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Botschafterin Julia Gross bei ihrer Ansprache im Pester Vigadó. Bereits während der Rede verließen etliche Gäste, darunter drei ungarische Staatssekretäre, aus Protest den Saal. Foto: Privat

UPDATE – Diplomatischer Eklat:  

Außenminister bestellt deutsche Botschafterin ein

Außenminister Péter Szijjártó hat die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland einbestellt. Julia Gross soll tags zuvor bei ihrer Rede zum Tag der Deutschen Einheit scharfe Kritiken an der Orbán-Regierung formuliert haben.

„Die deutsche Botschafterin in Budapest hat sich in ihrer gestrigen Rede auf eine die Souveränität Ungarns verletzende Weise, in schwerwiegender Form in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt“, schrieb Szijjártó am Donnerstag in den Sozialmedien. So habe Gross von einem „Theater“ gesprochen, das Ungarn inszenierte, als man den NATO-Beitritt Schwedens über mehr als ein Jahr hinweg verzögerte. Ausführlich kritisierte die Botschafterin die „russenfreundliche“ Politik der Orbán-Regierung. Als Zeichen für die zunehmende Entfremdung betrachtete sie das Fernbleiben von der Einheitsfeier – früher hatte die ungarische Regierung regelmäßig einen hohen Repräsentanten entsandt.

Szijjártó: „Wir erwarten Respekt“

Szijjártó ging in seinem Beitrag in den Sozialmedien auf diese Kritikpunkte nicht ein, sondern stellte grundsätzlich fest: „Von den in Ungarn tätigen Botschaftern erwarten wir in jedem Fall Respekt, die Rede der Frau Botschafterin können wir deshalb ganz und gar nicht akzeptieren.“ Der Außenminister bestellte Gross noch für den Nachmittag ein.

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Außenminister Péter Szijjártó: „Von den in Ungarn tätigen Botschaftern erwarten wir in jedem Fall Respekt.“ Foto: Mandiner / Árpád Földvári

Bereits vor Tagen hatte sich der Konflikt angekündigt, als Julia Gross gemeinsam mit Frankreichs Botschafter Jonathan Lacote eine sog. Demarche an das Außenministerium übergab. Der Grund dafür waren nach Darstellung der Botschafterin „die jüngsten überraschenden Äußerungen, welche die Solidarität zwischen den Alliierten in Frage stellen“. Die beiden Botschafter „ergriffen die Gelegenheit“, um Imre Nagy und der Märtyrer zu gedenken, „die 1956 für die Unabhängigkeit von Ungarn gekämpft haben und gestorben sind“. Gross meinte vermutlich mit „überraschenden Äußerungen“ den Mandiner-Podcast von Balázs Orbán, der einen ungeschickten Vergleich zwischen dem Ukraine-Krieg und 1956 zog.

Freilich hatte sich der politische Direktor des Ministerpräsidenten zu dem Zeitpunkt, als die Botschafter ihre Aktion veranstalteten, längst für das Missverständnis entschuldigt und Viktor Orbán diesen Vergleich einen politischen Fehler genannt. Weil man bei der NATO zum Glück besser als bei der Deutschen Botschaft informiert ist, kam niemandem dort in den Sinn, die Ungarn hätten „die Solidarität zwischen den Alliierten in Frage gestellt“.

27 Antworten auf “Außenminister bestellt deutsche Botschafterin ein

  1. Hervorragend, dass Außenminister Péter Szijjártó diesen Affront von einem Anhängsel des linksradikalen Regimes in Deutschland zurückgewiesen hat. Natürlich geht es auch bei dieser Attacke nur darum, die ungarische Bevölkerung gegen die Regierung Orbán aufzuwiegeln. Man darf solche Angriffe nicht unterschätzen, denn ‘steter Tropfen höhlt den Stein’!

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  2. Kritik an Ungarn bzw. der regierenden Partei und ihren Protagonisten ist offenbar in Ungarn unerwünscht.

    “Pressemann” auch gleich mit einbestellen? Gibt es keine Pressefreiheit mehr in Ungarn? Die wird doch sonst immer so vehement hier verlangt und Deutschland abgesprochen.

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    1. Kritik an Ungarn und der ungarischen Regierung kommt täglich zur Genüge von den linken Wadenbeissern im In- und Ausland. Mehr als an jedem anderen Land.

      Das bedeutet nicht, dass rüpelhafte Botschafter/innen die Ungarn nach Belieben beleidigen dürfen. Dann brauchen die sich nicht wundern, dass sie von der Regierung ignoriert werden.

      Den Pressman unterscheidet da nichts von der Gross. Nur dass der Pressman nach dem 5.11. schon mal die Koffer packen dürfte, ohne in 3 Jahren auch nur 1 x ein Regierungsmitglied sprechen konnte. Krasse diplomatische Fehlbesetzungen!

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    2. Liebe Frau Werrmann, Ihr Kommentar entbehrt leider einiger wesentlicher Grundkenntnisse.
      1. Kritik an der “regierenden Partei und ihren Protagonisten”, also kurz an der Regierung ist in sogar unter den Wählern derselben in Ungarn weit verbreitet und wird im Gegensatz zur deutschen Praxis von staatlicher Seite weder beobachtet noch verfolgt.
      2. Es gibt, auch wieder im Gegensatz zu Deutschland, Pressefreiheit in Ungarn. Tatsächlich ist etwa die Hälfte der Medien/Presse regierungsfreundlich, die andere Hälfte aber ist regierungskritisch bis- feindlich, letztere in ihrer Feindlichkeit etwa vergleichbar mit dem Compact-Magazin. Keines dieser Organe wurde verboten, und schon gar nicht unter Zuhilfenahme des dafür völlig ungeeigneten Vereinsrechts.
      3. David Pressman ist der US-amerikanische Botschafter in Ungarn, Kritik an ihm hat mit Pressefreiheit nicht das Geringste zu tun.

