Sammlerleidenschaft
Volvo Laplander C202 aus Ungarn
Versteckt inmitten einer Plattenbausiedlung würde man ein Museum nicht vermuten, zufällig kommen höchstens die Bewohner der umliegenden Häuser vorbei, aber Laufkundschaft ist sicher nicht zu erwarten.
Durch eine Ankündigung in den sozialen Medien wurde ich auf den Tag der offenen Tür im Volvo Laplander Museum in Győr aufmerksam. Meine Neugier war geweckt und ich beschloss, mir das Ganze einmal näher anzusehen, auch wenn ich mit Geländewagen sonst nicht viel am Hut habe.
In den Räumlichkeiten einer ehemals bekannten Traditionsgaststätte erwartete mich und eine bunt gemischte Gruppe von rund 20 interessierten Besuchern Sándor Juhos, der Gründer und Besitzer des Museums. Schon der erste Anblick des Museums faszinierte mich: Auf relativ kleinem Raum sind sieben verschiedene Volvo Laplander Geländefahrzeuge ausgestellt, an den Wänden hängen Fotos, Baupläne und Vitrinen mit diversen interessanten Exponaten rund um den Volvo Laplander.
Geheimnisvolle Auftragsfertigung
Die Geschichte des Volvo Laplander ist besonders interessant, da dieser Ende der 1970er Jahre bis 1981 im ungarischen Automobilwerk Csepel produziert wurde. Bis auf den Motor war alles made in Hungary, was damals natürlich nicht an die große Glocke gehängt wurde. Überhaupt war alles ziemlich geheimnisvoll. Selbst die Fachleute, die in der Fabrik arbeiteten, wussten nicht, woran sie genau arbeiteten.
Sándor Juhos führt durch die Anlage, überhäuft uns mit technischen Daten und interessanten Hintergrundinformationen. Es sprudelt nur so aus ihm heraus. Man merkt ihm an, dass er sich seit Jahren leidenschaftlich mit diesem Thema beschäftigt. Nach kurzer Zeit wird mir klar, dass ich diese Informationsflut nicht sofort verarbeiten kann und noch einmal wiederkommen muss, um ein persönliches Gespräch mit dem Museumsgründer zu führen. So treffen wir uns einige Tage später erneut.
______________________________________________
Erzählen Sie uns bitte die Geschichte Ihrer Sammelleidenschaft, warum gerade Volvo Laplander C202?
Alles begann vor langer Zeit, als ich im Alter von zehn Jahren von einem Verwandten, einem Förster, in einem Volvo Laplander, der damals dem KP-Chef János Kádár gehörte, auf die Jagd mitgenommen wurde. Ich war so begeistert, dass ich mir schon damals in den Kopf gesetzt habe, alles zu tun, um eines Tages ein solches Fahrzeug zu besitzen. Es kam noch besser, denn genau dieser Laplander ist jetzt Teil meiner Sammlung.
Wie konnten Sie dieses Fahrzeug ausfindig machen und schließlich erwerben?
Ich wusste damals nichts über das Fahrzeug, denn es gab weder ein Markenzeichen noch einen Typ, nicht einmal ein Nummernschild. Natürlich war ich neugierig und fragte nach, bekam aber keine befriedigende Antwort, alles war irgendwie undurchsichtig, es war besser, nichts darüber zu wissen.
Also begann ich, in Bibliotheken und Archiven nach Informationen zu suchen. Das war damals ohne Internet ein relativ schwieriges und langwieriges Unterfangen. In den 1990er Jahren sammelte ich dann Spielzeugautos, die dem Laplander nachempfunden waren, Dokumentationen, Baupläne und alles, was ich finden konnte.
1995 las ich in einem polnischen Artikel, dass der besagte Laplander für 4.000 US-Dollar zum Verkauf stand. Daraufhin begann ich, den Weg des Wagens zu verfolgen, der von Pécs über einen Umweg nach Schweden und dann wieder zurück nach Ungarn kam. Ich musste viel Überzeugungsarbeit leisten, bis mir der Besitzer das Auto verkaufte, denn so viel Geld hatte ich anfangs nicht zur Verfügung. Aber ich wollte es unbedingt haben, damit es kein anderer bekommt und vor allem, weil es genau das Fahrzeug war, in dem ich als Zehnjähriger gesessen hatte und das mich unwiderruflich in seinen Bann gezogen hatte.
