Thomas Gottschalk beim BZ-Interview. (Foto: BZT/ Uwe Zimmermann)

Interview mit Moderator Thomas Gottschalk

Spaß muss sein!

Thomas Gottschalk ist Moderator der jüngsten Staffel der erfolgreichen TV-Casting-Show „Virtuózok“ (engl.: Virtuosos). Kurz vor seinem Rückflug nach Deutschland sprachen wir mit ihm am vergangenen Donnerstag in der Lobby des Ritz Carlton über seine Eindrücke von den zurückliegenden Drehtagen.

Waren Sie das erste Mal in Ungarn?

Vor vielen vielen Jahren war ich schon mal hier. Damals hatte mich der alte Joseph von Ferenczy, der große Filmproduzent, nach Ungarn eingeladen. Mit dabei waren auch seine Söhne Csaba und Andreas.

Hatten Sie jetzt neben den Dreharbeiten auch Zeit, sich die Stadt anzusehen?

Ich hatte sogar Zeit für eine Stadtrundfahrt. Mit meiner Freundin haben wir eine Hop-On Hop-Off-Tour mitgemacht. Da waren auch ein paar deutsche Ehepaare mit dabei. Mit denen haben wir an verschiedenen Stellen in Budapest Selfies gemacht. Ich glaube, die haben jetzt mehr Bilder von mir als von der Stadt. Ich bin auch zweimal mit dem Riesenrad gefahren. Einmal für eine Radio-Aufzeichnung und einmal ganz privat mit meiner Freundin. Ich habe mich sogar mit Lothar Matthäus getroffen, den ich in Deutschland selten treffe. Einmal sind wir auch aus Budapest rausgekommen. In Etyek habe ich den Poloclub meines Freundes Uwe Zimmermann und die dortige Winzerei des Argentiniers Carlos Coelho besucht.

Fachliches Interesse?

Ich bin kein Weinkenner, sondern Weintrinker. Ich kenne aus Ungarn nur den Tokajer, den jeder auf der Welt kennt. Wir haben in Etyek einen wunderbaren Rotwein getrunken. Ich will nicht sagen, dass er besser ist als meiner, aber er war gut.

Wie lief es bei den Dreharbeiten sprachlich?

Ich habe alles auf Englisch moderiert. Das wäre in Deutschland schon etwas schwierig gewesen. Bei der Show hatten wir es aber mit superintelligenten Kindern zu tun, für die das kein Problem war.

Wie lief das aber mit den fünf Landessprachen der Teilnehmer?

Die gewählte Form der Übersetzung fand ich etwas problematisch. Bei einer Unterhaltung wurde zuerst beispielsweise vom Serbischen ins Ungarische, dann vom Ungarischen ins Englische und den gleichen Weg wieder umgekehrt zurückübersetzt. Das hat natürlich entsprechend lange gedauert. Nach dem Schneiden wird das Fernsehpublikum davon aber freilich nichts mehr merken.

So lange Kommunikationswege waren sicher eine Herausforderung.

Ich habe rausgehauen, was ging. Im Umgang mit Kindern habe ich aber eh eine besondere Zurückhaltung und Freundlichkeit an den Tag gelegt. Ich würde meine beißende Ironie nie bei einer zwölfjährigen Violinenvirtuosin anbringen.

„Ich würde meine beißende Ironie nie bei einer zwölfjährigen Violinenvirtuosin anbringen.“ (Foto: Judit Marjai)

Haben Sie schon mal in einer anderen Sprache moderiert?

Es gab einmal eine berühmte Sendung für Europa. Da waren Moderatoren aus fünf Ländern. Jeder hat aber in seiner Muttersprache moderiert. Und das wurde dann offen übersetzt. Im amerikanischen Fernsehen habe ich einiges auf Englisch gemacht. Auch für Disney. Ich habe aber noch nie für ein nicht-englischsprachiges Publikum auf Englisch moderiert. Ebenso war ich noch nie in irgendeiner Form in Osteuropa tätig. Deswegen ist diese Veranstaltung für mich natürlich ein später Triumph. Man vergisst die Sprachbarriere aber schnell. Das Thema dieser Sendung ist ja: We play the same language. Eine Mozart-Arie hört sich in Ungarn genauso an wie in Deutschland.

Wie fanden Sie die Sendung?

Für unser hektisches deutsches Fernsehen wäre sie zu langsam gewesen. Aber wenn sie in Ungarn und den anderen vier Ländern so funktioniert, dann freut mich das natürlich. Aber wie gesagt, vielleicht kam mir das jetzt bei der Aufzeichnung aus meiner Bühnenperspektive nur so vor. Beim Schneiden wird sicher die notwendige Dynamik reingebracht werden.

Hätte die Sendung eine Chance, auf den deutschen Markt zu kommen?

Der Osteuropäer scheint klassische Musik mehr zu schätzen, als das Publikum bei uns. Die Marktanteile, die diese Sendung hier hat, hätte sie in Deutschland ganz bestimmt nicht. Ich mache einmal pro Jahr eine klassische Show, bei der es um eine Preisverleihung geht. Wenn sie am Sonntagabend gesendet wird, bekommt sie etwa eine Million Zuschauer. Da treten Leute auf wie Jonas Kaufmann oder Anne-Sophie Mutter. Alle großen Namen der Opernszene waren schon einmal da. Und trotzdem hält sich die Resonanz beim Publikum in Grenzen. Leider ist offensichtlich das Interesse im Kulturland Deutschland und auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen für klassische Musik nicht so groß wie in Ungarn.

