Entwicklungsprojekt Liget Budapest
2021 bringt weitere Übergaben im Stadtwäldchen
Dieser Artikel ist Teil unseres Bezahl-Angebots BZ+
Wenn Sie ein Abo von BZ+ abschließen, dann erhalten Sie innerhalb von 12 Stunden einen Benutzernamen und ein Passwort, mit denen Sie sich einmalig einloggen. Danach können Sie alle Artikel von BZ+ lesen. Außerdem erhalten Sie Zugang zu einigen speziellen, sich ständig erweiternden Angeboten für unsere Abonnenten.
2020 war das bisher erfolgreichste Jahr für das Mega-Bauprojekt Liget Budapest, erklärte der für die Koordinierung des Projekts zuständige ministerielle Beauftragte László Baán Anfang Januar im Rahmen einer Pressekonferenz in der ungarischen Hauptstadt. Gleich mehrere Baustellen konnten trotz Einschränkungen durch die Pandemie erfolgreich abgeschlossen und der Öffentlichkeit übergeben werden, darunter das Sportzentrum Városliget, der nach Mihály Mőcsényi benannte Botanische Garten sowie eine mehr als zwei Kilometer lange beleuchtete Laufbahn. Darüber hinaus wurde dem Stadtwäldchen mit einem Abenteuerspielplatz für Hunde eine weitere Besucherattraktion hinzugefügt.
Wie Baán berichtete, konnte im vergangenen Jahr auch die neu gebaute Tiefgarage an der Dózsa György út übergeben werden. Direkt darüber empfängt nun die neu geschaffene Városliget-Promenade mit mehr als zehntausend Quadratmetern neuer Grünfläche die Besucher des Stadtwäldchens. An gleicher Stelle befand sich zuvor über mehrere Jahrzehnte ein gepflasterter Platz, der die meiste Zeit des Jahres zum Parken genutzt wurde. In der kommunistischen Ära fanden dort regelmäßig Aufmärsche statt.
Bei den Budapestern scheinen die Neuerungen gut anzukommen: Der Regierungsbeauftragte betonte, dass sich bereits anderthalb Millionen Besucher persönlich ein Bild von den Entwicklungen in Budapests größtem Stadtpark gemacht hätten. Er fügte hinzu, dass sich die Budapester nun nicht länger nur von den Plänen, sondern bereits von „der Realität der erreichten Meilensteine des Großprojekts überzeugen lassen können“.
Bisherige Fortschritte bei der Umgestaltung des Parks
Bereits 2018 wurden erste Elemente des, das gesamte Stadtwäldchen und seine nächste Umgebung umfassenden Großprojekts abgeschlossen. So wurde etwa das frisch renovierte Museum der Schönen Künste der Öffentlichkeit übergeben. Dieses allein hat seitdem bereits 600.000 Besucher angezogen.
2019 wurde aber auch das Restaurierungs- und Lagerzentrum des Nationalmuseums in der Szabolcs utca fertiggestellt. In dieser Hintergrundinstitution, wie sie sich sonst nur Weltklassemuseen wie das British Museum in London oder der Louvre in Paris leisten, werden mehr als 300.000 Kunstwerke – nicht nur des Nationalmuseums, sondern auch aus dem Museum der Schönen Künste, der Ungarischen Nationalgalerie und dem Ethnografischen Museum – unter sicheren und würdigen Bedingungen verwahrt.
Im selben Jahr wurde auch der Große Spielplatz im südöstlichen Teil des Parks fertiggestellt und zugleich in Betrieb genommen. Auf 13.000 Quadratmetern finden sich hier moderne, teils sogar barrierefreie Spielelemente für alle Altersgruppen. Rastplätze und ein kleines Café machen zudem den Erwachsenen den Aufenthalt angenehmer.
Gleichzeitig mit dem Spielplatz wurde das Millennium-Haus, vormals Olof-Palme-Haus, eröffnet. Die wunderschön renovierte Kulturinstitution, eines der ältesten und beeindruckendsten Gebäude im Stadtpark, beherbergt heute neben einer interaktiven Ausstellung auch ein elegantes Bistro sowie verschiedene Veranstaltungsräume.