Dieses Exemplar ist in einem erstaunlich guten Zustand, musste es restauriert werden?
Ja, natürlich, es war nicht einfach, aber es ist mir gelungen, meinen „Lieblings-Laplander” – in Schweden übrigens liebevoll „Valp” genannt – zu restaurieren. Diese Fahrzeuge komplett zu restaurieren ist nicht möglich, da es keine Originalersatzteile mehr gibt, es wurden nur so viele Teile hergestellt, wie auch verbaut wurden. So machte ich mich auf die Suche nach alten Fahrzeugen, die ich zerlegen und als Ersatzteillager verwenden wollte. Doch bei jedem „Neuerwerb” stellte sich im Nachhinein heraus, wie wertvoll das Fahrzeug war, da es beispielsweise nur noch dieses eine Exemplar gab oder von einem Typ sowieso nur insgesamt 3-4 Stück gebaut wurden.
Was waren das für Fahrzeuge?
Eines davon wurde 1983 als Servicefahrzeug bei der Rallye Paris-Dakar eingesetzt und war übrigens der zweite von insgesamt drei Prototypen. Die Perle meiner Ausstellung ist ein Laplander-Canvas in absolut neuwertigem Zustand, denn er war als Ausstellungsstück für das Volvo-Museum in Göteborg bestimmt und hat nur 1.600 km. Im Innenraum befinden sich noch die originalverpackten Schneeketten und die komplette Dokumentation. Und das Erstaunlichste ist, dass alle Teile original sind.
Dann gelang es mir, den Pritschenwagen zu erwerben, der 1976 auf der Budapester Hungexpo ausgestellt war, als die künftige Produktion in Ungarn angekündigt wurde. Das stellte sich aber erst heraus, als ich den Lack abschliff und die Originalfarbe und andere individuelle Merkmale zum Vorschein kamen.
Sind Sie immer noch auf der Suche nach unentdeckten Exemplaren und Ersatzteilen?
Ich beobachte natürlich den Markt, die einschlägigen Plattformen und besuche Auktionen. Wenn ich etwas Bestimmtes brauche, inseriere ich selbst, aber oft werde ich auch angesprochen, ob ich dieses oder jenes gebrauchen könnte, mittlerweile kennt man sich ja in der Szene. Wenn es sein muss, nehme ich weite Reisen auf mich und transportiere die Fahrzeuge selbst. In regelmäßigen Abständen organisiere ich Tauschbörsen, da tauchen immer wieder spannende Stücke auf.
Sie haben gerade die Produktion in Ungarn erwähnt, wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen dem schwedischen Hersteller und dem Autowerk hinter dem Eisernen Vorhang?
Als das Volvo-Werk auf ein neues Modell umstellte, wurden die Produktionslinien des Laplander abgebaut. Da aber weiterhin eine große Nachfrage nach diesen besonders zuverlässigen Geländewagen bestand, wurden die demontierten Produktionslinien nach Ungarn transportiert und im Automobilwerk Csepel wieder aufgebaut. Voraussetzung für die Zusammenarbeit auf ungarischer Seite war, dass mindestens 60 Prozent der Teile aus heimischer Produktion stammen. Nach einigen Modifikationen, wie zum Beispiel der Form der Türen und der doppelten Rückleuchten, waren die in Ungarn gebauten Fahrzeuge eindeutig zu erkennen, auch wenn außen natürlich nur der Volvo-Schriftzug zu sehen war.
Aufgrund seiner hervorragenden Geländegängigkeit wurde der Laplander im zivilen Bereich gerne als Mehrzweckfahrzeug eingesetzt, aber auch im militärischen Bereich, so etwa auch im Falklandkrieg.
