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CSU-Bundestagsabgeordneter und früherer Bundesminister Christian Schmidt, DUG-Präsident Gerhard Papke und Botschafter Péter Györkös. (Foto: DUG)

DUG-Veranstaltung: „Ungarn im Gespräch: Die Pandemie und ihre Folgen“

Das Vermächtnis Helmut Kohls nicht vergessen!

Am 9. September hatte die Deutsch-Ungarische Gesellschaft (DUG) erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder zu einer Präsenzveranstaltung eingeladen. Auch für die ungarische Botschaft in Berlin, der Ort der Veranstaltung, war es die erste größere Veranstaltung unter Corona-Bedingungen.

Die geltenden Hygieneregeln zum Infektionsschutz mussten selbstverständlich beachtet werden. Durch den nötigen Mindestabstand zwischen den Stühlen der Gäste sah es im großen Saal ein wenig wie bei einer Abiturprüfung aus, wie DUG-Präsident und Moderator der Veranstaltung, Gerhard Papke, bei seiner Begrüßung anmerkte.

Um so lebhafter erwies sich allerdings die anschließende Diskussion, für die die DUG Ungarns Botschafter Péter Györkös sowie den CSU-Bundestagsabgeordneten und früheren Bundesminister Christian Schmidt als Gesprächspartner gewonnen hatte. Beide kritisierten die häufig unsachliche Darstellung der ungarischen Notstandsmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie in der deutschen Öffentlichkeit.

Es sei nicht nachvollziehbar, dass weitreichende Sonderbefugnisse für die Regierungen Westeuropas als selbstverständlich betrachtet würden, im Falle Ungarns aber als strukturelle Bedrohung der Demokratie. Papkes Forderung zu Beginn des Abends, ungarische Politik endlich fair und sachgerecht zu bewerten, zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Veranstaltung.

Schmidt: Europa geschlossen und handlungsfähig halten

Christian Schmidt, seit vielen Jahren einer der führenden Außenpolitiker der CSU, betonte die unbedingte Notwendigkeit, zu gemeinsamen Ergebnissen in der Europäischen Union zu kommen. Er prägte eine der Schlüsselbotschaften des Abends, als er dafür warb, sich des „Kohl´schen Axioms“ der deutschen Europapolitik zu erinnern: Nur durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit Deutschlands mit den kleineren und mittelgroßen Ländern könne Europa geschlossen und handlungsfähig bleiben. Wenn die EU sich auseinanderdividieren lasse, werde sie nach innen wie nach außen an Bedeutung verlieren.

Als Schatzmeister der Europäischen Volkspartei hatte Schmidt im übrigen schon früher öffentlich davor gewarnt, die ungarische Regierungspartei Fidesz aus dem konservativen Parteienverbund EVP auszuschließen. Eine solche Parteienfamilie, so Schmidt, müsse nun einmal eine unterschiedliche Bandbreite an Meinungen aushalten können.

Györkös: “Es geht um die Handlungsfähigkeit der EU.”

Botschafter Györkös griff vor allem die zunehmende politische Beliebigkeit der Rechtsstaatsdebatte auf, die sich immer wieder gegen Ungarn richte. Über die Bestimmung der Grundwerte in Art. 2 des EU-Vertrages hinaus existiere keine einheitliche Definition von Rechtsstaatlichkeit, was angesichts ganz unterschiedlicher Verfassungstraditionen in Europa auch schwerlich möglich sei. Die Gemeinsamkeit europäischen Rechts bedeute eben nicht, alles über einen Kamm zu scheren.

Wer europäisches Recht verletzt sehe, so der Botschafter, könne dagegen klagen. Aber das Rechtsstaatsargument zu instrumentalisieren, um die politischen Überzeugungen anderer Länder zu diffamieren, sei nicht hinnehmbar und stelle in letzter Konsequenz die Handlungsfähigkeit der EU infrage. Ungarn erwarte jetzt auch einen zügigen Abschluss des vom Europaparlament beschlossenen sog. Art. 7-Verfahrens und baue dabei insbesondere auf die aktuelle deutsche Ratspräsidentschaft.

Die Gäste der DUG-Veranstaltung, darunter auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Karl Holmeier, erlebten eine spannende Tour durch aktuelle Fragen der Europapolitik. Die deutsch-ungarische Freundschaft, auch das wurde deutlich, besitzt nicht nur einen Wert an sich, so bedeutend dieser Wert auch ist. Es geht beim deutsch-ungarischen Verhältnis auch um die Frage, ob die Europäische Union wieder zu einer Kooperationskultur zurückfindet, die für Helmut Kohl zum Fundament seiner Politik gehörte.

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