Ebenfalls im Rahmen des Liget-Projekts, auch wenn es etwas aus dem Rahmen zu fallen scheint, wurde 2019 die Restauration der Sternenfestung im nordungarischen Komárom abgeschlossen. In dem Bau ist eine Gipsausstellung mit rund 300 Werken aus der Sammlung des Museums der Schönen Künste untergebracht, herausragende Skulpturen von der Antike bis zur Renaissance. Im Herbst öffnet die Festung ihre Tore für Besucher.
Diese Entwicklungen erwarten uns in diesem Jahr
Auch in diesem Jahr setzen sich die Erneuerungsarbeiten im Stadtwäldchen fort. So wird etwa der ehemalige historische Eingang des Parks, der Rondó, restauriert. Die kreisförmige Grünanlage mit ihren Spazierwegen ist eines der am besten erhaltenen historischen Elemente des Parks, obwohl auch hier der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen hat.
Gemäß den Plänen sollen der ursprüngliche Verlauf der äußeren Spazierwege, die die grüne Insel umgeben, und auch die jetzt unvollständige Doppelgasse des Rondós wiederhergestellt werden. Auch die neun halbkreisförmigen Sitze, die sich einst am Rand des grasbewachsenen Runds befanden, werden rekonstruiert. Wie auch im Original soll dieser Bereich des Parks weiterhin dem Spazieren und Entspannen dienen.
Des Weiteren soll die Városliget-Promenade um einen zusätzlichen Abschnitt erweitert werden. Dieser soll in der Zukunft einmal das Ethnografische Museum und die Neue Nationalgalerie verbinden. Der ehemalige Paradeplatz, dessen Fläche bisher hauptsächlich zum Parken genutzt wurde, wird so dauerhaft verschwinden.
Und auch die Umgestaltung der Grünanlagen wird in diesem Jahr fortgesetzt: Insgesamt sollen mehr als 10.000 Quadratmeter neue Grünflächen entstehen, weitere mehr als 50.000 Quadratmeter sollen zudem nach den aus dem 19. Jahrhundert stammenden originalen Lageplänen des deutschen Landschaftsarchitekten Christian Heinrich Nebbien wiederhergestellt werden.
Dazu werden 150 Bäume und Zehntausende von Sträuchern und Stauden gepflanzt. Die Arbeiten konzentrieren sich in diesem Jahr insbesondere auf die Umgebung des Ethnografischen Museums und des Hauses der Ungarischen Musik. Letzteres soll noch in diesem Jahr fertiggestellt werden.
In Bezug auf das Haus der Ungarischen Musik betont Benedek Gyorgyevics, CEO der mit der Umsetzung des Großprojektes beauftragten Városliget Zrt.: „In der bald beginnenden Phase der Parkentwicklung in unmittelbarer Nähe des Hauses der Ungarischen Musik wird der in den vergangenen Jahrzehnten eingezäunte Bereich, in dem sich vormals die Bürogebäude der Hungexpo befanden, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Damit erhalten Besucher des Stadtwäldchens Tausende Quadratmeter bisher nicht sichtbarer Grünflächen zurück. Die geplanten Anlagen sollen zudem einzigartige, interaktive Elemente enthalten, die den Besuchern ein besonderes Erlebnis bieten. Dazu gehört etwa der Musikalische Erlebnisgarten, der unter Familien, die das Haus der Ungarischen Musik besuchen, sicher ein beliebtes Ziel sein wird.“
Eröffnung 2021: Haus der Ungarischen Musik
Das Haus der Ungarischen Musik soll noch vor Jahresende seinen Betrieb aufnehmen. Es gilt schon jetzt als eines der bemerkenswertesten zeitgenössischen Gebäude der Welt und wurde dafür auch bereits mit renommierten internationalen Preisen ausgezeichnet.
„Das vom japanischen Stararchitekten Sou Fujimoto entworfene Haus wurde 2021 von der American CNN zu den am meisten erwarteten Gebäuden der Welt gezählt. Der Bau des Hauses kommt mit seiner organisch gewellten, löchrigen Dachkonstruktion und den riesigen Glaswänden ohne horizontale strukturelle Aufteilung gut voran. Die Installation der Dauerausstellung wird im Frühjahr beginnen“, sagt Gyorgyevics.
Das Haus der Ungarischen Musik soll nach seiner Eröffnung als komplexer Veranstaltungsort für ein vielfältiges, musikalisches Programm dienen. Mit interaktiven musikgeschichtlichen Ausstellungen, Konzerten und weiteren musikpädagogischen Angeboten sollen die Besucher hier in die Welt der Musik und Klänge entführt werden.