Diese Fahrzeuge wurden in Ungarn nicht verkauft, sie waren im Straßenbild nicht präsent, auch Publikationen sind nur vereinzelt zu finden. Offiziell waren nur zwei Rettungswagen in den Kohlegruben von Tatabánya im Einsatz.
Ist bekannt, wie viele Volvo Laplander in Ungarn gebaut wurden?
Ja, die genaue Anzahl konnte ich im Zuge meiner Recherchen ermitteln: Insgesamt wurden im Produktionszeitraum von knapp drei Jahren 2.324 Exemplare gebaut, dazu kamen am Ende der Zusammenarbeit noch einmal 1.000 Exemplare, die zur Endmontage nach Schweden geliefert wurden. Von den verschiedenen Typen, die in Ungarn gebaut wurden, befindet sich jeweils ein Exemplar in meinem Besitz.
Wie ist die Idee eines Museums entstanden?
Ursprünglich hatte ich nicht vor, ein Museum zu gründen, aber als immer mehr restaurierte Laplander in meiner Werkstatt standen, war klar, dass ich Platz brauchte, um sie angemessen zu präsentieren und ihre Geschichte einem breiteren Publikum näher zu bringen.
Leider führte die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung trotz in Aussicht gestellter Möglichkeiten zu keinem konkreten Ergebnis. Also habe ich die Räumlichkeiten selbst angemietet und dort 2023 mein eigenes Museum eingerichtet.
Wie ist das Museum geöffnet?
Das Museum hat keine festen Öffnungszeiten, da ich kein Personal habe. Ich organisiere mehrmals im Jahr Tage der offenen Tür, meistens an Nationalfeiertagen, damit so viele Besucher wie möglich kommen können. Ich kündige sie in den sozialen Medien an. Nach vorheriger telefonischer Vereinbarung bin ich praktisch jederzeit bereit, Besucher zu empfangen. Meine Telefonnummer ist auf der Facebook-Seite des Museums angegeben.
Haben Sie auch einen sogenannten bürgerlichen Beruf, mit dem Sie Ihre Leidenschaft finanzieren können?
Oh, nicht nur einen. (lacht) Ich habe in meinem Leben viele verschiedene Berufe ausgeübt, meistens im technischen Bereich, aber als junger Mann war ich auch beim Militär und habe in den Friedenstruppen in Bosnien und Afghanistan gedient.
Die Arbeit war für mich immer Mittel zum Zweck, das heißt ich habe mit der Arbeit, die ich übrigens immer gerne gemacht habe, mein Hobby finanziert.
Derzeit bin ich als Berater in den Bereichen Mechatronik, Maschinenbau sowie Forschung und Entwicklung tätig. Außerdem betreibe ich ein Robotiklabor und übernehme Kleinserienfertigungen im Maschinenbau. Dazu habe ich mir im Laufe der Jahre eine eigene Werkstatt mit Spezialgeräten aufgebaut, die eigentlich aus der Not heraus entstanden ist. Immer wieder, wenn ich eine Sonderanfertigung brauchte, gab es keinen Fachmann dafür, und wenn, dann hieß es, das sei kompliziert, dauere lange, koste viel und so weiter. Dann habe ich es eben selbst gemacht.
Das alles klingt nach unsäglicher Arbeit, die außerordentliche Zielstrebigkeit und unermessliches Durchhaltevermögen erfordert…
Ja, so ist es. Ich bin kein Visionär, kein Träumer, ich verfolge immer konkrete Ziele, aber nur solche, die realistisch sind und die ich ohne große finanzielle Opfer erreichen kann. Wenn ich an einem Projekt arbeite, dann bin ich mit Leib und Seele dabei.
Ich befinde mich dann in einem Wachzustand, in dem ich voll auf das Ziel fokussiert bin und keine Müdigkeit verspüre. Aus meinem Elternhaus habe ich etwas mitbekommen, das zu meiner Lebensphilosophie geworden ist: Fast fertig gibt es nicht! Fertig ist etwas, wenn es hundertprozentig abgeschlossen ist. Das habe ich verinnerlicht und bin erst zufrieden, wenn etwas komplett fertig ist!
