Orbán bei Putin
„Mein Besuch ist auch eine Friedensmission“
Bei dem fünfeinhalbstündigen Treffen ging es u. a. um Fragen der Sicherheit in Europa, Energiepolitik und die Verlängerung des Gasliefervertrags. Es war das erste persönliche Treffen des russischen Staatsoberhaupts mit dem Regierungschef eines NATO-Mitgliedstaats seit der Eskalation zwischen Russland und dem Westen im Ukraine-Konflikt. „Mein Besuch in Moskau ist auch eine Friedensmission, die EU ist bereit für ein vernünftiges Abkommen, kein einziger EU-Spitzenpolitiker will Krieg führen“, erklärte Orbán.
Rückkehr zum Kalten Krieg vermeiden!
Die Jahre des Kalten Krieges „bedeuteten für uns große Verbitterung und viel Leid“, meinte Orbán. Deshalb sind die Ungarn und die Mitteleuropäer auch daran interessiert, die Spannungen zwischen Ost und West abzubauen und alles zu tun, um eine Rückkehr zum Kalten Krieg zu vermeiden. Dies erfordere Verhandlungen und Dialog. Orbán verwies auf das „ungarische Modell“: Sein Land ist Mitglied der NATO und der EU, unterhält aber gleichzeitig ausgezeichnete Beziehungen zu Russland. Dies verlange allerdings gegenseitigen Respekt.
Kritik an NATO-Osterweiterung
Putin zufolge sei die Krim souveränes russisches Territorium, aber er glaube, dass die Ukraine die Halbinsel mit Waffengewalt zurückerobern wolle. Wenn die Ukraine Mitglied der NATO wäre, dann würde Russland also mit der NATO im Krieg stehen.
Die Ukraine untergrabe die Sicherheit Russlands. Putin erinnerte daran, Moskau habe seine Vorschläge zur internationalen Sicherheit an die NATO und die USA übermittelt.
Zu den russischen Forderungen nach langfristigen Garantien erklärte er, man habe die Antwort der USA analysiert, die jedoch im Wesentlichen die russischen Bedenken hinsichtlich der NATO-Erweiterung, der Waffenlieferungen an die Ukraine und einer Rückkehr zum Status quo von 1997 ignoriere.
„Ukraine ist ein Instrument des Westens”
Er fügte hinzu, dass ein Staat seine Sicherheit nicht auf Kosten anderer erhöhen dürfe. Der Westen habe versprochen, dass die NATO nicht nach Osten expandieren werde, was dann dennoch geschah. Russland wurde einfach betrogen. Die USA haben den Vertrag über den Schutz vor ballistischen Raketen gekündigt; solche Raketen werden bald in Rumänien und Polen stationiert. Der nächste Schritt würde die Ukraine sein, glaubt Putin.
Seiner Ansicht nach sei die Ukraine nur ein Instrument des Westens. Um eine Eskalation zu vermeiden, müssten die Interessen aller Parteien berücksichtigt werden. Die NATO behauptet, sie verfolge eine Politik der offenen Tür, aber das ist nirgendwo festgelegt, fügte er hinzu. Sie könne neue Mitgliedsstaaten aufnehmen, sei aber nicht dazu verpflichtet, betonte Putin. Amerika und die NATO könnten der Ukraine sagen: Wir können euch nicht aufnehmen, weil wir andere internationale Verpflichtungen haben.
1 Milliarde Kubikmeter mehr Gas?
In den derzeit unsicheren Zeiten bedürfe es mehr Gaslieferungen im Rahmen des langfristigen Liefervertrags, erklärte Orbán. Im vergangenen Jahr unterzeichnete Gasprom zwei langfristige Verträge über die Lieferung von Erdgas aus Russland nach Ungarn bis 2036. Ungarn will nun die Liefermenge um jährlich 1 Mrd. m3 erhöhen. Putin meinte, dies stelle kein Problem für Russland dar. Eine Entscheidung darüber werde Anfang April fallen.
Zudem betonte Putin, dass Ungarn das russische Gas am preiswertesten in Europa beziehe, und zwar zu einem Fünftel des Marktpreises. Energie spielt eine wichtige Rolle in den russisch-ungarischen Wirtschaftsbeziehungen. Russland versorgt Ungarn seit vielen Jahren kontinuierlich mit Energie und deckt 55% des ungarischen Ölverbrauchs sowie 80% des Gasverbrauchs ab.
Orbán betonte, dass die Zusammenarbeit beim AKW Paks hervorragend sei. Neben der Kernenergie laufen auch wichtige Projekte im Bereich des Maschinenbaus, zudem werde in Lebensmittel- und Weltraumfragen sowie beim Luft- und Schienenverkehr zusammengearbeitet. Neben dem Einsatz von 2 Mio. Sputnik V-Impfstoffen lobte Putin auch die ungarische Lizenzierung von Sputnik Light sowie die Tatsache, dass der Transfer russischer Wissenstechnologie zur Impfstoffherstellung vorbereitet wird.
Lesen Sie hier den Artikel zum parallel stattgefundenen Außenministertreffen.