Fidesz-Europapolitiker Tamás Deutsch beklagte sich in den Sozialmedien, Brüssel wolle den Ungarn im Auftrag der Linken die Gelder entziehen. Foto: Sozialmedien/ Tamás Deutsch

EU-Gelder

Parlament legt sich quer

„Die von Ungarn ergriffenen Maßnahmen zur Stärkung seines Rechtsstaates sind nicht zufriedenstellend.“

Diese Einsicht vertritt eine breite Koalition linksgerichteter Parteien im Europaparlament (EP), dargestellt durch die finnische EVP-Abgeordnete Petri Sarvamaa. Diese erklärte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Brüssel, die EU-Kommission habe ihren Auftrag zu „eng gefasst“, als sich dieses Gremium bei der Kritik am ungarischen System der öffentlichen Auftragsvergabe an konkreten Korruptionsfällen aufhielt.

Viel zu spät auf dem richtigen Weg

Es mag ja sein, dass Ungarn nunmehr den richtigen Weg eingeschlagen habe. „Doch wegen der 17 Maßnahmen, die schnell durch das ungarische Parlament gedrückt wurden, kann nicht gleich geschlussfolgert werden, die Rechtsstaatlichkeit in dem Lande wäre wiederhergestellt“, sagte die Finnin. Eine breite Parteienkoalition von den Linken über die Sozialisten und die Grünen bis zu Liberalen und zur EVP sehe deshalb unverändert große Gefahren bei der richtigen und effizienten Verwendung der EU-Gelder in Ungarn.

Forint stürzt gleich wieder ab

Nachdem der Forint am Donnerstagmorgen noch auf 408 Einheiten zum Euro zusteuerte, stürzte die ungarische Währung nach diesem neuerlichen Verdikt bis auf 415 HUF/EUR ab. Die große Mehrheit im Europaparlament verlangt nun von der EU-Kommission, ihren Bedenken zu folgen. Das EP fordert klipp und klar, das Rechtsstaatsverfahren weiterzuführen. Sollte die Kommission nämlich dieses Verfahren mit Blick auf das Einlenken der Orbán-Regierung einstellen, würde es seine disziplinierende Kraft einbüßen, lautet die Argumentation. Man könne mit einem Kompromiss leben, wonach die Kommission letztlich „nur“ 3-4 Mrd. Euro einfriert, worüber die Staats- und Regierungschefs Anfang Dezember mit einer qualifizierten Mehrheit befinden.

„Es gibt keinen Grund zur Eile.“

Nachdem sich unlängst selbst der deutsche Bundestag mit dem „Problemkind“ Ungarn befasste, nutzte auf der EP-Pressekonferenz am Donnerstag mit Moritz Körner ein deutscher Europaabgeordneter der Renew-Fraktion die Gelegenheit, seine Kritik loszuwerden. So habe Ungarn „erst im letzten Moment“ zugestimmt, sich Selbstverpflichtungen aufzuerlegen. Diese Rechtsnormen seien aber vorerst nicht mehr als Versprechungen, meinte der junge Berufspolitiker von der FDP. Die Kommission dürfte die eingefrorenen Gelder erst freigeben, wenn Ungarns Regierung das Funktionieren der eingegangenen Verpflichtungen in der Praxis bewiesen habe. Es gebe keinen Grund zur Eile.

Der deutsche Europaabgeordnete Moritz Körner (FDP) erklärte, die ungarische Regierung habe die notwendigen Reformen nicht einmal ansatzweise umgesetzt. Foto: Sozialmedien/ Moritz Körner

In diesem Reigen durfte auch Daniel Freund von den Grünen nicht fehlen, der sich selbst als langjähriger Kämpfer im EP für die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in Europa bezeichnet. Ungarn sei ein Land, wo auf der höchsten Ebene, der Ebene des Ministerpräsidenten, Korruption gebilligt sei. Schon weitaus früher hätte man sich dieses Themas im Rahmen eines Verfahrens nach Artikel 7 annehmen müssen. Freund verlangt deshalb ein langfristiges Monitoring und stellte Kontrollen der Kommission bis Mitte 2026 in Aussicht.