Wie steht Ihre Familie zu dieser sicherlich anstrengenden Lebensphilosophie?
Meine Familie, vor allem meine Frau, unterstützt mich in allem, was mir wichtig ist. Meine Frau teilt meine Liebe zum Laplander und hat zum Beispiel die Planen für ein Fahrzeug genäht. Die Unterstützung beruht auf Gegenseitigkeit, auch ich unterstütze sie bei ihren Projekten.
Hinter Ihnen sehe ich eine Wand mit einem riesigen Puzzle, das den Volvo Laplander darstellt.
Das ist ein Pixel-Art-Bild, das den Laplander zeigt, zusammengesetzt aus 3.000 Zauberwürfeln. Mit einer Größe von 2 x 3 Metern ist es das zweitgrößte Bild in Privatbesitz und das viertgrößte der Welt. Dieser berühmte Würfel ist meine zweite Leidenschaft. Der Würfel und ich sind fast gleich alt. Der Würfel ist in diesem Jahr 50 Jahre alt geworden, und ich habe von jeder Variante, die je erschienen ist, ein Exemplar hier ausgestellt. Natürlich habe ich auch von der neuesten Variante ein Exemplar hier. Der „Phantom”-Würfel ist aus einem speziellen schwarzen Material, erst durch die Wärme der Hände werden die Farben sichtbar, total spannend.
Neben den Würfeln habe ich von allen Logikspielen von Rubik jeweils ein Original. Als im September anlässlich des 80. Geburtstages von Ernő Rubik und des 50. Geburtstages seines weltberühmten Würfels in Győr eine große Feier und ein Wettbewerb mit vielen Kindern und Jugendlichen stattfand, habe ich meine Sammlung als Ausstellung zur Verfügung gestellt. Bei dieser Gelegenheit traf ich auch Herrn Rubik wieder, den ich übrigens schon lange persönlich kenne. Es war eine große Freude für uns beide.
Die Entdeckung der Logik ist die Freude am Erfolg – sagt Rubik. In diesem Sinne bringe ich den Kindern gerne bei, wie man den Zauberwürfel löst, um ihnen diese Logik und die Freude am Erfolg näher zu bringen. Dabei geht es nicht um Schnelligkeit, sondern darum, mit möglichst wenigen Schritten zu einer Lösung zu kommen.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit, wenn es die in Ihrem Leben überhaupt gibt?
Ich nehme mir die Zeit. Dann gehe ich gerne laufen, zwei- bis dreimal die Woche, lange Strecken, das macht den Kopf frei und ich kann an meine körperlichen Grenzen gehen. Früher bin ich Einrad gefahren, das ging natürlich nicht ohne Stürze, manchmal auch böse, aber ich habe nicht aufgegeben und so lange geübt, bis ich es im Griff hatte. Irgendwie verrückt, aber so bin ich.
Welche Pläne und Ziele haben Sie noch für die Zukunft?
Ich möchte auf jeden Fall, dass mein kleines Museum als Volvo Laplander Gedenkstätte fungiert und dieses historische Erbe der Automobilindustrie bewahrt. Zu diesem Zweck habe ich eine Online-Spendenplattform auf donably.com eingerichtet, da ich keine Sponsoren habe und das Museum sich selbst finanzieren soll.
Was steht noch auf Ihrer To-do-Liste?
Der Laplander, der als Servicefahrzeug bei der Rallye Paris-Dakar dabei war, hat ein Fläschchen Wüstensand mitgebracht, mit dem ich eine Sanduhr bauen möchte. Darüber hinaus habe ich noch verschiedene Pläne, die aber noch nicht spruchreif sind und die ich erst dann veröffentlichen werde, wenn ich sehe, dass sie realisierbar sind.
Wenn ich zurückblicke auf das, was ich in den letzten 25 Jahren auf die Beine gestellt habe, dann glaube ich, dass ich in den nächsten 25 Jahren noch einige erstaunliche Dinge verwirklichen werde. Ich bin zuversichtlich, dass ich die nötige Energie dafür aufbringen kann.
Weitere Informationen über das Museum: