Regionalminister Tibor Navracsics zeigte bei einem Vortrag in Kaposvár die Entwicklungsunterschiede im Lande auf und meinte, man dürfe Ungarn nicht als ein „großes Ganzes“ auffassen. Foto: MTI/ Tibor Katona

Minister zu EU-Geldern:

„Die kann uns keiner mehr nehmen“

Ungarn rechnet noch in diesem Jahr mit EU-Transfers in Höhe von 1,5 Mrd. Euro. Das behauptet zumindest der für die EU-Gelder zuständige Regionalminister Tibor Navracsics. Justizministerin Judit Varga kündigte derweil noch strengere Regelungen im Kinderschutzgesetz an.

Auf einer Veranstaltung in Kaposvár sprach sich Navracsics vor dem Osterwochenende für eine Entwicklungspolitik aus, die den regionalen Unterschieden zu Leibe rückt. Mit anderen Worten könne man das Land Ungarn nicht als „große Einheit“ auffassen, dessen Entwicklungsunterschiede im Landesinneren tolerierbar seien. Natürlich müsse auch Budapest im harten internationalen Wettbewerb der Großstädte standhalten. Die Entwicklung der Hauptstadt dürfe aber nicht zu Lasten der sonstigen Regionen geschehen.

Ab dem Sommer 1,5 Mrd. Euro

Durch das Aufschließen der heute noch zurückgebliebenen Regionen, eine allgemein steigende Wettbewerbsfähigkeit, die grüne Wende und den digitalen Wandel wolle Ungarn bis 2030 unter die fünf lebenswertesten EU-Länder aufsteigen. „An dieser Zielstellung hält die Regierung fest“, betonte der Regionalminister, der zu den Gerüchten um den stockenden Fluss der EU-Gelder anmerkte, die Verhandlungen gingen „fahrplanmäßig“ voran. So habe man sich im vorigen Sommer das Ziel gesetzt, die operativen Programme bis zum Jahresende 2022 durch die EU-Kommission abzusegnen. Das sei erfolgreich geschehen, „nun kann uns niemand mehr die EU-Gelder wegnehmen, Ungarn wird keine Einbußen erleiden“. Navracsics rechnet im laufenden Jahr mit einem Zufluss im Volumen von 1,5 Mrd. Euro, woraus 2024 bereits 2 Mrd. Euro und 2025 sogar 2,8 Mrd. Euro werden. Ab dem Sommer werde Geld fließen, wenn die letzten Fragen zur Unabhängigkeit der Justiz zufriedenstellend geklärt sind.

Grünes Licht für Erasmus

Auch für die Erasmus-Stipendien ungarischer Studenten gab der Minister grünes Licht. Nach Verhandlungen mit den EU-Kommissaren Elisa Ferreira (Regionalpolitik), Johannes Hahn (Haushalt) und Marija Gabriel (Bildung und Jugend) in Brüssel bat Tibor Navracsics diese, der koordinierenden Tempus-Stiftung mitzuteilen, dass es keine Hindernisse für die Teilnahme ungarischer Hochschulen an Erasmus+-Programmen (mehr) gebe. Ebenso dürfte die Finanzierung von Horizont-Forschungsprojekten über 2024 hinaus reibungslos erfolgen. Dazu habe die EU-Kommission bereits ein klärendes Schreiben an die Konsortialpartner und die ungarischen Hochschulen versandt. Bekanntlich stört sich Brüssel an dem unlängst vollzogenen Modellwechsel, der zwei Dutzend staatliche Universitäten an öffentliche Trägerstiftungen übertrug, denen Fidesz-Nähe nachgesagt wird.

Justizministerin Judit Varga will beim Kinderschutzgesetz im Herbst nochmals nachlegen.

Im Kontext mit Grundrechtecharta der EU

Unterdessen bekräftigte Justizministerin Judit Varga, Ungarn werde dem Druck aus Brüssel nicht nachgeben, wenn es darum gehe, die Kinder zu schützen. Die linksliberalen Medien seien förmlich aus dem Häuschen, wie viele Mitgliedstaaten dem Prozess wegen des ungarischen Kinderschutzgesetzes beigetreten seien, an der Seite von Hauptkläger EU-Kommission und Europaparlament.