Der deutsche Europaabgeordnete Daniel Freund (Grüne) machte sich dieser Tage wieder vor Ort in Budapest ein Bild davon, wie „ein Autokrat EU-Gelder dafür missbraucht, den Rechtsstaat zu zerstören“. Foto: Sozialmedien/ Daniel Freund

Reuters gab „Entwarnung“

Im Affront zur EP-Stellungnahme gab die Nachrichtenagentur Reuters ebenfalls am Donnerstag „Entwarnung“. Die EU-Kommission sei willens, die Blockade der EU-Gelder noch in diesem Jahr aufzulösen. Immerhin gehe es um insgesamt 13,3 Mrd. Euro und damit annähernd ein Zehntel des ungarischen BIP. Natürlich gelte weiter, dass Ungarn die Unabhängigkeit seiner Justiz zu stärken und die Maßnahmen im Kampf gegen Korruption umzusetzen habe. Im Zeitraum 2015-19 habe das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) bei 4% aller Auszahlungen von EU-Transfers in Ungarn Unregelmäßigkeiten entdeckt, weit mehr, als in allen anderen Mitgliedstaaten.

Die EU-Kommission sei stolz, die Orbán-Regierung zu markanten Zugeständnissen genötigt zu haben. Das Geld werde zugeteilt, aber unter strengen Bedingungen, denn das große Misstrauen bleibe. Reuters zufolge wird die konkrete Entscheidung aber vom ursprünglichen Datum des 22. November um eine weitere Woche hinausgezögert.

24 Antworten auf “Parlament legt sich quer

  1. Hier zeigt sich das ganze Schmierentheater einer links beherrschten EU, die ihre Diktatur ausübt und denjenigen diffamiert und vom Sockel stoßen will, der sich nicht davon beherrschen und ruinieren läßt. Ungarn darf sich dem linken Faustrecht nicht beugen.

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  2. EU Gelder sind bewilligt. Habe ich gestern bereits in einem Kommentar dazu geschrieben. Wer will, kann beispielsweise auch auf die Seite des Spiegels gehen, dort findet er heute auch diese Info. Die Kommission entscheidet und nicht linke Europaparlamentarier. Wieder einmal viel Rauch um nichts. Man sollte das nicht wieder von ungarischer Seite überbewerten und hochspielen. Das ist eben Demokratie. Da gibt es keine Einheitsmeinung. Wenn man das will, muss man aus der EU auswandern oder sich daraus verabschieden und diese verlassen.

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      1. Gut, vielleicht ist die Formulierung nicht korrekt. Gemeint ist, dass der Meinungsbildungsprozess in der Kommission positiv abgeschlossen wurde. Nur einzelne Fragen sind noch zu klären. Die Quelle möchte ich nicht öffentlich nennen.

        Hier aber erste Meldungen dazu:

        GigaNews, headtopics.com: Freigabe gesperrter Gelder (basieren auf dem Spiegelartikel)
        Spiegel: Orban kann wieder mit Milliardenzahlungen rechnen….

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        1. Das mit der Kommission ist schon bekannt (s. Reuters). Wir reflektieren vordergründig aber lieber Fakten, als die täglich auftauchenden Spekulationen, und die Stellungnahme des EP war nun mal die wichtigste Entwicklung an dem Tag. Dass man es beim SPIEGEL bereits als “Niederlage” für die Demokratie sieht, soll deren Problem sein.

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          1. Von anderer Seite baut sich jetzt Druck auf und zwar von nationalen Regierungen, was zu einer erneuten Verzögerung der Entscheidung führen wird. Europäische Diplomaten sagten gegenüber Bloomberg, dass einige EU-Mitgliedsstaaten, darunter die Niederlande, Schweden, Finnland und Dänemark angegeben haben, dass sie Zeit brauchen, um die Reformpläne Ungarns zu bewerten, und dass sie vorher interne Entscheidungsverfahren durchführen müssen. Dieselben Beamten warnen auch davor, dass es so schwierig sein wird, den Sanierungsplan der ungarischen Regierung von anderen EU-Vorschlägen zu trennen, wie dem 18-Milliarden-Unterstützungspaket für die Ukraine und der Frage der globalen Mindestkörperschaftssteuer. In beiden Fällen verhindert derzeit das ungarische Veto eine Entscheidung. Mann sieht, dass die ständige Veto-Karte ein zweischneidiges Schwert ist. Wan sollte sich das, immer vorher überlegen, was man lostritt. Die anderen können auch lernen. Ebenso fehlt der ung. Beschluss zum Natobeitritt!

