Soldaten für Afrika
Eigenständige Militärmission im Tschad?
Das Parlament debattierte am Mittwoch eine Beschlussvorlage des Verteidigungsministeriums bezüglich der geplanten Militärmission. Szalay-Bobrovniczky begründete diese mit den drei Zielstellungen, die illegale Einwanderung zu begrenzen, einen Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus zu leisten sowie das internationale Projekt „Hungary Helps“ abzusichern.
Der letzte noch stabile Staat
Der Minister verwies darauf, dass Ungarn seit jeher dafür eintrat, die unbeschränkte Zuwanderung nach Europa zu stoppen. Ein schwerwiegender Ausgangspunkt der Wanderungsbewegung sei Afrika, insbesondere die Sahelzone. In dieser Region sei Ungarns Präsenz – wirtschaftlich, diplomatisch wie militärisch – kein Novum. Tschad sei der letzte noch stabile Staat in der Region. Ungarns Regierung hat ein komplexes Hilfsprogramm offeriert, das nun durch eine Militärmission begleitet werden soll.
DK: „Undurchdacht und riskant“
Bei der Debatte im Parlament sprach die DK von einer undurchdachten, riskanten Mission, die allein durch wirtschaftliche Interessen motiviert sei. Die Mission sei weder mit der NATO noch mit UNO oder EU abgestimmt. Auf französische Initiative sollte früher eine ähnliche Mission in Mali starten, die aber nicht zustande kam. Zum „Kampf“ der Orbán-Regierung gegen die illegale Migration merkte die Oppositionspartei an, dass 1.400 Schlepper aus ungarischen Gefängnissen entlassen wurden.
Die MSZP sieht die Wahrung der Interessen des Landes als allgemeine Erklärungsgrundlage ein, versteht aber nicht den eigenständigen Charakter der Mission. „Welche wirtschaftlichen Interessen müssen wir im Tschad unter Einsatz des Lebens ungarischer Soldaten schützen?“ – fragte der sozialistische Abgeordnete Tamás Harangozó. Zwar handele es sich um das zweitgrößte Kontingent ungarischer Soldaten im Ausland nach dem Kosovo, wo Ungarn aber als Teilnehmer einer internationalen Mission agiere. Ob max. 200 Soldaten im Tschad die illegale Einwanderung zu stoppen vermögen, bezweifelt der Abgeordnete stark.
Die Jobbik erkennt an, dass die internationale Sicherheitslage fortwährend kritischer erscheint. Tschad liege auf der Fluchtroute nach Libyen, weshalb es wichtig wäre, diese Route für die illegale Migration abzuschneiden. Man muss aktiv werden, damit der Terrorismus nicht nach Europa gelangt, die Teilnahme sollte für die Soldaten aber auf freiwilliger Basis erfolgen.
Mi Hazánk: Illegale Migration an Ungarns Grenzen stoppen!
Die Mi Hazánk bezog in der Debatte einen konträr entgegengesetzten Standpunkt. Es könne nicht sein, dass Ungarns Armee die Macht eines Diktators stützt, der Wahlen verbietet und auf Demonstranten schießen lässt. Die Rechten lehnen zudem den Versuch der Orbán-Regierung ab, die Kosten der Militärmission auf Jahre zu verheimlichen. Die illegale Migration müsste zuvorderst an Ungarns Grenzen gestoppt werden. Wer die Grenze illegal passiert, sei mit Bußgeldern in Millionenhöhe zu belegen, Mobiltelefone seien zu beschlagnahmen. Ungarns Soldaten gehören an die eigenen Landesgrenzen und hätten mehr Lohn für ihre Leistungen verdient.
Die Mi Hazánk würde die Beteiligung an Auslandsmissionen nicht ausweiten, sondern die Soldaten eher heimrufen, um damit die Terrorbedrohung des Landes zu mindern. Die größte Herausforderung für die Sicherheit Ungarns stelle die chauvinistische Ukraine dar, die systematisch die Ungarn Transkarpatiens unterdrücke. Es bestehe die Gefahr, dass die durch den Westen aufgerüstete ukrainische Armee nach dem Krieg Rache an den dortigen Minderheiten und an Ungarn üben könnte.
Zum Abschluss der Debatte wies der Verteidigungsminister Unterstellungen der Opposition zurück, die Soldaten sollten im Tschad „Oligarchen“ Schutz gewähren. Es gehe um die Absicherung von Hilfsmissionen, also ungarischer Fachkräfte. In der Sahelzone vertraue man den Ungarn, die keine belastende Vergangenheit als Kolonialmacht mitbringen. Kristóf Szalay-Bobrovniczky stellte klar, wenngleich die Mission eigenständig erfolge, werde man selbstverständlich mit den Franzosen und den US-Amerikanern in der Region kooperieren.