„In einem solchen Verfahren gibt freilich nicht die Anzahl der Kläger den Ausschlag“, schrieb Varga in den Sozialmedien. Es gehe vielmehr um die korrekte Interpretation des Gemeinschaftsrechts, etwa bei der Frage, wo nationale Befugnisse vorliegen. Ungarn argumentiere in voller Übereinstimmung mit der Grundrechtecharta der EU, in der schwarz auf weiß stehe, dass die Erziehung der Kinder ausschließlich Sache der Eltern sei. Des Weiteren falle das Bildungswesen laut EU-Verträgen unter nationale Kompetenz.

„Es ist bedauerlich, dass die Regierungen mehrerer Mitgliedstaaten der aus Brüssel und Übersee angeheizten Gender-Propaganda aufgesessen sind“, schrieb die Justizministerin, die sich zudem wundert, dass der EU-Kommission „langsam jede Minderheit wesentlich wichtiger zu sein scheint“, als die in Europa heimischen Nationen. Die Orbán-Regierung stütze sich jedoch auf den Willen von 3,7 Mio. Bürgern, die bei der Nationalen Konsultation 2022 einhellig erklärten, den westlichen LGBTQ- und Gender-Wahn abzulehnen. Mehr noch, wird das inkriminierte Gesetz im Herbst durch das ungarische Parlament weiter vertieft. Im Ergebnis werde Ungarn den strengsten Kinderschutz in ganz Europa haben, versprach Varga.

Nicht länger Wächter über die Verträge

„Brüssel hat gegenüber dieser Regierung schon früher zweierlei Maß angewandt“, meint derweil Kanzleramtsminister Gergely Gulyás. Deshalb hatte man nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen 2022 keine Illusionen, „dass sich dies plötzlich ändert“. Der Staat sorge darum schon seit Jahren für eine Vorfinanzierung von Projekten, um Schaden abzuwenden, welcher dem Land infolge des destruktiven Brüsseler Verhaltens entstehen könnte. Im Interview für die konservative Tageszeitung „Magyar Hírlap“ wiederholte der Minister die These, der Streit mit der EU-Kommission handle seit langem nicht mehr von juristischen Fragen, da würden immer neue Einwände „an den Haaren herbeigezogen“. Einzig und allein eine politische Entscheidung stehe der Einigung über den Mittelfluss noch im Weg. „Die EU-Kommission ist nicht länger Wächter über die Verträge, wie das in Lissabon festgehalten wurde“, Brüssel halte sich bei seinem Auftreten gegenüber Ungarn nicht an das Gemeinschaftsrecht. „Wir sprechen hier von einer internationalen Organisation, wo das Primat des Rechts und damit auch die Grundprinzipien des Rechtsstaates nicht länger zur Geltung kommen.“

19 Antworten auf “„Die kann uns keiner mehr nehmen“

  1. Erst wenn die Orban-Regierung wirklich liefert, kommt auch das Geld.
    Die getroffenen Zusagen müssen nun von der Orban-Regierung auch umgesetzt werden.

    Klage gegen das Orbansche “Kinderschutzgesetz”:
    Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Dänemark, Portugal, Irland, Spanien, Malta, Österreich, Schweden, Slowenien, Finnland, Griechenland, Frankreich und Deutschland sowie das Europäische Parlament haben sich an die Seite der EU-Kommission gestellt.

    Gleichzeitig will Ungarn die Zusammenarbeit mit Russland fortsetzen und Szijjártó treibt sich wieder in Moskau herum – wohlgemerkt nicht in Friedensmission.

    Fidesz-Außenpolitik zeichnet sich offensichtlich dadurch aus, dass maan diejenigen, von denen man etwas fordert, beständig verärgert.
    Beim Fidesz hat man offensichtlich noch immer nicht aus den blockierten EU-Mitteln gelernt.