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              1. Man kann es so sehen, aber man kann es auch als ein Geben und Nehmen sehen. In der Demokratie sind Kompromisse systemimmanent und es stellt sich bei Entscheidungsfindungen immer auch die Machtfrage. In Ungarn ist es anders als in den anderen Ländern der EU. Hier braucht die Regierung auf die Opposition keine Rücksicht zu nehmen. Deshalb besteht für die ungarische Regierung auch die Gefahr, dass man meint, das wäre in Europa auch möglich. Man kann m für alles einen entsprechenden Grund finden und die Entscheidung verklausulieren. Der wahre Grund spielt keine Rolle (ebenso wie im alltäglichen Zusammenleben der Menschen). Deshalb muss man klug handeln und nicht mit dem Kopf durch die Wand wollen, auch dann nicht, wenn man recht hat. Das ist so und war schon immer so. Dieses Verhalten ist sogar systemübergreifend notwendig. Erstes Prinzip muss immer sein, Mehrheiten zu organisieren. Da aber niemals alle einer Meinung sind, bedarf es immer der Kompromissbereitschaft bei den “Verbündeten”.

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  3. Übrigens ist der Forint nicht erst seit gestern im Steigen begriffen, sondern bereits seit dem 7.11. und das hat zunächst nichts mit der Entscheidung über die EU Gelder zu tun! Im Moment liegt der Durchschnittskurs, also nicht der Kauf- oder Verkaufskurs alleine, bei 411,726 Forint. Man muss dabei allerdings bedenken, dass der Euro im Moment auch international im Steigen begriffen ist. Auch gegenüber dem Dollar hat er seit dem 6.11. 5 – 6% gewonnen. Das wirkt sich natürlich auch auf den Wechselkurs zum Forint aus. Also besser die Kirche im Dorf lassen und nicht Emotionen künstlich züchten.

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      1. Dann sehen sie sich mal den folgenden Chart an (ab 7.11.):

        https://www.xe.com/currencycharts/?from=EUR&to=HUF&view=1M

        Selbst ohne Analysis oder Kenntnisse in der Kurvendiskussion kann man feststellen, das es sich um eine positive Steigung bis zum 17.11. handelt. Erst heute wurde erstmalig der vorangegangene Tiefpunkt unterschritten, was eher hoffnungsvoll ist. Die Kurse vorher schwanken zwar, aber die neuen Tiefpunkte unterschrittenen nie die vorangegangenen. Die Kurve zeigte bis heute ständig nach oben.

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          1. “stürzt die ungarische Währung nach diesem neuerlichen Verdikt bis auf 415 ..” ab, schreiben Sie heute am Morgen. Das gibt die Kurve allerdings nicht her, auch weil sie relativ gleichmäßig zur Vergangenheit pendelt. Ihre Aussage kann man nur so verstehen, dass es an “diesem Verdikt” lag und der Kurs jetzt dadurch noch schlechter geworden ist. Wie ich Ihnen aber bereits vorher geschrieben habe, befand sich ungarisch Währung seit dem 7.11. in einer Entwertungsphase gegenüber dem Euro. Der Forint hat sich aber heute nach langer Zeit genau entgegengesetzt verhalten. Er hat erstmalig seine vorhergehenden Tiefpunkt unterschritten, liegt jetzt nur noch bei bei ca. 407 und eine Trendumkehr erscheint möglich. Wie gesagt, anders als vorher unterschreitet dieser Tiefpunkt den vorherigen, was positiv für den Forint ist.

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            1. Und welcher Funktionsgleichung soll denn die Kurve bitte folgen?
              Sollte eine Nachricht lauten, dass die EU-Kommission die EU-Mittel nicht freigeben werde, ginge es mit dem Forint abwärts – ganz gleich, welche Tief- und Wendepunkte die Kurve zuvor aufwiesen hätte.

              Kein Charttechniker konnte die Kurseinbrüche im Feb.22 oder Frühjahr 2020 voraussagen.

              Man kann aber recht gut abschätzen, welche Kursreaktionen bestimmte Ereignisse erzeugen würden.

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            2. Das mit dem “Absturz” war vielleicht polemisch überzogen, aber die Aussage steht doch: Der Forint hat sein vorerst letztes historisches Tief gegen den Euro Mitte Oktober bei einem Kurs von 434,10 hinnehmen müssen, und erstarkt seither recht robust. Das kann aber nur als technische Korrektur aufgefasst werden, solange nicht Widerstandslinien geknackt werden. Ausgehend von der Kursentwicklung der letzten Monate bewegt sich eine solche Linie um 405, unter diesen Wert konnte der Forint erstmals wieder Anfang November erstarken (kurzzeitig sogar unter 400). Mitte des Monats versucht der Forint vergeblich, diese Linie zu meistern. Am Donnerstag scheiterte dieser Versuch ganz klar an der EP-Stellungnahme, als der Forint binnen kurzer Zeit von 408 bis 415 durchrauschte.