Wie erklären Sie sich diesen Unterschied?

Hier in Ungarn gibt es wohl eine größere Dankbarkeit oder Emotionalität. Oder generell eine größere kulturelle Bereitschaft, sich solche Kulturangebote anzuschauen. Das finde ich toll und vermisse es in Deutschland. Ich vermisse beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das ja qua Gesetz einen Bildungsauftrag hat, dass es sich auch um solche Angebote kümmert. Ein Junge, der täglich vier Stunden Geige übt, hat alle mal mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung verdient, als ein Junge, der täglich ebenso lange an seinem Handy rumdaddelt.

Hätte die Sendung von ihrer Machart, also abgesehen vom klassischen Inhalt in Deutschland eine Chance?

In Deutschland kann man keine Casting-Show machen, bei der es am Ende fünf Gewinner gibt. Die wollen da Blut sehen und am Ende immer nur einen Gewinner. Die anderen bleiben auf der Strecke. Das ist auch für mich der Sinn einer Casting-Show. Dass fünf Kinder am Ende fünf Preise bekommen, ist ja schön und gut. Aber das ist nicht der Sinn einer Casting-Show. Ich verstehe aber natürlich, dass es den Produzenten gerade jetzt am Anfang, wo sich die Show in der Region erst noch richtig durchsetzen muss, vor allem darum geht, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen. Für diesen Gedanken wäre es sicher nicht förderlich, wenn sich die Länder über ihre jeweiligen Kandidaten – wenn auch nur auf der Bühne – „bekriegen“ würden. Später wird man vielleicht darüber nachdenken – so wie beim ESC oder auch beim Sport – zum klassischen Gewinnerprinzip überzugehen.

Thomas Gottschalk zusammen mit seiner polnischen Ko-Moderatorin Ida Nowakowska. (Foto: Judit Marjai)

Wie viele Drehtage dauert die Aufzeichnung?

Für die zwei Stunden Sendezeit waren es fünf Drehtage. Normalerweise mache ich zwei Stunden Fernsehen in zwei Stunden. Bei solchen zusammengeschnittenen Sendungen geht es aber auch nicht anders. Man zeichnet viel auf und sendet wenig.

Was würden Sie an der Show verbessern?

Ich würde das Format vielleicht noch etwas straffen. Wenn beispielsweise am Ende nur der Juror des betreffenden Landes das Sagen über die Bewertung „seines“ Kandidaten hat, dann sollte man sich vor allem auf dessen Aussagen konzentrieren und weniger auf die Bewertungen der anderen Juroren. Beim Schneiden wird das aber wahrscheinlich ohnehin so passieren. Jetzt wurde erst einmal alles potenziell verwendbare aufgezeichnet.

Wie ging es beim Drehen zu? Anders als in Deutschland?

Sobald die Studiotüren zu sind und das Licht aus, läuft es ähnlich professionell ab. Große Unterschiede konnte ich nicht feststellen. Die Ungarn waren vielleicht etwas netter als die Deutschen. Hier wird auch mehr improvisiert. Manchmal hatte ich den Eindruck, es wird bewusst auf Sicht gefahren. Aber das gehört wahrscheinlich zum Konzept und macht das Ganze auch lebendiger.

„Aus der Bühnenperspektive nimmt man die Vorgänge generell anders wahr.“ (Foto: Bence Hegedűs)

Jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs hat man es gelernt zu improvisieren. Das liegt an der Vergangenheit.

Dafür habe ich volles Verständnis.

Am Ende klappt es dann meistens immer irgendwie. Aber klar, wenn man es anders gewohnt ist …

So etwas ist mir schon sympathisch. Nur verschwende ich nicht gerne Zeit. Es waren für mich auf der Bühne schon einige Geduldsproben dabei. Das Fernsehpublikum wird davon freilich nichts mehr merken. Aus der Bühnenperspektive nimmt man die Vorgänge generell anders wahr.

Haben Sie solche Eindrücke auch mit den Verantwortlichen geteilt?

Ja, natürlich. Ich bin gewohnt, zu sagen, was ich denke. Letztlich geht es uns allen darum, diese tolle Show noch besser zu machen. Das ist ein Lernprozess für alle Beteiligten. Die Kollegen waren übrigens immer sehr offen für meine Vorschläge. Solange Kritik konstruktiv vorgebracht wird, ist es unter Profis kein Problem.

Wird es eine Fortsetzung für Sie bei der Show geben?

Ich würde mich freuen, wieder dabei zu sein – vorausgesetzt natürlich, dass mich die Produzenten erneut engagieren wollen. Der Dreh zusammen mit den Kindern hat mir großen Spaß gemacht. Es war eine großartige neue Erfahrung für mich. Die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Partnern war super. Auch über die eigentliche Arbeit hinaus habe ich den Aufenthalt in Ungarn sehr genossen. Ich bin ein wohlhabender Rentner, für den in erster Linie der Spaß eine Rolle spielt.

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