NATO-Außenminister
Ukraine verteidigt ganz Europa?
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Es stehe außer Frage, dass Europa seine eigene Verteidigung organisieren muss. Ungarn sei bestens aufgestellt, da es bereits im dritten Jahr in Folge mehr als 2% seines BIP für Verteidigungszwecke aufwende, davon gleich 40% für die Modernisierung der Technik. Nur zwei Drittel der NATO-Mitgliedstaaten erfüllen diese Mindestanforderung.
Deswegen gehe es aber nicht an, dass viele NATO-Partner die Aufrüstung der EU im Kontext des russisch-ukrainischen Krieges interpretieren. „Wir können nicht jenen Standpunkt teilen, Europa werde in der Ukraine verteidigt. Die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der EU ist nicht zu verwechseln mit Investitionen in ein Land, das weder der NATO noch der EU angehört“, legte Szijjártó dar. Die Ukraine verteidige nicht Europa, sondern sich selbst, die Ukraine stehe im Krieg, aber kein einziges EU- oder NATO-Mitgliedsland. „Es ist ganz einfach falsch, die Ukraine als erste europäische Verteidigungslinie hinzustellen. Die Ukraine verdient jede Anerkennung für ihren heldenhaften Kampf, doch sie führt diesen für sich selbst.“
Ungarns Außenminister argumentierte wie bekannt, mehr Waffen und Geld für die Ukraine würden den Krieg sinnlos verlängern. Europa werde seine Streitkräfte dann am effizientesten modernisieren und entwickeln können, wenn es zugleich Frieden in der Ukraine schafft. Denn irgendwie müssen die eingeplanten 800 Mrd. Euro finanziert werden, was in der jetzigen desolaten Wirtschaftslage der EU fragwürdig erscheint. Die Lösung sieht Ungarns Diplomatie darin, sich hinter die Anstrengungen des US-Präsidenten zu stellen. „Aber statt dies zu tun, wird Hysterie geschürt und werden Feindbilder produziert.“
Zurück zu 2015!
Ungarn ist es leid, von der Ukraine mit leeren Versprechungen hingehalten zu werden, was die Rechte der nationalen Minderheiten anbelangt. „Die Ukraine hat diese Rechte an die ungarische Nationalität gemäß dem Zustand von vor 2015 zurückzugeben, wie das in elf Punkten niedergelegt wurde“, forderte Péter Szijjártó, der sich am Rande der NATO-Tagung mit seinem ukrainischen Amtskollegen Andrij Sybiha beriet. Positiv sei, dass in beiden Ländern wechselseitig neue Konsuln ihre Tätigkeit aufnehmen und ein weiterer Grenzübergang eröffnet wird. „Wir haben keine Sonderwünsche, wir fordern nur die Wiederherstellung des vor 2015 gültigen Rechts“, meinte der Ungar mit Hinweis auf eine aktuelle Vorlage im Parlament in Kiew, die den Gebrauch der ungarischen Sprache in Schulen selbst im privaten Bereich zwischen Schülern und Lehrern einschränken will. Sybiha habe abgewiegelt, das sei ein Vorstoß der Opposition, den man nicht beachten müsse. „Aber es ist auf der Tagesordnung und wird im Parlament behandelt. Nicht dass am Ende ein „Unfall“ daraus wird“, mutmaßte Szijjártó.
