Ungarische Wissenschaftlerinnen an der Corona-Front ganz vorne mit dabei
Magyarische Impfstoff-Macherinnen
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Dr. Katalin Karikó und Dr. Noémi Lukács feierten ihre wissenschaftlichen Erfolge, die zur Entwicklung eines Impfstoffes beigetragen haben, zwar im Ausland, nach ungarischer Lesart sind dies jedoch trotzdem heimische Beiträge zur Bekämpfung jenes Virus, das die Welt noch immer in Atem hält.
Aus Kisújszállás nach Pennsylvania
Dr. Katalin Karikó wurde in Szolnok geboren und besuchte die Grund- und Mittelschule in Kisújszállás. Bereits in der achten Klasse entflammte ihre Leidenschaft für das Fach Biologie. Die ambitionierte Schülerin nahm noch im selben Jahr am Wissenschaftswettbewerb des Komitats teil, aus dem sie als Gewinnerin hervorging, was ihr die Teilnahme am nationalen Wettbewerb ermöglichte. Hier errang sie den dritten Platz.

Nach der Mittelschule zog die junge Frau ins südungarische Szeged um, wo sie von 1973 bis 1978 ihr Studium der Biologie absolvierte. Ebenfalls an der Universität Szeged erlangte Karikó 1982 auf dem Gebiet der Biochemie die Doktorwürde. Noch während sie an ihrer Dissertation arbeitete, erhielt sie ein Stipendium an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA).
Die Anfänge zu ihrer bahnbrechenden Entwicklung – die synthetische Herstellung von mRNS – gehen auf diese Jahre unter der Ägide von Jenő Tomasz zurück. Wie Karikó einmal in einem Interview sagte, das auf der Homepage ihrer Alma Mater veröffentlicht wurde, konnte man damals noch nicht an die synthetische Herstellung dieses Trägerstoffes denken, denn ein wichtiger Bestandteil, die RNS-Polymere, waren zu dieser Zeit noch nicht verfügbar.
Doch Karikó nennt noch einen weiteren Faktor, der ihre Zukunft in ihren Jahren an der Akademie stark beeinflusst hat: Sie begann, sich mit Viren auseinanderzusetzen.

Wegen Kürzungen wurde Karikó 1985 aus dem Szegediner Biologieforschungszentrum entlassen. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer Tochter folgte sie daraufhin einer Einladung der Temple University in Philadelphia, bevor sie drei Jahre später eine Forschungsstelle in Washington antrat. Dort, so sagt sie heute, hätte sie die Molekularbiologie erst richtig kennengelernt. 1989 kehrte sie schließlich nach Philadelphia an die Pennsylvania University zurück.
Der Gipfel von 30 Jahren Forschung
Bereits 1990 begann sie im Bereich mRNS zu forschen. Ihren ersten Antrag auf Forschungsgelder wies man jedoch ab. Heute ist Dr. Katalin Karikó Vize-Präsidentin des deutschen Unternehmens BioNTech, das als erstes einen Impfstoff gegen das neuartige Corona-Virus entwickelt hat. Eine Entwicklung, die nur durch Karikós Verfahren zur Synthetisierung von mRNS möglich war.
Im Gespräch mit der Szegediner Universität äußerte sie lediglich einen Wunsch: Sie hofft, dass die Pandemie die Politiker und Entscheidungsträger endlich einsehen lässt, dass Bildung, Forschung und Gesundheitswesen mehr Geld aus dem Staatshaushalt bekommen müssen.
Im Hause der Großeltern
Und noch eine Ungarin trug maßgeblich dazu bei, dass die Welt in absehbarer Zeit aus dem Corona-Alptraum erwachen kann. Dr. Noémi Lukács, heute 71 Jahre alt, begann sich während ihres Studiums in Düsseldorf in den 80er-Jahren mit RNS-Molekülen zu beschäftigen.
Wie das Online-Magazin Hamu és Gyémant die Forscherin zitiert, hätte man diese Moleküle zu Beginn ihrer Forschung noch bei Weitem nicht verstanden. Doch heute habe sie deren Geheimnisse so gut wie entschlüsselt. In ihrem Geburtshaus – errichtet von ihren Großeltern – im nordungarischen Szirák hat Lukács sich ein Labor eingerichtet, das weltweit seinesgleichen sucht.
Ihre akademische Karriere führte sie unter anderem an die Szent-István-Universität in Gödöllő, wo sie als Lehrstuhlleiterin für pflanzliche Biochemie dozierte. Ihre bahnbrechende Entdeckung machte sie jedoch in ihren Düsseldorfer Jahren.
Ein „extrem spannendes Feld”
In einem Videobeitrag der linksliberalen Wochenzeitung hvg sprach Lukács noch im Frühjahr davon, dass es sie ausgesprochen freut, dass ihre einstige – und wie auch im Falle der mRNS-Forschung als nicht sonderlich relevant eingestufte – Entdeckung heute einen wichtigen Teil zur Bekämpfung des Corona-Virus beitragen kann.

Denn ohne den von ihr erforschten Trägerstoff wären die nun im Umlauf befindlichen Impfstoffe undenkbar. Gegenüber Reuters sprach Lukács von der Faszination der Thematik. Wer einmal in den Bereich RNS eintauche, dem eröffne sich ein „extrem spannendes Feld”.
Tatsächlich beliefert Dr. Lukács die größten Pharmakonzerne weltweit mit RNS aus ihrem heimischen Labor. Ihr Beratungsunternehmen English & Scientific Consulting beschäftigt nunmehr fünf Mitarbeiter und unterstützt gar mehrere wohltätige Projekte vor Ort. Die Firma wird von ihrer Tochter, Johanna Symmons, geleitet, die gegenüber Reuters sagte, man würde gern mehr von dem Teststoff verkaufen. Dabei gehe es, fügte sie hinzu, jedoch nicht darum, unerhört reich zu werden, sondern zur Lösung eines weltweiten Problems beitragen zu können.