Eröffnung 2022: Ethnografisches Museum
Wie Városliget-CEO Benedek Gyorgyevics versichert, kommt auch der Bau des ebenfalls bereits preisgekrönten Gebäudes des Ethnografischen Museums gut voran. Die außergewöhnliche Struktur des Gebäudes, das zwei Hänge bildet, ist dem Eingang des Parks, der Rondó, vorgelagert. 2018 wurde es bei einem renommierten internationalen Immobilienwettbewerb, den International Property Awards, mit dem Preis „World’s Best Public Building“ (dt.: „Bestes öffentliches Gebäude der Welt“) ausgezeichnet und erhielt außerdem den Hauptpreis „World’s Best Architecture“.
Im Vergleich zum Justizpalast am Kossuth tér, wo das Ethnografische Museum bisher seinen Sitz hatte, wird es in diesem neuen Gebäude dreimal mehr Ausstellungsfläche geben. Zum ersten Mal in seiner mehr als 100-jährigen Geschichte wird die einzigartig reiche Sammlung damit in einem Haus von Weltklasse, das auf die Bedürfnisse der Institution zugeschnitten ist, präsentiert werden können. Erstmals wurden die Kulturschätze aus aller Welt 1896 auf der Millenniumsausstellung im Stadtwäldchen der Öffentlichkeit vorgestellt. Wenn es also im Frühjahr 2022 planmäßig seine Türen öffnet, ist es für das Ethnografische Museum so etwas wie eine Heimkehr.
Weitere Pläne scheitern an Hauptstadtregierung
Mit Blick auf die weitere Zukunft des Stadtwäldchens erörterte der ministerielle Beauftragte László Baán: „Die Regierung ist noch immer fest entschlossen, das Liget-Budapest-Projekt, das derzeit größte kulturelle Entwicklungsprojekt in Europa, vollständig umzusetzen. Das liegt nach wie vor im Interesse der Nation und der Hauptstadt und orientiert sich an den besten und einzigartigsten Traditionen des Stadtwäldchens.“
Laut Plänen stehen noch der Bau der Neuen Nationalgalerie, die an der Stelle der abgerissenen Petőfi-Halle errichtet werden soll, der Wiederaufbau des Városliget-Theaters an der Ecke von Dózsa György út und Ajtósi Dürer sor sowie die Errichtung des Hauses der Ungarischen Innovation, welches auf der Grundlage der ursprünglichen Pläne des Verkehrsmuseums entstehen soll, aus.
Baán kritisierte im Hinblick auf diese Projekte, dass die Hauptstadtregierung deren Umsetzung behindere, obwohl alle drei auf Flächen errichtet werden sollen, an denen zuvor bereits Gebäude standen, und es somit nicht zu einem Verlust von Grünflächen käme. Obwohl es eine gültige und durchsetzbare Baugenehmigung für alle drei Gebäude gebe, habe sich Premierminister Viktor Orbán dahingehend geäußert, dass man die Projekte nicht gegen den Widerstand der neuen Hauptstadtführung durchsetzen werde, so Baán.
Nach Ansicht des ministeriellen Beauftragten zeige die Tatsache, dass die Hauptstadtverwaltung bisher auf eine professionelle Beratung in Bezug auf die drei von ihr behinderten Kulturinstitutionen verzichtet habe, jedoch, dass es nicht um objektive Argumente gegen die vollständige Umsetzung des Projekts gehe.
Baán betonte aber auch, dass man keine Eile habe: Eine solche Entwicklung von historischem Maßstab verdiene es, wenn es sein muss, jahrelang geduldig auf eine vollständige Umsetzung zu warten. In Richtung der Hauptstadtregierung bemerkte er abschließend erneut: Der Schutz des Grüns könne kein Grund gegen das Liget-Projekt sein, da dadurch die Grünfläche des Stadtparks um Zehntausende Quadratmeter von derzeit 60 auf 65 Prozent vergrößert werde.
Hier finden Sie – auf Ungarisch und Englisch – weitere Informationen zum Liget-Projekt. Mit dabei eine Übersichtskarte mit allen Entwicklungsprojekten sowie viele beeindruckende Fotos.