Foto: MTI/ Tibor Illyés

Ecofin in Budapest

Ein Plädoyer für kluge Politik

Als vollen Erfolg hat Mihály Varga das mehrtägige Treffen der EU-Finanzminister in Budapest bewertet.

Neben den Ministern und Staatssekretären der Mitgliedstaaten nahmen auch viele Notenbankpräsidenten sowie leitende Repräsentanten von EBRD, EIB, IWF und OECD an den Beratungen teil. Das informelle Treffen ohne die Not, Entscheidungen herbeiführen zu müssen, erlaubte tiefgehende Diskussionen kritischer Themen, meinte Varga. Der ungarische Finanzminister stellte einen direkten Zusammenhang zwischen dem Ukraine-Krieg und dem Umstand her, dass die USA zu einem fünffachen, China sogar zu einem zehnfachen Wirtschaftswachstum wie die EU imstande seien.

Alles hängt am Wettbewerb

Die ungarische Ratspräsidentschaft analysiere sämtliche Themen aus dem Blickwinkel der Wettbewerbsfähigkeit, die von ihr gesetzten Prioritäten leiteten sich daraus ab. In diesem Sinne drängt Ungarn die EU darauf, die gemeinsame Verteidigungspolitik zu stärken, die EU-Erweiterung (um den Westbalkan) voranzutreiben, die illegale Migration mittels eines effizienten Schutzes der Außengrenzen zu stoppen, die schwerwiegenden demographischen Probleme anzugehen, die regionalen Ungleichgewichte abzubauen und den Agrarsektor zu schützen.

Private Sparer für Ziele gewinnen

Varga plädierte dafür, im Zeichen des grünen Übergangs und der bis 2050 angestrebten Klimaneutralität private Spareinlagen zu aktivieren, um die getätigten Aufwendungen im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie zu verdoppeln. Ungarn habe ausgesprochen positive Erfahrungen gemacht, wie man die Bevölkerung intensiver an der Finanzierung der Staatsschulden beteiligt. Der Anteil der privaten Haushalte wurde von 3% in 2010 auf den heutigen Europarekord von 21% hochgeschraubt, der Anteil ausländischer Gläubiger von 65 auf 40% gedrückt.

Finanzminister Mihály Varga: „Heute ist Ungarn Europameister, was den Anteil der privaten Haushalte an der Finanzierung der Staatsschulden betrifft.“ Foto: MTI/ Tibor Illyés

Europa altert rasant

Das zweite Hauptthema der informellen Beratungen war die Überalterung Europas. Diese Entwicklung beeinträchtige die Produktivität, weshalb die zunehmend größere Rentenkasse immer weniger finanziert werden kann. Varga brachte hier das positive Beispiel der ungarischen Familienpolitik an, wonach man 2022 Platz 6 in der EU einnahm, während Ungarn vor 15 Jahren noch das Schlusslicht der EU-27 bildete. (Realistischer betrachtet ist die Fertilitätsrate aber auch in Ungarn nie über 1,6 gestiegen und aktuell wieder auf einen Wert unter 1,4 zurückgefallen.)

Das dritte Thema war die Unterstützung ärmerer Länder bei ihrem Schuldenmanagement. Hier betrachtet es Ungarn als ein Grundanliegen, die Probleme am Ort ihres Entstehens zu lösen, anstatt die Probleme mit der illegalen Migration nach Europa zu holen. Varga gab seinen EU-Kollegen den Rat mit auf den Weg, die demographischen Herausforderungen nicht mittels Migration lösen zu wollen, sondern mit einer klugen Familienpolitik.

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