Veto
Ministerpräsident Viktor Orbán:  „Die führenden Politiker der heutigen Regierungspartei haben den Rechtsstaat in Ungarn gegen die kommunistische Diktatur erkämpft.“  Foto: Ministerpräsidentenamt/ Vivien Cher Benko 

Erklärungen zum ungarischen Veto

Orbán: „Ungarn hat Kompromissbereitschaft bewiesen“

Ministerpräsident Viktor Orbán legte am Mittwoch in einer Mitteilung gegenüber der Nachrichtenagentur MTI seine Gründe für das Veto Ungarns dar. 

Ungarn habe bei der Diskussion über den Haushalt und den Wiederaufbaufonds nach den Prinzipien der loyalen Zusammenarbeit, der Berechenbarkeit und Transparenz gehandelt. Obwohl das Land die Bewältigung der Corona-Krise durch Kreditaufnahmen nie für richtig hielt, habe es Kompromissbereitschaft bewiesen.

Orbán: „Ungarn ist ein Verfechter der Rechtsstaatlichkeit“

Ungarn habe den Kompromiss im Juli 2020 nur aus europäischer Solidarität akzeptiert, damit die auf Finanzhilfe angewiesenen Länder so schnell wie möglich die notwendigen Mittel erhalten. Der Premier betonte seinen Eindruck, dass Brüssel nur die Länder als Rechtsstaat ansehe, die Migranten ins Land lassen würden. Die Länder, die ihre Grenzen und ihr Land schützten, seien hingegen keine Rechtsstaaten. Ungarn sei jedoch ein Verfechter der Rechtsstaatlichkeit. „Die führenden Politiker der heutigen Regierungspartei haben den Rechtsstaat in Ungarn gegen die kommunistische Diktatur erkämpft“, unterstrich Orbán.

„Die EU will mit dem Rechtsstaatsmechanismus Ungarn erpressen“, sagte Justizministerin Judit Varga in einem Interview mit der FAZ. Varga glaubt, die EU wolle mit diesem Mechanismus Ungarn und andere Länder auf eine Linie bringen, weil sie eine andere Migrations- und Familienpolitik verfolgen. „Ungarn und Polen spüren an der eigenen Haut, worum es in Wirklichkeit geht, und zwar keinesfalls um Werte.“

Sie fügte hinzu, dass die Anschuldigungen in Verbindung mit der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn immer überprüft werden, auch im Falle hochrangiger Politiker, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. So arbeiten Regierung und unabhängige Staatsanwaltschaft eng mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zusammen. 47 Prozent der im OLAF-Bericht angeführten Anschuldigungen gelangen in Ungarn zur Anklage; der EU-Durchschnitt liege bei lediglich 39 Prozent. „Warum sitzen also ständig nur Polen und Ungarn auf der Anklagebank der EU?“, fragte die Ministerin.

Opposition: Veto schadet Ungarn

Die Oppositionsparteien sind einhellig der Meinung, das Veto schade Ungarn. Der DK zufolge habe Orbán nun endgültig mit seinem Veto bekannt, dass er nur an solchen EU-Geldern interessiert sei, die man stehlen könne. Mit dem Veto gehen den ungarischen Bürgern, Kommunen und Unternehmen fast 17 Mrd. Euro an Fördergeldern verloren. Niemand habe die ungarischen Bürger in den vergangenen Jahrzehnten dermaßen verraten.

András Fekete-Győr (Vorsitzender der Momentum) schlug via Facebook in die gleiche Kerbe: „Der Ministerpräsident spielt selten mit so offenen Karten. Jetzt machte er jedoch klar, wenn er schon nicht die EU-Gelder bekommen kann, dann soll sie niemand erhalten, weder die Ungarn noch die Europäer.“ Damit könnte Orbán nicht nur den EU-Haushalt in Höhe von 1.074 Mrd. Euro und den Wiederaufbaufonds von 750 Mrd. Euro vereiteln, sondern auch Europa in eine schwere Rezession manövrieren und damit auch den Aufschwung der ungarischen Wirtschaft verhindern.

Die LMP forderte die Regierung auf, kein Veto gegen den siebenjährigen EU-Haushalt einzulegen, denn dies würde zu irreversiblen Schäden für die ungarischen Bürger führen, so die Co-Vorsitzende Erzsébet Schmuck. Die Regierung sollte nicht die Interessen des Fidesz mit denen Ungarns vermischen.

Ein Gedanke zu “Orbán: „Ungarn hat Kompromissbereitschaft bewiesen“

  1. Herr Premier V. Orban sieht das, von der EU erzeugte und absolut ungerechtfertigte Problem der unerlaubten Kreditaufnahme der EU als einen Angriff auf den oft zitierten Rechtsstaatsmechanismus. Hier soll EU-Recht gebrochen werden!!
    Damit hat Herr V. Orban voll Recht! Die, von der EU durchzudrückende Migrantenaufnahme (siehe EU-Vertrag vom 10./11.2018 von Marrakesch) sollen die vernünftigen und noch rechtsstaatlich agierenden Regierungen von Ungarn und Polen “auf Linie gebracht werden”, wie es die Justizministerin Frau Judit Varga formulierte.
    In der Argumentation erhält der ungarische Premier seit gestern, 18.11.2020 hilfreiche Munition, denn in Deutschland hat die regierende GroKo (CDU/CSU und SPD) ein “Ermächtigungsgesetz, das 3. Infektionsschutzgesetz mit weitreichenden Ermächtigungen (24 Mal wurde das Wort Ermächtigung im 36-seitigen Gesetz benutzt) durch den Bundestag, den Bundesrat und dem Bundespräsidenten mit Höchstgeschwindigkeit gepeitscht.
    Vor dem Bundestag friedlich demonstrierende Bürger (viele Tausende) wurden mit Wasserwerfern beschossen, viele unbescholtene Bürger wurden von der Polizei zu Boden gestürzt und verletzt (selbst vor einem Bundestagsabgeordneten!!! und friedlichem Polizeibeamten hielten sie nicht inne und stürzten ihn verletzend zu Boden ).
    Wir aufrechte deutsche Bürger hoffen und bitten Herrn Premier Viktor Orban standhaft zu bleiben. Die Rechtsstaatlichkeit ist in Deutschland nunmehr Geschichte; wenn sie es überhaupt einmal war.

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