UPDATE - Orbán bei Macron
Übereinkunft in Paris
Der Ministerpräsident stimmt sich im Vorfeld der ungarischen Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnt, mit zahlreichen europäischen Spitzenpolitikern ab. Am vorigen Freitag war er in Berlin bei Bundeskanzler Olaf Scholz, am Dienstag erlebte Orbán einen herzlichen Empfang durch seine Amtskollegin Giorgia Meloni in Rom.
Auch das offizielle Paris begegnet dem ungarischen Ministerpräsidenten mit dem gebührenden Respekt, eine diplomatische Selbstverständlichkeit, die dem heutigen Berlin abhandengekommen ist. Und auch Frankreich unterstützt das Programm der ungarischen Ratspräsidentschaft, konnte Premier Orbán nach der langen Unterredung mit Präsident Macron mitteilen.
„Nach Berlin und Rom haben wir auch hier in Paris eine Übereinkunft erzielt, wonach das Halbjahr der ungarischen Ratspräsidentschaft davon handeln soll, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken.“ Orbán habe seinem Gastgeber außerdem klarzumachen versucht, dass eine „überwältigende“ Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten die Länder des Westbalkans, darunter Serbien, möglichst bald in der Gemeinschaft sehen möchte. „Wir werden als Vorsitzer besonders intensiv für diese Ziele streiten“, erklärte der Ministerpräsident.

Stimme gegen unheilige Allianz
Offenbar kritisierte Orbán Macron aber auch (vorsichtig) wegen des Geschachers von drei Parteienfamilien, die alle wichtigen Führungspositionen in den EU-Gremien unter sich ausgemacht haben. „Ungarn hat sich zu jeder Zeit – nicht zuletzt ausgehend von seiner Landesgröße, aber auch seiner Traditionen – dafür stark gemacht, dass in die wichtigen Entscheidungen der Gemeinschaft alle Mitglieder einbezogen werden müssen.“
Es gehe nicht an, dass diese Positionen auf der Basis von Parteienfamilien auf fünf Jahre im Voraus ausgehandelt werden. Es dürfe keine Mehrheiten und Minderheiten in der EU geben. „Weil sich hier eine Koalition zusammenschmiedet, die für die Fortsetzung des Krieges in der Ukraine und die verfehlte Migrationspolitik der EU ist, betrachten wir es als unsere Pflicht, dagegen unsere Stimme zu erheben.“

Trennendes Thema Ukraine
Macron habe die Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Genugtuung aufgenommen; die Teilnahme der französischen Vinci-Gruppe an der Bewirtschaftung des Budapester Flughafens „Ferenc Liszt“ sei ein brandaktuelles Beispiel. Ungarn gehöre zudem der von Frankreich angeführten „Nuklear-Allianz“ an, einer Koalition, die sich in der EU-Energiepolitik davon leiten lässt, dass der Übergang zu grünen Energien ohne die Kernkraft nicht machbar ist. Bei der Erweiterung des AKW Paks legt Budapest großen Wert auf die starke fachliche Präsenz französischer Firmen. Eine vertiefte Zusammenarbeit wird außerdem im Segment der Verteidigungsindustrie angestrebt.
Die stark abweichende Beurteilung des Ukraine-Kriegs war ebenfalls Thema der Gespräche. Hierzu habe Orbán dem Präsidenten den klaren Standpunkt angezeigt, wonach sich Ungarn „weder mit der Ukraine noch mit Russland befasst, Ungarn beschäftigt einzig und allein die Frage des Friedens. Ungarn ist nicht gegen das eine oder das andere Land, Ungarn ist gegen den Krieg.“ Der müsse dringend gestoppt werden, damit nicht immer mehr Menschen sinnlos sterben.
Auf eine Frage von Journalisten dementierte der ungarische Ministerpräsident, dass die Beziehungen zu China für Macron ein Thema gewesen wären. „Alle Welt weiß, dass wir mit China historisch ausgewogene und gute Beziehungen unterhalten“, sagte Orbán, der in der EU keinerlei Einwände dagegen erfahre, diese Zusammenarbeit weiter auszubauen.

Was wir erleben ist nix anderes als Imperialismus großer Staaten wie Frankreich, die sich über den Willen kleiner Länder – aber auch den Willen der europäischen Bevölkerung hinwegsetzten. Denken wir an Trianon.