So manche Ungarn lassen sich bis heute mit Sinopharm impfen, 825.000 der chinesischen Impfdosen wurden derweil verschenkt. Foto: MTI/ Csaba Krizsán

Neues von der Corona-Front

Roma-Population hart getroffen

In den bedürftigeren Bevölkerungsschichten erkrankten signifikant weniger Menschen an SARS-CoV-2, die Mortalität lag aber weit höher.

Das zeigt eine umfassende Studie von vier Experten, die in einheimischen Fachjournalen veröffentlicht wurde.

Die Forscher verglichen die Zahlen zu Todesfällen zwischen 2015 und 2019 mit den spezifischen Zahlen zur Zeit der Corona-Pandemie, genauer für die hierzulande ineinander übergehende 2.-4. Welle (Ende Juni 2020-Ende Januar 2021, Ende Januar-Anfang Juli 2021 bzw. Anfang Juli-Ende Dezember 2021). Diese Gesundheitsdaten wurden mit den bekannten soziologischen Daten des sog. Deprivationsindex abgeglichen.

Im Nordosten: Weniger Fälle, mehr Tote

Von der 2. Welle wurde insbesondere der Nordwesten des Landes erfasst, das relativ größte Sterberisiko siedelten die Forscher derweil im Nordosten an. Die 3. Welle traf vor allem die mittleren und westlichen Landesteile sowie Budapest, wo auch relativ viele Todesfälle auftraten, von denen aber der Nordosten weiterhin nicht verschont blieb. Die 4. Welle traf am stärksten den Osten des Landes und forderte dort auch die meisten Todesopfer.

Für alle Wellen trifft zu, dass signifikant mehr Menschen im Norden, Nordwesten und in Budapest erkrankten, bzw. signifikant weniger Krankheitsfälle im Nordosten und im Südwesten des Landes auftraten. Das relative Todesfallrisiko lag im Nordosten, im mittleren und östlichen Teil Ungarns sowie im Süden des Komitats Somogy am höchsten.

Zur Zeit der 3./4. Welle war die Bevölkerung in den Großstädten und den weniger bedürftigen Gegenden bereits in einem deutlich höheren Maße durchgeimpft. In den zehn Kleinregionen mit der höchsten Roma-Population (darunter acht im Nordosten Ungarns) gingen relativ geringe Krankheitsraten mit signifikant mehr Todesfällen einher; während der 4. Welle lag dieses Risiko bereits um zwei Drittel über dem Landesdurchschnitt. Die Studie konnte eindeutig internationale Beobachtungen belegen, wonach eine hohe Covid-19-Sterblichkeit in Korrelation zum niedrigeren sozioökonomischen Status steht.

Mittlerweile 2 Mio. Infektionen

Die aktuelle Situation um das Coronavirus zeigt sich derweil entspannt. Die kleinere Sommerwelle ging weitgehend unbemerkt vorüber, mit stabil über 1.000 Corona-Patienten in den Kliniken, aber nur einigen Dutzend Patienten an Beatmungsgeräten, und mit 100-150 Todesfällen pro Woche. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wurden hierzulande mehr als 2 Mio. Infektionen nachgewiesen. Seit dem Frühling 2020 verstarben 47.200 Ungarn an und mit Covid-19, darunter 8.000 in Budapest. Etwas mehr als 6,4 Mio. Ungarn ließen sich impfen, 6,2 Mio. verdoppelten und 3,9 Mio. verdreifachten ihren Impfschutz. Für die vierte Schutzimpfung entschieden sich nur noch 330.000 Ungarn.

Die Karte zeigt die Häufigkeit nachgewiesener Covid-19-Erkrankungen (links) bzw. die Häufigkeit der damit einhergehenden Todesfälle.

Impfung hätte rund 6.100 Todesfälle verhindert?

Als „vollständig“ geimpft gelten rund zwei Drittel der Ungarn, bei der auffrischenden Impfung sinkt dieser Anteil auf 40%. Dabei hätte die auffrischende Impfung zur Zeit der vierten und der fünften Welle (Delta und Omikron) im Herbst 2021 bzw. Anfang 2022 rund 6.100 Todesfälle verhindern können, behaupten einheimische Experten in einer weiteren umfangreichen Studie, die sich speziell mit dem Impfstatus und den Covid-Erkrankungen bzw. -Todesfällen zwischen August 2021 und Februar 2022 befasste.

Unter 365.000 Krankheitsfällen in dieser Periode trafen 70% ungeimpfte Personen, von denen knapp 6.850 verstarben. Unter den komplett geimpften Personen traten nichtsdestotrotz rund 110.000 Erkrankungen auf, von denen aber nur 1.250 Fälle tödlich endeten. Die Forscher ermittelten eine um das 16-fache gestiegene Wahrscheinlichkeit für Ungeimpfte, an dem Virus zu erkranken, und sogar eine 32-fache Todesfall-Wahrscheinlichkeit. Die Autoren der Studie raten ausgehend von ihren Ergebnissen, dass ältere Menschen bzw. Personen mit chronischen Erkrankungen die auffrischende Impfung 4-6 Monate nach der letzten Schutzimpfung wahrnehmen sollten, bevor der Herbst die nächste Corona-Welle bringt.

Fünf Millionen Impfdosen verschenkt

Die Gesundheitsbehörden haben derweil eingeräumt, dass Ungarn rund 5 Mio. Impfdosen an andere Länder verschenkte. Der sozialistische Europaabgeordnete István Ujhelyi bat um Dateneinsicht und sprach anschließend von Impfdosen im Gesamtwert von ca. 22 Mrd. Forint, die verschenkt worden seien. Neben 4 Mio. Impfdosen von Astra Zeneca wurden 825.000 Sinopharm-Impfdosen und 100.000 Moderna-Impfdosen ohne Gegenleistung abgegeben. Weitere 400.000 Impfdosen sind bei den Behörden noch als „Leihgabe“ an Tschechien vermerkt, nur ca. 50.000 Impfdosen mussten wegen des Verfallsdatums vernichtet werden. Derzeit würden noch 8 Mio. Impfdosen zur Verfügung stehen.

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