Ministerpräsident Viktor Orbán war der erste internationale Gast von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (r.). Fotos: MTI/ Zoltán Fischer

Orbán und Kickl in Wien:

Gebt die Macht den Menschen zurück

Ungarn und Österreich möchten ihre freundschaftlichen und gutnachbarschaftlichen Beziehungen weiter vertiefen. Das beinhaltet eine Gemeinsame Erklärung von Ministerpräsident Viktor Orbán mit FPÖ-Chef Herbert Kickl am Donnerstag in Wien. Zuvor war Orbán Gast von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz.

Der ungarische Ministerpräsident besuchte die Hauptstadt Österreichs auf Einladung von Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, dessen erster internationaler Gast er war. Nachdem Österreich und Ungarn ein halbes Jahrtausend gemeinsame Geschichte in Europa verbinden, „soll dieses starke mitteleuropäische Herz auch im gesamten Europa kräftig schlagen“, erklärte Rosenkranz. Der mitanwesende FPÖ-Chef Herbert Kickl merkte an, als Gewinner der Nationalratswahlen habe man den Ministerpräsidenten Ungarns vorläufig „nur“ im Parlament empfangen können. „Aber wir arbeiten noch daran, dass es beim nächsten Mal im Bundeskanzleramt sein wird.“ An der Begegnung nahmen von Seiten der FPÖ auch die Nationalratsabgeordneten Susanne Fürst und Christian Hafenecker sowie der Europaabgeordnete Harald Vilimsky teil. In der Begleitung von Ministerpräsident Orbán befanden sich Kanzleramtsminister Gergely Gulyás und die Direktorin des Terrorhausmuseums, Mária Schmidt.

FPÖ-Chef Herbert Kickl (l.) und Ministerpräsident Viktor Orbán wollen, dass Brüssel an politischer Bedeutung verliert.

An einem Strang ziehen

Rosenkranz betonte, die bilaterale Zusammenarbeit sei insbesondere in Sachen Grenzschutz und Bekämpfung der illegalen Migration wichtig. Mit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit der Polizei zeigte er sich zufrieden. Der Nationalratspräsident verwies aber auch auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit, wo er Ungarn als wichtigen Partner im Austausch von Waren als auch von Arbeitskräften bezeichnete. Orbán drängte auf die Fertigstellung der Anbindung des Autobahnnetzes im Burgenland an den Südwesten Ungarns. Erneut sprach er sich für stärkere Parlamente der Nationalstaaten gegenüber Brüssel aus. Rosenkranz meinte, die Einladung der Präsidenten der Parlamente der EU durch Parlamentspräsident László Kövér für Mai 2025 nach Budapest biete einen guten Anlass, dieses Thema zu diskutieren. Orbán äußerte zudem den Wunsch, dass Ungarn und Österreich bei der Planung des nächsten Finanzrahmens der EU ab 2028 an einem Strang ziehen.

Wundervollen Kontinent bewahren

Anschließend fanden Gespräche zwischen Orbán und Kickl statt. Im Ergebnis präsentierten die Partner die „Wiener Erklärung“, in der sie ihren gemeinsamen Willen erklären, „als Achse einer positiven Reform die Vielfalt unseres wundervollen europäischen Kontinents zu bewahren und gedeihlich weiterzuentwickeln“. Die Parteichefs von Fidesz und FPÖ sprechen von der neu gegründeten EP-Fraktion „Patrioten für Europa“ als einem Bündnis, „das sich der besonderen Verantwortung des abendländischen Charakters unseres Kontinents bewusst ist“. Es wird die positive Rolle des Patriotismus betont und der um sich greifende Zentralismus abgelehnt. Statt die EU-Institutionen immer stärker auszubilden, müsse „die Macht an die Menschen und ihre gewählten Vertreter in den Parlamenten der Mitgliedstaaten zurückgegeben werden“. Direkte Demokratie und Parlamentarismus in den Heimatstaaten seien das Rezept, um Brüssels politische Bedeutung zurückzudrängen.

Die „Patrioten für Europa“, Orbán und Kickl, präsentieren stolz die „Wiener Erklärung“.

EU muss wieder Friedensunion sein!

Wenig überraschend sehen der Ministerpräsident und der „nur vorläufig verhinderte Bundeskanzler“ das Ausmaß illegaler Migration und den „organisierten Missbrauch des Asylrechts“ als größte Bedrohungen für die gewachsene Kultur Europas, die mit allen Mitteln der Rechtsstaatlichkeit zu bekämpfen seien. Andernfalls gefährde der Niedergang autochthoner Völker den europäischen Charakter. Fidesz und FPÖ wenden sich des Weiteren gegen eine „absurde Vielzahl von Geschlechtern“ sowie „linke Erziehungsexperimente“ mit Kindern. Kriege in der Welt sollten durch Waffenstillstand und Verhandlungen möglichst rasch beendet werden. Die EU müsse zu ihrem ursprünglichen Konzept einer Friedensunion zurückkehren. Das Projekt der EU solle sich auf seine tatsächlichen Zielstellungen Frieden, Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für möglichst alle Bürger fokussieren.

Köppel moderiert Schröder und Orbán

Am Nachmittag diskutierte Ministerpräsident Viktor Orbán mit dem früheren deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder über das Thema „Frieden in Europa“. Moderiert wurde das Forum vom Herausgeber der Schweizer Weltwoche, Roger Köppel. Natürlich stand der russisch-ukrainische Krieg im Mittelpunkt der Betrachtungen. Der ungarische Ministerpräsident wiederholte seinen bekannten Standpunkt, mit Donald Trump als US-Präsident – mit dem er unmittelbar vor dem Forum erneut telefonierte – werde das sinnlose Sterben in der Ukraine ein rasches Ende finden. Altkanzler Schröder sieht eine Hauptschuld, dass der Krieg in der Nachbarschaft immer weiter geht, bei der EU. Und er unterstützt die Friedensmission, die der Ungar im Sommer auf den Weg brachte.

2 Antworten auf “Gebt die Macht den Menschen zurück

  1. eine direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild, die es leider weder in Österreich noch, soweit ich das beurteilen kann, in Ungarn gibt wäre ein Segen. Wir sehen ja wohin uns die EU diktierte liberale Demokratie, die hier mittlerweile einer Diktatur gleicht ( was habe ich zu denken, was für ein Auto darf ich fahren, welche Heizung darf ich haben, wen und was muss ich nicht nur tolerieren sondern auch feiern etc) führt. Minderheiten erfinden das Rad neu und sind die ersten die laut schreien, wenn ihnen irgendwas nicht passt.

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  2. Da war die Zukunft Europas in Wien erfreulicherweise versammelt.
    Leider muss man zustimmen, dass die EU den Frieden nicht auf ihre Fahne geschrieben hat. Denn von der EU-Kommission ist eine diplomatische Friedensinitiative bezüglich des Konflikts Ukraine/Russland bisher nichts bekannt. Wofür erhielt die EU seinerzeit den Friedens-Nobelpreis?
    Jedoch, die fast diktatorischen EU-Vorgaben für alle EU-Staaten, abgeleitet aus dem GREEN DEAL, der bösartigen Genderphilosophie, der unkontrollierten Asyl-Migrations-Problematik, u.a.m. werden fast diktatorisch für die Beitrittsstaaten festgelegt. Wo ist die Demokratie geblieben?
    Die vernünftigen EU-Staaten kommen nicht umhin, die politische Bedeutung der EU-Kommission, wie geäußert, zurückzudrängen.

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6. Dezember 2024 9:05 Uhr