Corona
Dieser Konditor aus Lajosmizse bereitet sich schon jetzt auf ein Weihnachtsfest im Zeichen von Corona vor.  Foto: MTI / Sándor Újvári

Neues von der Corona-Front

Opposition: Neue Maßnahmen richtig, aber zu spät

Bei der Debatte am Montag im Parlament warf die Opposition der Regierung ein schlechtes Corona-Krisenmanagement vor.

Die linke Splitterpartei Párbeszéd (Dialog) erklärte, Orbán berufe sich ständig auf Österreich, das in der Corona-Pandemie 1-2 Wochen vor Ungarn liege, dabei seien hierzulande bei weitem mehr Erkrankungen und Todesfälle zu verzeichnen.

MSZP: „Corona-Pandemie im Lande vollkommen außer Kontrolle“

Die neuen Maßnahmen seien richtig, hätten aber schon vor Wochen ergriffen werden müssen. Die grüne LMP forderte erneut eine Prämienzahlung von 500.000 Forint für die Mitarbeiter im Sozialwesen. Das würde den Staat 45 Mrd. Forint kosten – viele andere Bereiche erhalten weit mehr Geld, die weniger verdienten.

Die DK sprach von wenigstens einer halben Million Menschen, die in der Krise ohne Einkommen geblieben seien. Die MSZP sieht die Corona-Pandemie im Lande vollkommen außer Kontrolle – am Montag waren mit 32% so viele Tests wie noch an keinem einzigen Tag positiv. Die Jobbik erinnerte daran, dass die Regierung noch in der vorigen Woche weitergehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens für unnötig ansah.

KDNP: „Ungarn im europäischen Spitzenfeld“

Der kleine Koalitionspartner KDNP sieht Ungarn derweil weiterhin im europäischen Spitzenfeld, was die Effizienz bei der Corona-Abwehr angeht. So habe Europa 41 Todesfälle je 100.000 Einwohnern zu beklagen, Ungarn aber nur 22.

Entgegen der Praxis in anderen Staaten würden die Ärzte jeden Patienten dazuzählen, bei dem das Coronavirus die Todesursache sein könnte. Der Fidesz machte sich für die außerordentliche Rechtsordnung und die Wiedereinführung der Notstandslage stark, die das Parlament am heutigen Dienstag voraussichtlich für 90 Tage absegnen wird. (Die Regierungsverordnung erlaubt dies für höchstens zwei Wochen.)

HR-Minister lässt sich natürlich impfen

Zu Vorwürfen der Opposition bezüglich einer minderwertigen Qualität russischer oder chinesischer Impfstoffe sagte der für das Gesundheitswesen zuständige HR-Minister Miklós Kásler, Ungarn sei eine Impf-Weltmacht.

Die strengen Vorschriften bei der Entwicklung von Impfstoffen sowie Medikamenten würden selbstverständlich überall eingehalten. Selbstverständlich werde auch er sich impfen lassen, denn die Behörden werden ausschließlich Impfstoffe freigeben, die wirkungsvoll und ungefährlich sind.

HR-Minister Miklós Kásler: „Die Behörden werden ausschließlich Impfstoffe freigeben, die wirkungsvoll und ungefährlich sind.“  Foto: MTI/ Szilárd Koszticsák

„Die dynamisch eingeführten beschränkenden Maßnahmen sind zu begrüßen. Wir können die Ausbreitung des Virus erst stoppen, wenn wir einen Impfstoff haben oder ein Großteil der Bevölkerung infiziert wurde.“

Opposition: Zeitgleich eingereichte Vorschläge

Fast zeitgleich mit den 17 Punkten von Ministerpräsident Viktor Orbán kündigte die im Parlament vertretene Opposition auf einer Pressekonferenz am Montagvormittag 11 Punkte an, die in einen Beschlussentwurf gefasst werden. Die Initiative wird gemeinsam von den fünf Parlamentsfraktionen DK, Jobbik, Párbeszéd, MSZP und LMP getragen.

Begründet wurde sie damit, die Orbán-Regierung sei offensichtlich nicht imstande, die Verbreitung des Virus zu stoppen und mit der Corona-Krise umzugehen. Die Bürger müssten massenweise und kostenlos getestet werden, Familien und Rentner bräuchten sofortige Finanzhilfen. Die Grundbezüge der Mitarbeiter des Gesundheitswesens müssten während der Krise verdoppelt werden.

Wer sich infiziert oder in Quarantäne müsse, sollte 100% Krankengeld erhalten, das Arbeitslosengeld müsse 3 Monate lang gezahlt werden und netto 100.000 Forint erreichen. Städte und Gemeinden sollten entlastet werden. Einen weiteren Teil der Forderungen decken die 17 Punkte ab, die Orbán verkündete.

Diskussion über Intensivkapazitäten

„Wenn die Infektionszahlen auch weiter in diesem Tempo steigen, dann werden die Ärzte und Schwestern in den Kliniken der wachsenden Last nicht standhalten können“, sagte Ministerpräsident Viktor Orbán am Montag bei der Ankündigung des zweiten „Lockdowns“ für Ungarn – einigermaßen im Widerspruch zu einer Äußerung aus der Vorwoche, als Orbán den kritischen Punkt für das heimische Gesundheitswesen bis zum 10. Dezember erreicht sehen wollte.

Daraufhin entspann sich eine heftige Polemik in Fachkreisen und Medien, inwieweit die Intensivkapazitäten schon heute erschöpft seien. Ein fraktionsloser Abgeordneter zeigte in den Sozialmedien die Werbekampagne eines großen Budapester Krankenhauses, das Hilfspersonal für Pflegezwecke auch ohne jegliche Vorkenntnisse einstellen will.

Die aktuellen Corona-Zahlen

Die Infektionszahlen sind auch bis Montag weiter dynamisch gestiegen, so dass sich nun offiziell 115.000 Ungarn mit Covid-19 angesteckt haben. An und mit Covid-19 starben knapp 2.500 Ungarn; im Oktober gehörte diese Erkrankung erstmals zu den TOP3-Todesursachen.

Besonders kritisch für die Belastung des Gesundheitswesens erweist sich, dass die Zahl der Corona-Patienten in den Kliniken täglich um mehrere hundert zunimmt und nun schon 6.000 übersteigt. (Im Frühling waren es zum Vergleich max. 1.000 Klinikpatienten.) Künstlich beatmet werden müssen derzeit rund 400 Patienten, die 4-fache Zahl der bei der ersten Welle registrierten Höchstbelastung.

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