Nahostkonflikt
Evakuiert aus dem Libanon
Wie Außenminister Péter Szijjártó am Donnerstag in den Sozialmedien informierte, habe man in den letzten Tagen im Angesicht der Eskalationsspirale im Nahostkonflikt 165 im Libanon lebende Ungarn aufgesucht. Letztlich nahmen 18 ungarische Staatsbürger die offerierte Hilfe an, die gemeinsam mit ihren Familien nach Ungarn geholt wurden. „Wir drängen auf allen internationalen Foren auf den Frieden. Dessen ungeachtet haben wir die Pflicht, die Sicherheit unserer Bürger zu garantieren“, erläuterte der Außenminister die Hintergründe der Aktion. Ungarn habe seine Verbündeten in einer bereits bewährten Praxis über die Möglichkeit des Ausfliegens von Staatsbürgern informiert, so dass letztlich ein Dutzend Bürger anderer Nationen, Tschechen, Slowaken und Franzosen, evakuiert wurden.
Das ist eine sehr gute Aktion, da können sich andere Länder eine Scheibe abschneiden.
Und was ist mit der ungarischen Friedensmission im Nahen Osten? Da höre ich nichts.
Beginnen wir mit der Tötung von Haniyeh. Formal war er die Nummer eins in der Hamas Organisation und befand sich lange Jahre in Katar. Diese politische Führung im Ausland spielt seit dem Krieg nur eine eher repräsentative und unterstützende Rolle. Teheran wird die Tötung von Haniyeh im Iran nicht tolerieren können. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Iran Israel deshalb angreifen, es ist durchaus möglich, dass es sich dabei um einen offenen Angriff mit Raketen oder ähnlichem handelt.
Viel bedeutender war die Liquidation von Fuad Shukr. Ich würde sagen, dass er der Erste unter zwei oder drei Gleichen war. Er war Hassan Nasrallahs engster Berater in strategischen und militärischen Fragen und ein Mitglied des „Dschihad-Rates“. Fuad Shukr war für die Hisbollah also eine sehr wichtige Persönlichkeit.
Die Hisbollah und Israel führen bisher einen begrenzten Krieg, in dem sich beide Parteien an bestimmte, in erster Linie an für sie selbst aufgestellte Regeln halten, um nicht zu einem großen Krieg zu eskalieren. Doch diese Regeln werden zwangsläufig ausgeweitet, wenn es zu einem erheblichen Schlagabtausch kommen sollte.
Der Tod von vielen drusischen Kindern aufgrund des Hisbollah-Angriffs könnte für Israel sowohl als Vorwand als auch Grund für den Beginn eines großen Krieges dienen. Allerdings hatte sich Israel bisher (noch) nicht dazu entschieden, einen größeren Krieg mit der Hisbollah zu beginnen. Es wurde anscheinend nur beschlossen, auf eine für die Hisbollah sehr schmerzhafte Weise zu reagieren. Alles wird zukünftig davon abhängen, wie die Hisbollah und der Iran reagieren werden.
Wenn wir einen großen Krieg mit der Hisbollah ohne Beteiligung Irans in Betracht ziehen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß. Es ist davon auszugehen, dass die Hisbollah, gelinde gesagt, recht energisch auf Israel reagieren wird. Und da Israel sich nicht aus eigener Initiative für einen großen Krieg entscheiden wollte, wird Israel die Hisbollah für die Eskalation verantwortlich machen.
Ich glaube, dass Israel aus strategischen Gründen einen großen Krieg mit der Hisbollah beginnen wird, und zwar um die Spielregeln zu ändern, die für Israel strategisch absolut inakzeptabel sind. Diese Entscheidung wurde jedoch entweder (noch) nicht getroffen, oder es wurde beschlossen, ein paar Wochen zu warten, um beispielsweise etwas in Gaza abzuschließen oder um sich besser darauf vorzubereiten.
Was den Iran betrifft, so ist seine Beteiligung an einem großen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah wahrscheinlich, aber nicht sicher. In diesem Fall drohen dem Iran schwerwiegende militärische Konsequenzen seitens Israels und der USA. Wenn der Iran Israel einen begrenzten, einmaligen Schlag versetzt, stellt sich die Frage, ob und wie Israel darauf reagieren wird oder nicht. Der Iran profitiert nicht von einem großen Krieg mit Israel, aber wir werden sehen. In dem Moment, in dem es zu einer drastischen Eskalation kommt, steigen die Chancen dafür, auch wenn der Iran und Israel eigentlich keine Lust dazu haben sollten.
Jetzt müsste sich Ungarn bereits überlegen, wie es sich dann verhält. Ruft es dann Israel auch zu einem Waffenstillstand wie im Fall der Ukraine auf? Das würde dann aber eine 180 Grad-Wendung im Verhalten Ungarns bedeuten, das bisher bedingungslos zu Israel stand. Je mehr die ganze Sache eskaliert, umso mehr Nationen werden in diesen Konflikt hineingezogen. Ob die Türkei sich auch beteiligt, wird auch von dem abhängen, wie sich der Krieg entwickelt. Hinzu kommt, dass Erdogan massive wirtschaftliche Probleme hat, da käme eine Ablenkung gerade recht.