Solidaritätsdemo für index.hu:
Opfer im Machtkampf der Linken?
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Am Freitagabend folgten mehrere tausend Menschen dem Aufruf der Momentum-Bewegung, um gegen die Entlassung des Chefredakteurs von index.hu und für Pressefreiheit zu demonstrieren. Die Solidaritätsbekundung nahm ihren Anfang in Óbuda, wo das Nachrichtenportal seinen Sitz hat. Von dort aus zogen die Demonstranten auf die Burg vor das Karmeliterkloster, dem offiziellen Amtssitz von Ministerpräsident Viktor Orbán. Dort sagte der Momentum-Vorsitzende András Fekete-Győr, die geschlossen hinter ihrem Chefredakteur stehenden Index-Journalisten hätten gezeigt, dass „ein aufrechtes Rückgrat in diesem Land noch Sinn macht“. Die Journalisten hätten ihren Job aufgeben müssen, „weil unweit von hier ein kleiner feiger Mann residiert, der sich nicht traut, in den Spiegel zu schauen“. Der Vorsitzende der laut Umfragen aktuell stärksten Oppositionspartei fügte hinzu: „Wir haben genug von den feigen Politikern, den Propagandisten und den Nutznießern des Systems.“ Der Index-Skandal handle von der Chance für ein modernes Ungarn mit freier Presse, ausgewogenen öffentlich-rechtlichen Medien, unabhängiger Akademie und CEU. Der von der Momentum-Bewegung angeregten Demonstration schlossen sich Jobbik und LMP, aber auch die Linksparteien DK, MSZP und Párbeszéd an.
Weil der vermeintliche Eigentümer des Portals, László Bodolai, die Forderung des Index-Mitarbeiterteams zurückwies, den gefeuerten Chefredakteur Szabolcs Dull wieder einzustellen, reichten am Freitag sämtliche leitenden Redakteure sowie nahezu alle 90 Mitarbeiter des Nachrichtenportals ihre Kündigungen ein. Bodolai zeigte sich überrascht von der Wucht des Widerstands und verwies auf ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis mit Dull, der Geschäftsgeheimnisse an die Konkurrenz (konkret die linksliberalen Portale 444.hu und 24.hu) weitergeleitet habe. „In Deutschland würde die Polizei einen solchen Manager in Handschellen abführen, ich habe ihn nur aus dem Vorstandsgremium entfernt“, schrieb Bodolai, der aus all dem schlussfolgerte, „die Konkurrenz lacht sich nun ins Fäustchen, während die Linksliberalen versuchen, die ganze Sache Orbán in die Schuhe zu schieben“.
Das regierungsnahe Portal origo.hu deckte unterdessen Verbindungen im Hintergrund auf. Noch am Freitagabend hieß es im dortigen Leitartikel, Ex-Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány und seine DK habe „das linke Propagandablatt von der neuen Linken zurückgenommen“, was als Anspielung auf einen Machtkampf im linken Lager zwischen DK und Momentum-Bewegung zu verstehen ist. Es sei schließlich kein Zufall, dass die bislang bei index.hu favorisierte Momentum die Protestdemo organisierte, während in die leitenden Gremien der hinter dem Nachrichtenportal aufgestellten Wirtschaftsgesellschaften mehrere Gyurcsány-Anhänger gelangten. Origo.hu erinnert daran, dass index.hu noch 2011 einen Richtungswechsel vollzog und fortan an Stelle der alten einer „neuen Linken“ diente. Die NOlympia-Kampagne, in deren Folge die Orbán-Regierung Budapest als Austragungsort Olympischer Spiele zurückzog, wurde von der Momentum-Bewegung über index.hu inszeniert und verschaffte ihr landesweite Bekanntheit.