Einer unserer ehemaligen Kollegen war von Beruf Gartenbauingenieur. Er hatte die Idee, einen Permakultur-Garten anzulegen. Er schilderte uns, was Permakultur ist, und wir verliebten uns in die Ideen, die er für unseren Garten hatte.

„Permakultur ist mehr als traditioneller ökologischer Landbau: Es ist ein Planungssystem, das eine nachhaltige Umwelt schafft.“

Permakultur ist mehr als traditioneller ökologischer Landbau: Es ist ein Planungssystem, das eine nachhaltige Umwelt schafft. Es ist ein komplexes Konzept, das alle Elemente der Landwirtschaft und der Umwelt (Pflanzen, Tiere, Topografie, Klima, Niederschlag, Standort, Architektur, Gewohnheiten usw.) berücksichtigt und sie in ein einziges ökologisches System integriert, in dem der Mensch inte­graler Bestandteil ist. Es war nicht schwer, diesen nachhaltigen Ansatz zu übernehmen, da er voll und ganz mit unserer Philosophie und unseren Produktionsprinzipien übereinstimmt. Also machten wir Nägel mit Köpfen.

Heute sind wir bestrebt, diesen Ansatz an andere, insbesondere an die Jugend weiterzugeben, damit wir unsere Markenaktivitäten durch Bildungsprojekte und Projekte zur Übernahme sozialer Verantwortung (CSR) erweitern können. Wir organisieren im Zusammenhang mit dem Garten Veranstaltungen, wie etwa einen Verkauf von selbst gezogenen, chemiefreien Setzlingen. Die Einnahmen daraus dienen dem weiteren Ausbau unseres Gartens. Gleichzeitig versorgt der Garten unsere Mitarbeiter das ganze Jahr über mit saisonalem Bio-Obst und -Gemüse. Für dieses Engagement und unsere Null-Abfall-Produktion wurden wir im Oktober 2021 in Brüssel zu „Nachhaltigkeitshelden“ gewählt.

Wie hat sich Ihr Unternehmen im Laufe der Jahre entwickelt?

Mittlerweile kennen uns immer mehr Menschen, sowohl in Ungarn als auch im Ausland, als Unternehmen, das kaltgepresste Öle produziert. Daran arbeiten wir natürlich jeden Tag, und glücklicherweise zahlt sich unsere Arbeit langsam aus. Lange Zeit beruhte unsere Wettbewerbsfähigkeit darauf, dass wir zu allen Möglichkeiten Ja sagten, was heute manchmal zu mühsam ist.

Jetzt versuchen wir zunehmend, uns auf unsere bestehenden Aktivitäten zu konzentrieren. So erweitern wir ständig unsere Produktpalette, wobei wir in den letzten Jahren bewusst nicht mit der Produktion neuer Öle begonnen haben. Unsere Energie und unsere Aufmerksamkeit verlagern wir heute auf andere Bereiche. So bekommt beispielsweise die Entwicklung neuer Produkte und Technologien – auch für externe Unternehmen – immer mehr Gewicht.

Andere Aktivitäten wie etwa unser Permakulturgarten, offene Angebote und Veranstaltungen, ergänzen sich sehr gut mit dem, was wir schon seit Jahren tun und uns nicht zuletzt wettbewerbsfähiger macht.

Was macht Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten Freude?

Die Tatsache, dass ich mich mit der Gastronomie und mit Lebensmitteln beschäftigen kann. Natürliche Produkte herzustellen, moderne Produktionstechnologien mit perfekter Qualität zu kombinieren, den Umgang mit besonderen Lebensmitteln in der Küche zu lehren, gesunde (und leckere!) Ernährung zu fördern – all das sind Themen, die mir jeden Tag Lust machen, aufzustehen und mich in die Arbeit zu stürzen.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

Wir werden die Produktpalette noch ein wenig erweitern, um das Null-Abfall-Prinzip in Betrieb und Produktion so weit wie möglich einzuhalten, indem wir möglichst hochwertige (Neben-)Produkte herstellen. In diesem Bereich warten noch viele Ideen, die wir gerne umsetzen wollen.

„Wir werden die Produktpalette noch ein wenig erweitern, um das Null-Abfall-­Prinzip in Betrieb und Produktion so weit wie möglich einzuhalten.“

Die Markterweiterung ist in dem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt, denn wir entwickeln und produzieren natürlich nicht um unserer selbst willen, sondern unsere Produkte müssen vermarktet und unsere Produktionskapazitäten ausgelastet werden.

Was möchten Sie in Ihrem Unternehmen noch umsetzen?

Es ist wichtig, zunehmend autonome Systeme aufzubauen, so dass meine persönliche Anwesenheit nicht mehr notwendig ist, denn das behindert auch die Weiterentwicklung.

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