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    1. Ungarn fordert nur sein Recht für seine Beiträge, wird aber von der EU-Kommission längst nur noch erpreßt. Und die jüngsten Wahlen in etlichen Ländern, die Sie nennen, sprechen mittlerweile eine andere Sprache als Ihre Sprache der US-EU-Vasallen. Und nach Ihrem Machtarroganz-Denken hätte Bundeskanzler Schröder auch jede Zahlung an den Freistaat Bayern verweigern können und sollen, weil Bayern der SPD nicht gehorchte und daher seine Bundesregierung verärgerte, wohingegen Kohl und erst recht Merkel zu nachgiebig waren, jedoch Adenauer einst demnach Zahlungen an SPD-regierte Länder verweigern mußte, weil diese seine Bundesregierung verärgerten.

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      1. Ungarn hatte sich nicht an die Verträge gehalten.

        Und auch jetzt wird wieder Klage vor dem EUGH wegen eines Rechtsverstoßes der Fidesz-Regierung erhoben.

        Das Gerede über Vasallen ist wohl eher in Richtung Orban-Regierung angebracht, die Ungarn in Abhängigkeiten von Russland und eben von EU-Mitteln gebracht hat.
        Da kann also die Fidesz-Regierung nicht mal mehr seine Lehrer angemessen bezahlen, wenn keine Gelder von der EU kommen. Das ist Vasallentum.

        Also ich habe noch von keiner Bundesregierung gehört, dass die Bezahlung der eigenen Staatsbediensteten von anderen abhängig sei.

        Aber schön, dass Sie, mein lieber Hohensohn, mittlerweile die EU mit einem Bundesstaat vergleichen. Da sind Sie gedanklich ja doch auf dem richtigen Weg, hin zu einem europäischen Bundesstaat. 😉
        Und der wäre wirklich eine dritte Weltmacht.

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    2. Da wird ihm geholfen:
      https://www.youtube.com/watch?v=llbX1HxvPJM&t=5783s
      Hatzig der ewiggestrige Kriecher!
      Und zu Zeiten der Impfung war er auch vorne unter den Krakehlern, wie die linksgrünen Trullas die vor der deutschen Menge hysterisch jaulten, Impfverweigerer würden ihnen die Freiheit klauen. Heute wissen wir, die Mikrobe ist ein laboröses Ami-Virus und die Impfung saugefährlich bis tödlich. Und für diejenigen, die nicht so sehr dadurch litten oder noch immer leiden, war die Spritze so wirksam wie ein Schluck Abwasser aus dem Klo. Pfizer, der Bullshit!

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  2. Die Niederlande, Kernland der Pädophilie und der sexuellen Kinderschändung. Rutte war so einer.

    Die Lage ist eindeutig. Diese NGOs haben nix in Kindergärten und Schulen verloren. Und das Erziehungsrecht liegt bei den Eltern.
    Es bestünde natürlich die Möglichkeit, dass man die Drag Queens einfach in die Bildungseinrichtung ließe und dann vor den Augen der Kinder durch den Kakau zöge. Was für ein linkgrüner Shit.

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    1. Ungarn hat absolut keine Rechte auf EU-Gelder, solange eine kriminelle korrupte Jadith Varga, eine Pseudoministerin im Amt ist ist jede Rechtsstaatlichkeit völlig unglaubwürdig, da braucht es schon ein totaler Rücktritt der gesamten Orbanmaffia!

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        1. Als Justizministerin trägt Varga für ein Rechtssystem Verantwortung, das die Korruption nicht eindämmt und sogar befördert.
          Unter Varga wurde Ungarn zum Selbstbedienungsladen einer korrupten Gruppe.

          Aber Sie, Herr Ackermann, verschließen ja auch gerne die Augen, selbst wenn Ihnen ein Verdachtsfall auf dem Tablett präsentiert wird.
          So sind sie eben, die ungarischen Medien.
          In einem Satz am Ende eines Artikels auf portfolio wird als Randbemerkung erwähnt, dass ein Autobahnkilometer in Ungarn das 4fache von dem im Nachbarland Kroatien kostet. In Deutschland würden sich die Medien auf eine solche Ungereimtheit stürzen.
          In Ungarn heißt es dann in den Fidesz-Medien nur: Das kommt von der Soros-NGO und ist gelogen.

