Ungarn-Schweiz
Bundespräsidentin in Budapest
Ihre Debatte konzentrierte sich auf aktuelle Themen wie die Sicherheitslage in Europa und den russisch-ukrainischen Konflikt. Beide Präsidenten betonten, wie wichtig es sei, den Konflikt zu beenden, und begrüßten die bevorstehende Schweizer Friedenskonferenz im Juni als Chance für einen echten Waffenstillstand. Ungarn begrüße einen gerechten und nachhaltigen Frieden. Weitere Themen waren die Aktivitäten des UNO-Sicherheitsrats, wo die Schweiz ein zweijähriges Mandat als nichtständiges Mitglied wahrnimmt, der OSZE und des Europäischen Rates sowie die Lage im Nahen Osten.
Besorgnis wegen Übernahmeabsichten
Ein zentraler Aspekt der Gespräche war die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Ungarn. Amherd hob die Bedeutung verlässlicher Rahmenbedingungen hervor. Mit 900 Unternehmen, die rund 29.000 Arbeitsplätze schaffen, sei die Schweiz einer der größten Investoren in Ungarn. Besorgnis wurde über Pläne der Orbán-Regierung geäußert, ausländische Eigentümer in bestimmten Sektoren zum Verkauf ihrer ungarischen Tochtergesellschaften zu zwingen. Dies würde auch Schweizer Unternehmen betreffen. Sie habe dieses Thema auch mit Ministerpräsident Viktor Orbán besprochen.
Die Schweiz ist der viertgrößte Handelspartner und drittgrößte Investor in der EU. Rund 1,5 Mio. Menschen aus EU und EFTA leben und arbeiten in der Schweiz, und täglich pendeln etwa 400.000 Arbeitnehmer über die Grenze. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU hätten erst kürzlich eine neue Phase erreicht, mit Verhandlungen über Themen wie den Zugang zum EU-Binnenmarkt, Verbraucherschutz und gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung von Gesundheitsrisiken, sagte Amherd.
Migrationsdruck und humanitäre Hilfe
Auf den Migrationsdruck angesprochen sagte sie, dieser betreffe auch die Schweiz, die einen sehr hohen Anteil an Ausländern habe. Es werde viel in die Integration investiert, damit sich keine Ghettos bilden. Sie sorge sich auch um die geopolitische Lage. Man tue viel, um in Krisengebieten Frieden zu schaffen, zu erhalten und humanitäre Hilfe zu leisten, damit die Menschen eine Perspektive in ihrem eigenen Land haben und dieses nicht verlassen müssen.
Eigene Identität wahren
Staatspräsident Tamás Sulyok betonte die Bedeutung der nationalen Souveränität für Ungarn und die Schweiz. Beide Länder sähen sich als wichtige politische und wirtschaftliche Partner und Verbündete in europäischen Fragen. Ungarn sei einst aus freien Stücken der europäischen Gemeinschaft beigetreten. Die Frage sei, welche Art von Europa man als unabhängiger und autonomer Staat wolle. Dies hänge nicht nur von Ungarn ab, sondern auch von den anderen europäischen Staaten. Ungarn wird immer seine eigene Identität verteidigen.
Sulyok würdigte die Schweizer Unterstützung für die deutschsprachige Andrássy-Universität Budapest (AUB). Sowohl Ungarn als auch die Schweiz würden der Forschung, Entwicklung, Innovation sowie der technischen Aus- und Weiterbildung Priorität einräumen. Die in der Schweiz ansässige Europäische Organisation für Kernforschung (CERN) hat ihr Datenzentrum im Wigner-Zentrum für physikalische Forschung der Ungarischen Akademie der Wissenschaften eingerichtet.
Bei Orbán auf der Burg
Es handelte sich um den ersten Ungarn-Besuch eines Schweizer Bundespräsidenten seit 13 Jahren. Viola Amherd führte dabei auch Gespräche mit Ministerpräsident Viktor Orbán im Karmeliterkloster auf der Burg und mit Parlamentspräsident László Kövér. Gegenüber Orbán versicherte Amherd, die Schweiz freue sich auf die ungarische Ratspräsidentschaft im II. Halbjahr, mit der man eine enge Zusammenarbeit suche. Der Ministerpräsident würdigte die Schweizer Friedensinitiative im Ukraine-Krieg, betonte aber, Verhandlungen müsse ein Waffenstillstand vorausgehen.
