„Auch Sie haben das Recht zu erfahren, dass in mehr als 400 Bezirken Hausärzte fehlen.” – Die Jungpartei Momentum überklebte die Regierungsinformation mit Botschaften, die Fehlentwicklungen in Ungarn anprangern. (Foto: Facebook / Momentum Mozgalom)

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Gegenangriff auf breiter Front

Vergangene Woche wurde die neue Plakatkampagne der Regierung vorgestellt. Auch die Budapester Zeitung warf einen Blick darauf. Mehr als nur einen Blick warfen oppositionelle Aktivisten und andere genervte Bürger auf die neuerlichen „Regierungsinformationsmittel”.

Wie wir in der vergangenen Woche berichteten, „informiert“ derzeit eine Plakatkampagne der Regierung über die vermeintlichen Absichten Brüssels, verpflichtende Flüchtlingsquote einzuführen, den Grenzschutz der Mitgliedsstaaten zu schwächen und Migranten mit Visa zur leichteren Einreise zu verhelfen. Diesen Plänen steht die Orbán-Regierung natürlich entschlossen entgegen. An dieser Stelle wollen wir nicht über den Wahrheitsgehalt der Kampagne diskutieren, auch nicht darüber, welche Wellen diese so kurz vor den Europawahlen in der EVP schlägt. Viel eher soll es darum gehen, wie Ungarns – vor allem außerparlamentarische – Opposition auf die Kampagne reagierte.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Da wäre beispielsweise die Satirepartei MKKP – kurz für „Ungarische Partei des Zweischwänzigen Hundes” – die ihrem Image treu bleibend die Regierung mittels Verballhornung vorführte. Lachen ist ansteckend, dachte sie sich und überklebte Teile der Regierungsbotschaft schlicht mit den Worten „zu lachen”. Somit liest sich der Slogan jetzt: „Auch Sie haben ein Recht darauf, zu lachen.”

„Auch Sie haben ein Recht darauf, zu lachen!” – Mit dieser kleinen Anpassung machte die Satirepartei MKKP flugs aus der Negativkampagne gegen Brüssel eine Aufforderung zu mehr Humor. (Foto: Facebook)

Tatsächlich passt der veränderte Slogan ausgezeichnet zum Bildmaterial, welches die gut gelaunten Herren György Soros und Jean-Claude Juncker zeigt. Da mag so mancher Betrachter geneigt sein, sich auch vor Lachen auf die Schenkel zu schlagen.

Weniger zum Lachen, mehr zum Nachdenken will ein unbekannter Straßenkünstler anregen, der ebenfalls die Regierungsbotschaft umgestaltete. Die ungelenken Pinselstriche seines Werkes zeugen von Zorn – der Künstler hat sich bei der Gestaltung nicht gezügelt, sondern ließ seinen Emotionen freien Lauf. Während die MKKP das Recht auf Lachen proklamiert, will er seinen Mitbürgern das Recht nachzudenken sichern.

Fakten gegen „alternative Fakten”

Die bisher eher bedeutungslos gebliebene Jungpartei Momentum ist nach wie vor entschlossen, politisch in Erscheinung zu treten. Mit ihrer eigenen Plakatkampagne im Stile der Regierungsinformation könnte sie einen Schritt in diese Richtung unternommen haben. Ihre Plakatversion verkündet Fakten, über die die Regierung derzeit nur wenig Worte verliert. Beispielsweise: „Sie haben das Recht zu erfahren, dass in mehr als 400 Bezirken Hausärzte fehlen.”

Auch in Brüssel ließ die Partei derartige Plakate aufhängen, um so den Druck auf die Abgeordneten der EVP zu erhöhen, sich dem Fidesz entschiedener entgegenzustellen.

Nach wie vor behauptet die ungarische Regierung, dass die aktuelle Kampagne nichts mit dem EU-Wahlkampf zu tun habe, denn das wäre schließlich illegal. Nur, um noch einen letzten „Fakt” anzuhängen.

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