          Dann schaltet die Fidesz-Regierung noch youtube-Werbung gegen irgendjemanden – mit Steuergeldern finanziert. So etwas habe ich in Deutschland noch nie gesehen.

          Auch wird nicht hinterfragt, wie es sein kann, dass die ungarische Regierung ist der größte Werbekunde des Landes.

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          1. “Unter Varga wurde Ungarn zum Selbstbedienungsladen einer korrupten Gruppe.”

            Wissen Sie eigentlich, seit wann Frau Varga im Amt ist?

            “So sind sie eben, die ungarischen Medien.”
            Auf Ihre krankhaften Anschuldigungen und Beleidigungen lohnt es nicht einzugehen, Sie (dis-) qualifizieren sich selbst.

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            1. Varga ist schon lange für den Fidesz tätig.
              Seit Juli 2019 ist sie Justizministerin und damit direkt verantwortlich.
              Indem sie die bisherige Politik fortsetzte und verteidigte, übernahm sie auch Verantwortung für all die Jahre der Fidesz-Regierungen zuvor.

              All die Kritik an der Situation der Medien in Ungarn wischen Sie mal wieder “unqualifiziert” beiseite und gehen auch nicht auf die von mir genannten Punkte ein. Darin spiegelt sich recht deutlich das Problem der ungarischen Medienlandschaft wieder.

              Nochmal das Beispiel:
              3,3 Mrd. HUF pro Kilometer bezahlt die Orban-Regierung MEHR für eine Autobahn, als die kroatische. Das sind bei 20km satte 66 Mrd. HUF.
              23.000 Ungarn müssen ein Jahr lang für dieses Geld arbeiten, wenn sie den Mindestlohn erhalten.
              Aber statt hier mal nachzuhaken, verbreiten ungarische Medien lieber Fidesz-Propagandasprüche. 😉

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              1. So ist es. Kanzler Scholz ist direkt verantwortlich für den Murks, den die GroKo in all den Jahren angerichtet hat. Und mit ihm Grüne und Liberale, die schon in der Opposition allerhand Vorhaben mitbeschlossen, die heute an Fahrt aufnehmen – im besten D aller Zeiten.

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        1. Oh – wieder eine der tollen youtube-Quellen.

          Erzählt da ein Frauchen etwas über die Fellpflege ihres Lieblingskätzchen?
          Oder erklärt uns jemand, wie Gesundheitsfördern doch die Eigenurintherapie ist – immer schön den Mittelstrahl verwenden. 🙂 😀

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          1. Falls Sie es nichts wissen, Youtube hat mit den Video-Inhalten nichts zu tun. Nicht selten aber zensiert youtube im Auftrag der Regierenden. Die Anschuldigungen gegen Scholz sind bekannt, wurden von vielen vermittelt, teilweise sogar vom regierungsgesteuerten Mainstream.
            Können Sie als Alex auch bei cicero nachlesen, was Martin Wehrle so zusammenträgt. Nur ein Tipp. Unseriös sind die offiziellen Faktenchecker und der ÖRR, wie allseits bekannt und zugegeben, zb durch die Sonder-Bezahlung sog. Fernsehmoderatoren. Was die Faktenchecker so in der Covid-Ära getrieben hat, darüber sind sich die meisten Bürger in A und D bewusst. Das wird so schnell nicht vergessen.

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  3. Ob Navracsics schon von dem Geschäftsbesuch seines Fidesz-Kollegen in Moskau und der Warnung seines Chefs an die EU wusste, als er diese optimistischen Erwartungen äußerte?

    Seinen Partnern ständig den Finger zu zeigen, wird am Ende teuer.
    Aber die Ungarn hatten sich für die Politik dieser Regierung entschieden – sie werden die Zeche zahlen müssen.

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