Außenminister Péter Szijjártó im Rat der Energieminister: „Die EU hat Monate auf den Irrweg der Gaspreisdeckelung verschwendet.“ Fotos: Außenministerium

Gaspreisdeckel - UPDATE

„Das ist wie eine Einladung“  

Gegen den Widerstand Ungarns haben die EU-Mitgliedstaaten eine Deckelung der Gaspreise durchgesetzt.

Insgesamt neun Länder, darunter Deutschland, waren gegen diesen Eingriff in die Marktmechanismen, weshalb die Mehrheit einen Kompromissvorschlag durchsetzte.

„Statt sich mit sinnvollen Fragen wie der Suche nach neuen Energiequellen oder der Entwicklung der Infrastruktur zu beschäftigen, hat die EU nun Monate auf den Irrweg der Gaspreisdeckelung verschwendet“, erklärte Außenminister Péter Szijjártó noch am Montag in Brüssel. Ungarn hielt auch nach dem neuerlichen Treffen der Energieminister an seiner grundsätzlichen Ablehnung des Preisdiktats fest. Es handle sich dabei um eine „schädliche und gefährliche, obendrein aber vollkommen überflüssige“ Maßnahme. Denn die Gemeinschaft reagiere auf Geschehnisse auf den Märkten, die sich im August zutrugen.

Angebot wird künstlich verknappt

„Wie unnötig diese Preisdeckelung ist, zeigt doch die Tatsache, dass Europa seither auch ohne Eingriffe irgendwie über die Runden gekommen ist“, meinte Szijjártó, der in der Folge des Eingriffs in die Marktverhältnisse Preiserhöhungen befürchtet. Denn zum einen wird das Angebot künstlich verknappt, zum anderen wurde ein Preisdeckel bestimmt, der über dem heutigen Marktpreis liegt. Das sei wie eine Einladung an die Händler und Anbieter, nach dem Motto: „Wir sind bereit, mehr für das Erdgas zu bezahlen“. Diese Einmischung in die Märkte sei unverantwortlich und beispiellos. Die Lösung sieht Ungarn in gesteigerten Bezugsmengen, wofür die Infrastruktur ausgebaut werden müsse. Immer mehr LNG-Terminale überall in Europa nützten nicht viel, wenn keine Röhren das angelieferte Flüssiggas weiterleiten.

Die EU reagiert verspätet auf ein Problem und verschafft sich ein neues, denn Händler könnten sich eingeladen fühlen, die Preise zu erhöhen.

Bereits im Vorfeld hatte der Außenminister in Aussicht gestellt, die Gaspreisdeckelung erzwinge eine Neuverhandlung des langfristigen Gasliefervertrags mit Gasprom. Er habe sich bereits telefonisch mit Vizepremier Alexander Nowak konsultiert für den Fall, dass die neue Regelung Lieferungen über Gaspipelines einschließen sollte.

Kroaten erpressen Mitteleuropäer

Szijjártó  ging auch auf die Frage der Lieferungen von Rohöl ein, wo er scharfe Kritik an Kroatien und der EU-Haltung übte. Mitteleuropa bezieht bislang 19 Mio. t Rohöl via Druschba-Trasse aus Russland, Abnehmer sind neben Ungarn auch Tschechien und die Slowakei. Mit den Sanktionen rückten alternative Lieferrouten in den Fokus; für die Region bietet sich allein die kroatische Adria-Trasse an. Die verfügt aber nur über eine Kapazität von 12 Mio. t. „Dieses Problem ist seit einem halben Jahr bekannt, doch nichts tut sich“, beklagte der Außenminister. Er bezeichnete das Nichtstun der EU als riesigen Fehler, denn hier handele es sich nicht um eine bilaterale Angelegenheit oder eine Sache von drei, vier Ländern, sondern um eine Angelegenheit von EU-Tragweite.

Obendrein verhielten sich die Kroaten „nicht korrekt“, wenn sie den am Jahresende auslaufenden Transitvertrag mit einer Anhebung des Tarifs um 80% verlängern wollen. „Die Kroaten missbrauchen den Ukraine-Krieg und ihre Monopolstellung, indem sie Ungarn, die Slowakei und teilweise Tschechien zu erpressen versuchen“, formulierte Szijjártó harte Worte. Er forderte von der EU-Kommission Lösungsansätze, die auf alternativen Lieferrouten europäische Durchschnittspreise als Richtschnur vorgeben müssten.

Begeht Europa kollektiven „Selbstmord“?

Auf Fragen von Journalisten zum Korruptionsskandal des EU-Parlaments mit Katar warnte Szijjártó, die EU sollte sich nicht wundern, wenn Katar in Zukunft die Zusammenarbeit in Energiebelangen aussetzt oder zumindest ausbremst. Dies sei ein weiterer Schritt zum europäischen „Selbstmord“ bei der Energieabhängigkeit.

Außenminister Péter Szijjártó stimmte sich wegen der Engpässe bei den Öltrassen-Lieferungen mit MOL-Chef Zsolt Hernádi (r.) ab.

5 Antworten auf “„Das ist wie eine Einladung“  

  1. Was soll denn nun plötzlich das Schreien nach der EU, wo die Orban-Regierung doch immer auf Souveränität besteht.
    Wer mit Russland allein und ohne die EU Verträge aushandeln kann, wird dies doch wohl auch mit Kroatien schaffen.

    Witzig ist zudem der Widerspruch, in den Szijjártó verstrickt:
    “Denn zum einen wird das Angebot künstlich verknappt, zum anderen wurde ein Preisdeckel bestimmt, der über dem heutigen Marktpreis liegt.”
    Ein hoher Preis verknappt nicht das Angebot, sondern erhöht es.
    Mit den Marktgesetzen hat man es bei Fidesz nicht so sehr. 😉

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    1. Ach ja.
      Die Orban-Regierung diktiert Preise und wird im kommenden Jahr nun auch für Versorgungsengpässen bei Kartoffeln verantwortlich sein.
      Wem werden die Fidesz-Staatenlenker dann wohl wieder die Schuld und Verantwortung zuweisen?
      Wetten werden angenommen:
      A. Dem Klima.
      B. Der EU.
      C. Soros.
      D. Den Linksliberalen auf der Welt.
      😀

      Das sind die besten Staatenlenker: Per Dekret regieren und sich mächtig fühlen, aber keine Verantwortung übernehmen. 😉

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