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              1. Ich glaube, sie weisen dem EP viel zu viel Bedeutung zu. Die fühlen sich natürlich um den Bauch gepinselt, aber im Wirtschaftsleben nimmt die wirklich keiner ernst. Hier noch einmal das, was ich meine:
                7.11. = 379,771 Start
                9.11. = 404,471 Hoch
                10.11. = 399,870 Tief
                11.11. = 405,670 Hoch
                13.11. = 404,771 Tief
                14.11. = 410,432 Hoch
                15.11. = 405,054 Tief
                16.11. = 412,582 Hoch
                16.11. = 406,437 Tief
                17.11. = 415,347 Hoch
                Heute bisher = 405,498 (wichtig)

                Die 405,498 sind jetzt wichtig! Erstmalig seit dem 7.11. unterschreitet das Tief heute das vorhergehende vom 16.11.! Es hat sicher etwas Positives diesen Rückgang bewirkt. Hätte man in den Finanzkreisen die EP Diskussion ernst genommen, wäre heutige Tiefpunkt nicht möglich!

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              2. Glauben sie mir, Politiker werden hinsichtlich ihres Intelligenz, ihres Wissens, ihrer Einflussmöglichkeiten und ihrer prophetischen Eigenschaften maßlos überschätzt. Die Finanzindustrie ist millionenfach besser informiert, als so Wald-und-Wiesen-Politiker im EP. Halten sie sich an Finanzinvestoren, die sind der Realität deutlich näher und können bei Fehlentscheidungen viel Geld verlieren. Aber Vorsicht, Dumme und versteckte im Namen Dritter handelnde “Fachleute” gibt es überall, man muss sich schon kritisch mit denen auseinandersetzen und auch fragen, wem nutzt es!

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  4. Wie weit nach rechts muss man eigentlich mittlerweile gerutscht sein, um die EVP zu den linksgerichteten Parteien zu zählen?

    Die Orban-Regierung spielt leider ein gefährliches Spiel, das Ungarn schon jetzt erheblich geschadet hat und noch sehr viel schlimmere Folgen haben würde, wenn die EU die Mittel nicht freigibt.
    Nun sind wir schon soweit, dass Fidesz nur noch mit Veto-Drohungen etwas erzwingen versucht und Anti-EU-Kampanien betreibt, während die Orban-Regierung in letzter Minute noch auf lieb Kind zu machen versucht und sich devot gibt.
    Dies ist wirklich absolut fern von souveräner Politik.
    Dies haben die Ungarn wahrlich nicht verdient.

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  5. Bei der EU Parlamend war nie konkretes Fälle genannt. Nicht, dass Wahl unregelmãßig war und muss eiederholen, wie in dem Bananenhaupstadt Bananenrepublik Deutschland, wo die Kanzlerin die Verfassungsrichter bőr einer Entschridung zu Dinner eingeladen hat, wo ein gewählter Ministerpräsident auf Befehl der Kanzlerin abgesetzt wurde, wo Politiker ohne herzliche Ausbildung wichtige Posten zugeschickt bekommen, ihre Familien und Freunden als Lobbisten einfesetzt wurden, wo gescheiterte Landespolitiker in der EU weiter ihre unqualifizierte Quatscherei weitermachen. Und so weiter

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  6. Der Forint ist nur aufgrund der Politik der Orban-Regierung derart gebeutelt.
    Die Währungen von Nachbarn wie Rumänien oder Tschechien haben sich nicht so schlecht entwickelt.

    Beim Fidesz sagen sich wohl einige Leute, ein schwacher Forint werde ausländische Investitionen anziehen und die ungarische Wirtschaft konkurrenzfähiger machen.
    Dumm nur, dass die ungarischen Bürger die Zeche dafür bezahlen müssen.

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    1. So ist es. Das haben lange Zeit auch viele Exporteure so gewollt. Heute rückt der Anspruch auf eine stabilisierte Währung in den Vordergrund, aber inmitten der Krise ist es weitaus schwieriger, das Schiff auf Kurs zu halten bzw. erst wieder auf Kurs zu bringen.

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