Die Lage in Transkarpatien
Frieden wäre so wichtig
Wenngleich die Regierung gemeinsam mit dem Ungarischen Kulturbund für Transkarpatien (KMKSZ) unzählige Hilfsprogramme auflegt, wäre die größte Hilfe für die Ungarn in der Ukraine der Frieden, erklärte Lőrinc Nacsa (r.). Der für die Nationalitätenpolitik der Orbán-Regierung zuständige Staatssekretär im Ministerpräsidentenamt ergänzte, auch für Russen und Ukrainer, ja für ganz Europa sei nichts wichtiger als Frieden.
Niemand bleibt verschont
Die örtliche KMKSZ-Leiterin von Ungvár (Uschgorod), der Hauptstadt Transkarpatiens, Lívia Balogh, verwies auf den tragischen Umstand, dass die Rekrutierungen in die ukrainische Armee und die Wirtschaftskrise keine Familie verschonen, von denen vielen zerrissen sind. Der KMKSZ-Vorsitzende László Brenzovics (M. l.) meinte, wenngleich Transkarpatien weit von der Front entfernt ist, würden die Menschen ihr Leben dennoch in höchster Anspannung leben. Ein Großteil der Bevölkerung sei ins Ausland geflüchtet. Nach Schätzungen des Bundes habe sich die Zahl der ungarischen Nationalität halbiert, was keine spezifische Erscheinung sei. Zur Gesamtbevölkerung der Ukraine gebe es erst recht keine offiziellen Zahlen, doch könnten bis zu 20 Mio. Menschen das Land wegen des Krieges verlassen haben.
Diplomatische Erfahrungen nutzen
Nacsa wünschte sich ein Gipfeltreffen der EU mit Russland, um endlich „mehrere hundert Jahre diplomatischer Erfahrungen auszuspielen, die Europa einst prägten und stark machten“. Der Staatssekretär wertete die russischen Raketen auf das Werk des US-Zulieferers Flex in Munkács (Mukatschewe) als brutal und gefährlich. „So etwas Schreckliches hat Transkarpatien in den letzten dreieinhalb Jahren nicht erlebt, selbstverständlich verurteilen wir die Attacke.“ Nacsa forderte nicht zuletzt unter diesem Eindruck eine Waffenruhe, die genutzt werden könnte, um die Friedensverhandlungen voranzubringen.
Heimkehr der Menschen unterstützen
Balogh zufolge haben die Menschen nach dem Angriff auf Munkács ihr Sicherheitsgefühl verloren. „Bislang galt Transkarpatien als sicheres Terrain, was auch das Auslandskapital zu schätzen wusste.“ Brenzovics verwies auf eine Zunahme der Luftangriffe auf den Westen der Ukraine und die Tatsache, dass die schwersten Kriegsschäden gewöhnlich gegen Kriegsende eintreten. Die Zeit nach dem Krieg werde nicht einfach, weil mit anhaltender Kriegsdauer immer mehr Infrastruktur zerstört wird und immer mehr Menschen ihr Leben verlieren, und weil der Westen heute die Hälfte des Staatshaushalts der Ukraine finanziere. Die Chancen für eine Rückkehr der Flüchtlinge sinken ebenfalls mit jedem weiteren Tag im Krieg.
Der Staatssekretär zeigte sich optimistischer, dass die Ungarn Transkarpatiens eine Zukunft als Gemeinschaft haben. Bisher sei keine einzige Bildungseinrichtung in Transkarpatien geschlossen worden, die Flüchtlinge ungarischer Nationalität hätten sich unweit ihrer Heimat, in Städten wie Fehérgyarmat, Kisvárda, Nyíregyháza oder Vásárosnamény niedergelassen. Die Orbán-Regierung wolle die Heimkehr dieser Menschen unterstützen, wenn es möglich wird.
