Veto
Kanzleramtsminister Gergely Gulyás hält ein Veto für möglich: „Den Vorschlag der deutschen Ratspräsidentschaft kann Ungarn so nicht unterschreiben.“ Foto: kormany.hu/ Szabolcs Vadnai

Regierung

Minister schließt Veto nicht aus

Über die Corona-Krise, das Wahlgesetz und ein mögliches Veto bei der Diskussion über den EU-Haushalt sprach Kanzleramtsminister Gergely Gulyás auf der wöchentlichen Regierungspressekonferenz, die an diesem Donnerstag erstmals online abgehalten wurde.

Warum das Wahlgesetz ausgerechnet jetzt, zur Zeit der Notstandslage, modifiziert werde, erklärte der Minister damit, dass effektive Veränderungen für die Parlamentswahlen 2022 bis zum Januar 2021 vorgenommen werden müssten.

Scheinparteien das Wasser abgraben

Die Vorwürfe der Oppositionsparteien könne er nicht teilen, wonach ein Zusammenschluss vereitelt werde – sie könnten sowohl gemeinsam als auch auf gesonderten Listen antreten. Wie andere Fidesz-Politiker auch schob Gulyás vor, es hätte Einigkeit geherrscht, das Wirken winziger Scheinparteien zu vereiteln, die nur die staatlichen Zuwendungen abgreifen wollen.

Die merkwürdig erscheinende Passage im Gesetzentwurf mit dem Fotografieren von Stimmzetteln war kein Thema der Regierungspressekonferenz, sorgte aber für anständigen Wirbel in den sozialen Medien. So ergänzt die durch den Stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjén eingereichte Vorlage das Gesetz Nr. XXXVI von 2013 über das Wahlverfahren um die Passage: „Es verletzt nicht die Geheimhaltung während der Abstimmung, wenn der Wähler von seinem Stimmzettel zu Privatzwecken Fotoaufnahmen erstellt.“ Für die Opposition ist das ein klarer Beleg,  Stimmenkäufe zu ermöglichen.

Ohne Veränderung der Vereinbarung können Budapest ein Veto einlegen

Zu den unmittelbar bevorstehenden Abstimmungen des EU-Finanzrahmens und des Wiederaufbaufonds stellte Gulyás klar, das ungarische Parlament habe klare Bedingungen definiert, in welchem Fall die Regierung die Übereinkunft nicht unterzeichnen dürfe. „Der Vorschlag, der heute auf Druck der deutschen Ratspräsidentschaft auf dem Tisch liegt, erfüllt diese Bedingungen, d. h. die ungarische Regierung darf diese Vereinbarung nicht unterzeichnen.“

Demnach könnte Budapest ein Veto einlegen, wenn an der Vorlage keine Veränderungen mehr vorgenommen werden. Der Kanzleramtsminister merkte dazu an, die EU-Debatten drehten sich darum, ob man die Dinge in Budapest oder in Brüssel entscheiden werde. Budapest könne nicht akzeptieren, dass man den Mitgliedstaaten wichtige Kompetenzen entzieht.

Ungarn sei weiterhin bereit, den Südstaaten einmalig mit dem Wiederaufbaufonds zu helfen. Nicht unterstützen könne man jedoch, dass die deutsche Ratspräsidentschaft unter Berufung auf die Rechtsstaatlichkeit EU-Grundwerte einschränken wolle.

Bei der Beschaffung von Impfstoffen kommen alle Alternativen in Frage

Zur Corona-Krise räumte der Minister ein, die zweite Welle sei schwerwiegender, als man dies erwartete. Aber auch das Gesundheitswesen sei heute eindeutig besser aufgestellt, um den Her­aus­forderungen zu begegnen. „Wenn jeder die strengen Beschränkungen 30 Tage einhält, können wir auf eine bessere Folgezeit hoffen und darauf, dass es keinen Zusammenbruch des Gesundheitssystems gibt.“

Bei der Beschaffung mit Impfstoffen versuche Ungarn, alle Alternativen auszuschöpfen. In jedem Fall werde die Impfung freiwillig und kostenlos sein. Die besten Chancen sieht er aktuell für das Produkt von Astra­Zeneca. Dafür gibt es eine EU-Vereinbarung, die Ungarn 6,5 Mio. Dosen verspricht. „Die klinischen Tests befinden sich in der dritten Phase; wir erhalten die besten Nachrichten aus dem Labor in Oxford“, sagte Gulyás.

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24. Januar 2025 12:40 Uhr