Auf die obere Brüstung der Fischerbastei gelangt man schon seit Jahren nur noch gegen ein Entgelt. Fotos: BZ-Archiv/ Rainer Ackermann

Fischerbastei

Trauerflor für Ausgesperrte

Es dauerte nur einen Tag, dann waren die Kordons wieder verschwunden. Mit denen sollte neugierigen Augen der fantastische Blick von der Fischerbastei auf Budapest genommen werden. Wenn sie nicht dafür zahlen wollen.
Die provisorische Absperrung war so peinlich ausgeführt, dass der schwarze Trauerflor nur zutreffend ist. Foto: Facebook/ 444.hu

Da hatte sich die Führung des 1. Stadtbezirks von Budapest, dem Burgviertel, etwas ganz Besonderes ausgedacht: Ab Neujahr wollte man die außerordentlich beliebte Tourismusattraktion Fischerbastei endgültig zahlungspflichtig machen. Für die ursprünglich auf einen Monat angesetzte „Testphase“ wurden auf die primitive Art Absperrungszäune aufgestellt, die man zu allem Überfluss in schwarzes Tuch hüllte. Die Zäune standen einen einzigen Tag lang, dann musste der Bürgermeister des Stadtbezirks, László Böröcz (Fidesz), kleinlaut den Rückzug erklären.

Schon lange gilt ein Obolus

Die Halászbástya (Fischerbastei) auf der Budaer Burg ist ein Touristenmagnet. Den feinsten Teil der Festungsanlage aus Sandstein hat sich die Creme de la Creme der Gesellschaft, abgeschottet durch das Hilton-Luxushotel, schon lange exklusiv gesichert. Wo die Gastronomie nicht jeden Quadratmeter in Beschlag genommen hat, gelten auch Eintrittspreise, um auf die obere Aussichtsterrasse zu gelangen: 1.500 Forint (rund 3,50 Euro) normal, für Schüler, Studenten und Rentner zum halben Preis. An den Nationalfeiertagen des 15. März, des 20. August und des 23. Oktober kann die Aussichtsplattform gebührenfrei betreten werden – der Andrang ist entsprechend überwältigend.

Der Obolus an den Eingangs-„Pforten“ zur Fischerbastei ist seit langen Jahren zu entrichten und wurde ursprünglich damit begründet, die Touristen und Schaulustigen sollten auf diese Weise zum Erhalt der denkmalgeschützten Attraktion beitragen. Die Burg wird jährlich von rund 4,5 Mio. Menschen aufgesucht. Was für die Tourismusbranche ein Segen, ist für die Anwohner ein Fluch. In deren Namen glaubte die seit Oktober neu im Amt befindliche Stadtbezirksregierung vorgehen zu müssen, indem man schwarz verkleidete Kordons aufstellte und auch für den letzten noch frei zugänglichen Teil an der Matthiaskirche Eintritt verlangte.

Nun sollte Touristen wie Einheimischen dieser bislang kostenlose Panorama-Blick durch die ebenerdigen „Gucklöcher“ auch noch verwehrt werden.

Test wird Realität

Bürgermeister Böröcz will mit der Maßnahme zur öffentlichen Sauberkeit und Ordnung beitragen, schreibt er zur Verteidigung in den Sozialmedien. Die Absperrungen seien laut Beschluss der Bürgerschaft als „Test“ gedacht gewesen, lediglich Kritiken an der Ausführung der Aktion ließ der Bürgermeister gelten. Der Burgbezirk wird aber weiter daran arbeiten, wie man die touristischen Einnahmen erhöhen kann. Das sei unvermeidlich, um Dienstleistungen von höherem Niveau für die Anwohner und ihre Gäste sicherzustellen.

Früher oder später wird der freie Ausblick von der Fischerbastei somit ein Ende finden. Der Hinweis vieler Bürger, wonach es sich um ein Kulturgut des tausendjährigen Ungarn handelt, das allen Staatsangehörigen uneingeschränkt gehöre, wird von der Politik sehr wahrscheinlich abgebügelt. Aber genau diese Entwicklung frustriert immer mehr Menschen, die am Balaton, in wild-privatisierter Wald und Flur oder im Falle von aus Steuergeldern aufwändig renovierten Schlössern und Burgen Stück für Stück ausgeschlossen werden.

3 Antworten auf “Trauerflor für Ausgesperrte

  1. Es wird ganz Budapest schaden, nicht nur an Ansehen weltweit, denn das Gefühl für die natürliche Schönheit der Stadt geht verloren, wenn an wichtigen Stellen gezahlt werden muss – wobei das Warten in einer Schlange mindestens genauso nervt wie das Bezahlen. Demnächst wird der Gellertberg wiedereröffnet. Bin gespannt, was den Machern da an Hindernissen einfällt. Der Budapester, der hier lebt und arbeitet, fühlt sich schon genug verarscht.

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  2. Das wird besonders der Fischerbastei selbst schaden. Wer bezahlt schon gern für mal ein paar Minuten “gucken dürfen”.
    Die Anwohner des Burgberges tun mir leid, sie würden auch unter dieser seltsamen Maßnahme leiden.
    Die Konditorei Rußzwurm wird auch nicht begeistert sein wenn evtl. weniger Touristen kommen.

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