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      1. In D werden nur rechte Medien beobachtet. Dazu gehört auch die “Compact”.
        Verboten wurde sie dann leider doch nicht. Demokratie eben.
        Da muß man leider auch so etwas erdulden.

        Soweit ich weiß ist Ungarn da nicht so zögerlich.
        Ich erinnere nur an das 2017 erfolgte Verbot der Nepszabadsag.

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        1. Lüge. Nepszabadsag gehörte einem Investor aus Österreich. Die Zeitung hat in vielen Jahren rote Zahlen geschrieben.
          Der Investor wollte für 1 HUF verkaufen.
          Keine Partei MSzP oder DK oder Gyurcsany und so weiter haben die Zeitung gekauft. Niemand hat Nepszabadsag verboten. Pleite in Marktwirtschaft. Keine Zeitung
          wurde in Ungarn verboten. Sehen Sie, so werden die Lügen verbreitet!

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        2. P.S. Sehr geehrte Frau Werrmann, entweder die Unwahrheit verbreiten ist Boshaftigkeit von Ihnen oder Ihre Informanten belügen Sie!. Ihre andere behauptungen haben genau so wenig Wahrheitsgehalt, wie das Verbieten von Nepszabadsag. Die Zeitung wurde übrigens nachdem die Sowjetische Truppen 1956 November das Revolution niedergeschlagen haben neu gegründet. rein kommunistische Zeitung. Unter den Kommunisten fast 700.000 erschienen. Nach 1989 ging das Leserschaft rapide runter, bis kaum über 100.000. Interessant: dass eine kommunistische Zeitung von DEUTSCHEN gekauft wurde!!!! Dann von einem Österreicher. Nachdem die Verluste über 5.000.000.000 HUF waren, hat der Investor der umbenannten kommunistischen Partei MSZP angeboten. So kam zu Pleite und Schließung.
          Also: nicht die Unwahrheit verbreiten. Hassrede ist in DEUTSCHLAND verboten!

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          1. Es ist bekannt das die Zeitung einen österreichischen Besitzer hatte.
            Tja, ich habe gelesen das sie verboten wurde. Ich werde den entsprechenden Artikel suchen und den Link einstellen. Offensichtlich ist das Verbot nicht so schlimm oder bedenklich wenn es eine linksgerichtete Zeitung ist.

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            1. Hier wäre ein interessanter Link:
              https://www.sueddeutsche.de/medien/pressefreiheit-ungarns-letzte-kritische-zeitung-ist-geschichte-1.3197026
              und noch dies:
              https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/letzte-oppositionelle-tageszeitung-kurz-nach-orban-wahl-eingestellt-4965202.html

              und wem das noch nicht genügt, kann im Netz noch viele andere Artikel dazu finden.

              Es war ein geschickter Schachzug, aber sehr traurig.

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              1. Tja, da sind Sie wieder den sog. “Qualitätsmedien” aufgesessen, schon deren Titel sind Lügen und Hetze. Von wegen “letzte kritische” oder “letzte oppositionelle”.
                Sie können Fr. Westermann oder gerne auch uns abnehmen, dass wir mehr Ahnung von Ungarn haben als die selbsternannten “Experten” dieser deutschen Medien, die ihre Orbán-Phobie blind macht.
                Neuerdings wird bei denen Daniel Freund als “Ungarn-Experte” verkauft. Lächerlich!

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              2. Die ungarische Regierung hat mit beiden Fällen, 2016 und 2018 nichts zu tun. Beide sind schlichtweg pleite gegangen. Niemand hat sie verboten.

                Für linke Orban-Hasser gibt es noch genügend Blätter wie z.B die Wochenzeitung HVG.

                Die ung
                Medienlandschaft ist entgegen deutscher Propaganda politisch ausgewogen.

                Der meistgesehene Fernsehsender ist das ung. RTV das zum linken Bertelsmann-Konzern gehört.

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  3. Kann es sein, dass man im deutschen Außenministerium die Botschafter*Innen danach auswählt das sie mind. den Intelligenz Quotienten der besten Außenministerin unterbieten, was wohl sehr schwierig ist……..
    Ich frage für einen Freund…..

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  4. Das Budapester Vigadó ist viel zu schön für eine solche deutsche Veranstaltung, die den gesamtdeutschen Niedergang zelebriert. Da sitzen dann viele Frittenteutonen, die alle nix von Ungarn verstehen, geschweige den Ungarisch können.

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    1. Ungarns Regierung war nicht da. Sie hatten in Gest ein Regierungs Treffen bach der 1. HERBSTSITZUNG im Parlament plus Sicherheits Rat Sitzung wegen Nahe Ost Krieg
      Beide Sitzungen waren wichtig, nicht aber in der Tussi Emfang teilzunehmen
      Abgesehen von unangemessene Rede, um mich diplomatisch auszudrucken, es ist ein Armutsszeugnis, dass Deutschland so seinen größten Feiertag ” feiert”.

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24. April 2025 13:10 Uhr